Archer Jeffrey
Lady Burrows, ich danke für einen denkwürdigen
Abend.«
Sie lächelte. »Ich weiß, daß ich nichts wissen sollte, Mr. Rosnovski,
aber meinen Glückwunsch zu Ihrer Ernennung. Sie müssen stolz sein,
als höchster Vertreter Ihres Landes in Ihre Heimat zurückzukehren.« »Das bin ich«, sagte Abel schlicht.
Sir Bernard begleitete ihn die Marmortreppe hinunter zu dem
wartenden Wagen, Der Chauffeur öffnete den Wagenschlag. »Gute Nacht, Rosnovski«, sagte Sir Bernard, »und viel Glück in
Warschau. Übrigens hoffe ich, daß Sie Ihre erste Mahlzeit in der
britischen Botschaft genossen haben.«
»Es war eigentlich meine zweite, Sir Bernard.«
»Sie waren schon hier, alter Knabe? Als wir das Gästebuch
durchsahen, konnten wir Ihren Namen nicht finden.«
»Nein«, sagte Abel, »das letztemal aß ich mein Abendbrot in der
Küche der britischen Botschaft. Ich glaube nicht, daß dort ein
Gästebuch aufliegt, aber die Mahlzeit damals war jedenfalls die beste,
die ich seit Jahren gehabt hatte.«
Abel lächelte, als er sich in den Wagenfond setzte. Sir Bernard
wußte offensichtlich nicht genau, ob er ihm glauben sollte oder nicht.
Während der Fahrt zum Baron klopfte Abel mit den Fingern gegen
das Seitenfenster und summte vor sich hin. Er wäre gern am nächsten
Morgen nach Amerika zurückgeflogen, konnte jedoch die Einladung
des amerikanischen Botschafters am folgenden Abend nicht absagen.
So etwas tut ein künftiger Botschafter nicht, hörte er Sir Bernard
sagen.
Auch das Dinner beim amerikanischen Botschafter erwies sich als
angenehmer Abend. Abel mußte allen anwesenden Gästen erzählen,
wie er dazu gekommen war, in der Küche der britischen Botschaft zu
essen. Als er es ihnen berichtete, schaute man ihn mit erstaunter
Bewunderung an. Er war nicht sicher, ob man der Geschichte, wie
man ihm beinahe die Hand abgehackt hätte, Glauben schenkte, aber
alle bewunderten den Silberreif, und an diesem Abend nannte ihn
jeder »Exzellenz«.
Am nächsten Morgen stand Abel früh auf; er freute sich auf den Rückflug. Seine DC 8 wurde sechzehn Stunden in Belgrad festgehalten; etwas mit dem Fahrgestell war nicht in Ordnung, erklärte man ihm. Er saß im Warteraum des Flughafens und trank ungenießbaren jugoslawischen Kaffee. Der Gegensatz zwischen der britischen Botschaft und der Snackbar in einem kommunistischen Land war bemerkenswert. Endlich war die DC 8 startbereit, nur um in Amsterdam nochmals aufgehalten zu werden. Diesmal mußte er das
Flugzeug wechseln.
Als er endlich in Idlewild ankam, war Abel fast sechsunddreißig
Stunden unterwegs gewesen. Er war so müde, daß er kaum gehen
konnte. Als er den Zollraum verließ, wurde er plötzlich von
Journalisten und Reportern mit gezückten Kameras umringt. Sofort
lächelte er. Die Ernennung scheint nun offiziell zu sein, dachte er. Er
hielt sich, so gerade er nur konnte, und ging langsam und würdevoll,
um das Hinken zu verbergen. Die Kameraleute stießen einander rüde
beiseite, um gute Bilder zu bekommen; von George keine Spur. Dann
sah Abel ihn totenblaß in einer Ecke stehen. Abels Herz begann zu
pochen, als er durch die Sperre ging und ein Journalist, weit davon
entfernt, ihn zu fragen, wie er sich als erster polnisch-amerikanischer
Botschafter in Warschau fühlte, laut ausrief: »Haben Sie etwas auf die
Anklagen zu erwidern?«
Die Kameras klickten weiter, und nun prasselten Fragen auf ihn ein. »Sind die Anschuldigungen wahr, Mr. Rosnovski?«
»Wieviel haben Sie dem Kongreßabgeordneten Osborne tatsächlich
gezahlt?«
»Leugnen Sie die Anschuldigungen?«
»Sind Sie nach Amerika zurückgekehrt, um sich dem Gericht zu
stellen?«
Die Reporter schrieben Abels Antworten nieder, obwohl er nicht
einmal den Mund öffnete.
»Laßt mich hier heraus«, schrie Abel.
George drängte sich vor, und es gelang ihm, Abel zu erreichen und
ihm einen Weg zu dem wartenden Cadillac zu bahnen. Abel verbarg
das Gesicht in den Händen, während die Blitzlichter aufflammten und
George den Chauffeur anwies, loszufahren.
»Zum Baron, Sir?« fragte er.
»Nein, zu Miss Rosnovskis Wohnung in der 75. Straße.« »Warum?« fragte Abel.
»Weil die Presseleute im Baron warten.«
»Ich verstehe nichts mehr«, sagte Abel. »In Istanbul behandelt man
mich, als wäre ich bereits Botschafter, und bei meiner Ankunft in New
York bin ich ein Verbrecher. Was, zum Teufel, ist hier los, George?« »Willst du es von mir hören, oder willst du mit deinem Anwalt
sprechen?«
»Wer vertritt mich?« fragte Abel.
»H. Trafford Jilks,
Weitere Kostenlose Bücher