Archer Jeffrey
Bernard nahm den amerikanischen Botschafter ins Gebet, weil er ihm erlaubt hatte, den Chikago-Baron vor ihm zum Dinner einzuladen.
»Die Briten waren schon immer ein überheblicher Stamm«, sagte der amerikanische Botschafter und zündete sich eine große kubanische Zigarre an.
»Eines muß ich den Amerikanern vorwerfen«, erwiderte Sir Bernard. »Sie wissen nicht, wann sie sich geschlagen geben müssen.« Abel hörte den Scherzen der beiden Diplomaten zu und fragte sich, warum man ihn zu dieser privaten Unterhaltung aufgefordert hatte. Sir Bernard bot Abel einen alten Port an, und der amerikanische Botschafter erhob sein Glas.
»Auf Abel Rosnovski«, sagte er.
Auch Sir Bernard erhob sein Glas. »Soviel ich höre, sind
Glückwünsche angezeigt.«
Abel errötete und schaute Fletcher Warren an, in der Hoffnung, daß
dieser ihm helfen würde.
»Ach, habe ich ein Geheimnis verraten, Fletcher?«
Sir Bernard wandte sich an den amerikanischen Botschafter. »Sie
sagten doch, man wisse bereits von der bevorstehenden Ernennung?« »Ja, ja, das stimmt«, bemerkte Fletcher Warren. »Es wäre ja nicht
zum erstenmal, daß die Engländer ein Geheimnis nicht für sich
behalten konnten.«
»Brauchten die Amerikaner deshalb so lang, bis sie draufkamen,
daß wir mit Deutschland Krieg führten?« erkundigte sich Sir Bernard. »Um dann einzugreifen und für einen Sieg zu sorgen?«
»Um den Ruhm einzuheimsen«, sagte Sir Bernard.
Der amerikanische Botschafter lachte. »Mir wurde gesagt, daß man
in den nächsten Tagen die offizielle Bekanntgabe erwarten dürfe.« Beide Männer schauten Abel an; Abel schwieg.
»Nun, dann möchte ich jedenfalls der erste sein, der Ihnen gratuliert,
Exzellenz«, sagte Sir Bernard. »Ich wünsche Ihnen sehr viel Glück zu
Ihrer Ernennung.«
Abel wurde dunkelrot, als er die Anrede hörte, die er in den letzten
Monaten so oft seinem Rasierspiegel zugeflüstert hatte. »Sie werden sich daran gewöhnen müssen, Exzellenz genannt zu werden«, fuhr der britische Botschafter fort, »und noch an vieles andere auch, zum Beispiel an diese verdammten offiziellen Anlässe, denen man fortwährend beiwohnen muß. Ihre heutigen Gewichtsprobleme sind nichts im Vergleich zu jenen, die Sie nach Ablauf Ihrer Amtsperiode haben werden. Vielleicht werden Sie dem Kalten Krieg noch dankbar sein; wenigstens hält er Ihre gesellschaftlichen Verpflichtungen in
Grenzen.«
Der amerikanische Botschafter lächelte. »Darf ich meine besten
Wünsche für Ihren weiteren Erfolg hinzufügen, lieber Abel. Wann
waren Sie zum letztenmal in Polen?« erkundigte er sich.
»Ich war nur einmal vor ein paar Jahren für einen kurzen Besuch in
meiner Heimat. Seitdem wünsche ich mir immer, wieder
zurückzukehren.«
»Nun, jetzt werden Sie im Triumph zurückkehren«, sagte Fletcher
Warren. »Kennen Sie unsere Botschaft in Warschau?«
»Nein.«
»Kein schlechtes Gebäude«, sagte Sir Bernard, »wenn man bedenkt,
daß Ihr Leute aus dem Wilden Westen erst nach dem Zweiten
Weltkrieg in Europa Fuß gefaßt habt. Aber das Essen ist
unbeschreiblich schlecht. Ich erwarte, daß Sie etwas dagegen tun, Mr.
Rosnovski. Leider fürchte ich, daß Ihnen nichts anderes übrigbleiben
wird, als in Warschau ein Baron zu bauen. Als Botschafter wird das
das mindeste sein, was man von einem alten Polen erwartet.« Abel war euphorisch; er lachte und genoß Sir Bernards kleine
Scherze, er trank ein wenig mehr Port als gewöhnlich und war mit
sich und der Welt zufrieden. Er konnte es kaum erwarten, nach
Amerika zurückzukehren und Florentyna die Neuigkeit - jetzt, da sie
offiziell zu sein schien - mitzuteilen. Sie würde stolz auf ihn sein. In
diesem Augenblick beschloß er, daß er von New York direkt nach San
Franzisko weiterfliegen und sich mit ihr versöhnen würde. Er
wünschte sich das schon seit langem, und jetzt hatte er einen
Vorwand. Irgendwie würde er sich schon überwinden, den jungen
Kane zu mögen. Und er mußte aufhören, von ihm als dem »jungen
Kane« zu sprechen. Wie hieß er doch - Richard? Ja, Richard. Abel
fühlte sich jetzt, da er diesen Entschluß gefaßt hatte, unendlich
erleichtert.
Die drei Männer kehrten in das Empfangszimmer und zu den
Damen zurück. Abel berührte den britischen Botschafter an der
Schulter. »Ich sollte nach Hause fahren, Exzellenz.«
»Zurück ins Baron«, sagte Sir Bernard. »Erlauben Sie mir, Sie zum
Auto zu begleiten, lieber Freund.«
Die Frau des Botschafters verabschiedete sich von ihm an der Tür. »Gute Nacht,
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