Archer Jeffrey
gekommen.
Entschlossen, die fünf Dollar zu gewinnen, schickte er Abby am Morgen ein Dutzend Rosen, führte sie zu einem teuren Dinner bei Joseph’s aus und überredete sie schließlich, mit ihm nach Hause zu kommen.
»Wie hast du während der Prohibition eine Flasche Whisky aufgetrieben?« fragte Abby.
»Ach, das war gar nicht so schwer«, prahlte William.
In Wahrheit hatte er kurz nach dem Verschwinden von Henry Osborne eine von dessen Bourbon-Flaschen im Schlafzimmer versteckt und war jetzt froh, sie nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, weggeschüttet zu haben.
William schenkte Drinks ein, die ihn nach Atem ringen ließen und Abby Tränen in die Augen trieben. Er setzte sich zu ihr und legte selbstsicher den Arm um ihre Schultern. Sie schmiegte sich an ihn.
»Abby, ich finde dich unglaublich hübsch«, murmelte er einleitend in ihre braunen Locken.
Mit ihren großen braunen Augen schaute sie ihn ernst an. »Oh, William«, hauchte sie, »und ich finde dich einfach
wundervoll.«
Ihr Puppengesicht war unwiderstehlich. Sie erlaubte ihm einen Kuß.
Ermutigt schob William seine Hand von ihrem Handgelenk zu ihrer
Brust und ließ sie dort liegen, wie ein Verkehrspolizist, der einen
Strom von Autos aufhält. Sie war empört und schob seinen Arm weg;
die Autos konnten weiterfahren.
»William, das darfst du nicht tun.«
»Warum nicht?« fragte William und versuchte vergeblich, sie
festzuhalten.
»Weil man nicht weiß, wo das endet.«
»Ich kann es mir ungefähr vorstellen.«
Bevor er seine Versuche fortsetzen konnte, schob ihn Abby weg,
stand rasch auf und strich ihr Kleid glatt.
»Ich glaube, ich muß jetzt nach Hause gehen, William.« »Aber du bist doch eben erst gekommen.«
»Mama wird wissen wollen, was wir getan haben.«
»Das wirst du ihr sagen können - nichts.«
»Und ich glaube, es ist am besten, daß es auch so bleibt«, fügte sie
hinzu.
»Ich fahre morgen zurück.«
Er vermied zu sagen: »In die Schule.«
»Du kannst mir ja schreiben, William.«
Anders als Rodolfo Valentino wußte William, wann er geschlagen
war. Er stand auf, rückte die Krawatte zurecht, nahm Abby an der
Hand und führte sie nach Hause.
Am nächsten Tag in der Schule nahm Matthew die ihm gebotene
Fünf-Dollar-Note mit hochgezogenen Brauen und gespieltem
Erstaunen entgegen.
»Sag ein einziges Wort, Matthew, und ich jage dich mit einem
Baseballschläger rund um St. Paul.«
»Mir fallen nicht die richtigen Worte ein, um dir mein tiefes
Bedauern auszusprechen.«
»Matthew, jetzt wirst du um St. Paul gejagt.«
Auf die Frau seines Housemasters wurde William während seiner zwei letzten Semester in St. Paul aufmerksam; sie sah gut aus, vielleicht ein wenig üppig um die Hüften, aber sie hatte einen herrlichen Busen und dichtes schwarzes Haar, ohne eine graue Strähne, das sie hoch aufgekämmt trug, eine Frisur, die ihr ausgezeichnet stand. Eines Samstags, als sich William auf dem Hockeyplatz das Handgelenk verstaucht hatte, machte sie ihm eine kalte Kompresse, stand vielleicht ein wenig näher als nötig und erlaubte Williams Arm, ihre Brust zu berühren. Es gefiel ihm. Bei einer anderen Gelegenheit - er mußte wegen eines Fieberanfalls ein paar Tage im Krankenzimmer bleiben - brachte sie ihm persönlich alle Mahlzeiten und saß an seinem Bett; durch die dünne Decke spürte er
ihren Körper, während er aß. Auch das gefiel ihm.
Man erzählte sich, sie sei Grumpy Raglans zweite Frau. Niemand
im Haus konnte sich vorstellen, wie es Grumpy gelungen war, auch
nur eine Frau zu erobern. Und hin und wieder deutete Mrs. Raglan
durch schwache Seufzer und kleine Gesprächspausen an, daß auch sie
selbst es sich kaum vorstellen konnte.
Zu Williams Pflichten als Hausaufseher gehörte es, sich jeden
Abend um halb elf vor dem Schlafengehen, wenn er die Runde des
Lichterlöschens beendet hatte, bei Grumpy Raglan zu melden. Als er
Montag abends an Grumpys Tür klopfte, erstaunte es ihn, Mrs.
Grumpys Stimme zu hören, die ihn einzutreten bat. Sie lag in einem
losen Seidengewand, das ein wenig japanisch aussah, auf einer
Chaiselongue.
William hielt sich an dem kalten Türknopf fest. »Alle Lichter sind
gelöscht, und ich habe die Eingangstür geschlossen, Mrs. Raglan.
Gute Nacht.«
Mit einem Schwung, der unter den Seidenfalten einen blassen
Schenkel sehen ließ, stellte sie die Füße auf den Boden.
»Du bist immer so in Eile, William. Du kannst es nicht erwarten,
dein Leben zu beginnen, nicht wahr?«
Sie ging zu einem kleinen Tischchen.
»Warum
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