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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kain und Abel
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sie die New Yorker Freundin des Kerls in der karierten Jacke. Abel setzte ein »Es-tut-mir-so-leid-Lächeln« auf und wettete bei sich einen Silberdollar, daß der Mann, um die reizende Blondine zu beeindrucken, ein großes Getue wegen der Schwingtür machen und einen anderen Tisch verlangen würde. Niemand saß gern in der Nähe der Küchengerüche, dem andauernden Kommen und Gehen der Kellner ausgesetzt; aber wenn das Hotel bereits voll mit Hotelgästen und vielen New Yorkern war, die das Restaurant als ihren täglichen Mittagstisch ansahen und jeden fremden Gast als Eindringling betrachteten, dann mußte dieser Tisch eben benutzt werden. Warum überließ ihm Sammy immer die mühsamen Gäste? Vorsichtig näherte sich Abel dem Mann im karierten Sakko.
»Sie wollen mich sprechen, Sir?«
»Jawohl«, sagte der Mann mit dem Akzent der Südstaaten. »Mein Name ist Davis Leroy, und das ist meine Tochter Melanie.«
Abels Augen wandten sich einen Moment von Mr. Leroy und trafen auf ein Augenpaar von einem noch nie gesehenen Grün.
»Ich beobachte Sie seit fünf Tagen, Abel«, sagte Mr. Leroy in seinem gedehnten südlichen Tonfall.
Hätte man ihn gefragt, so hätte Abel zugeben müssen, daß er Mr. Leroy erst seit fünf Minuten bemerkt hatte.
»Ich war von dem, was ich gesehen habe, beeindruckt, Abel. Sie haben Klasse, echte Klasse, und das suche ich immer. Ellsworth Statler war ein Narr, Sie nicht sofort zu schnappen.«
Abel begann Mr. Leroy gründlicher zu studieren. Die roten Backen und das Doppelkinn sprachen dafür, daß er die Prohibition ignorierte. Daß er gutes Essen zu schätzen wußte, darauf deuteten die leeren Teller und der kugelrunde Bauch hin. Aber weder der Name noch das Gesicht sagten Abel etwas. Bei einem normalen Mittagessen wußte Abel, wer die Gäste an den siebenunddreißig der neununddreißig Tische im Edwardian Room waren und wohin sie gehörten; an diesem Tag war Mr. Leroys Tisch einer der zwei unbekannten gewesen.
Der Mann aus dem Süden sprach immer noch. »Ich gehöre nicht zu jenen Multimillionären, die, wenn sie im Plaza wohnen, einen eurer Ecktische haben müssen.«
Abel war beeindruckt. Von einem Durchschnittsgast erwartete man nicht, daß er die relativen Vorteile der verschiedenen Tische kannte.
»Aber ich kann mich nicht beklagen. Mein bestes Hotel kann durchaus eines Tages so großartig werden wie dieses hier, Abel.«
»Sicherlich, Sir«, sagte Abel, um Zeit zu gewinnen.
Leroy, Leroy, Leroy. Der Name sagte ihm nichts.
»Lassen Sie mich zur Sache kommen, Freund. Das erste Hotel meiner Gruppe braucht einen neuen Direktor-Stellvertreter, der die Restaurants beaufsichtigt. Kommen Sie nach Ihrem Dienst auf mein Zimmer, wenn Sie daran interessiert sind.«
Er übergab Abel eine große, geprägte Visitenkarte.
»Danke, Sir«, sagte Abel und schaute darauf: Davis Leroy. Die Richmond-Hotelgruppe, Dallas. Darunter stand das Motto: »Eines Tages ein Hotel in jedem Bundesstaat.«
Noch immer wußte Abel mit dem Namen nichts anzufangen.
»Ich freue mich darauf, mich mit Ihnen zu unterhalten«, sagte der freundliche, karierte Texaner.
»Danke, Sir«, erwiderte Abel. Er lächelte Melanie an, deren Augen so grün waren wie zuvor, und kehrte zu Sammy zurück, der immer noch mit gesenktem Kopf seine Trinkgelder zählte.
»Hast du jemals von einer Richmond-Hotelgruppe gehört, Sammy?«
»Natürlich, mein Bruder hat einmal als Hilfskellner dort gearbeitet. Es müssen insgesamt acht oder neun Hotels sein, die über den ganzen Süden verstreut sind. Werden von einem verrückten Texaner geführt, aber ich habe seinen Namen vergessen. Warum fragst du?«
Sammy schaute mißtrauisch auf.
»Kein bestimmter Grund«, sagte Abel.
»Du hast für alles einen Grund. Was wollte Tisch 17?« fragte Sammy.
»Beklagte sich über den Lärm aus der Küche. Kann man ihm auch nicht verübeln.«
»Was erwartet er, soll ich ihn auf die Veranda setzen? Wofür hält sich der Knabe, für John D. Rockefeller?«
Abel überließ Sammy seinem Gebrumme und seinen Trinkgeldern; er selbst räumte so rasch wie möglich seine Tische ab. Dann ging er in sein Zimmer und versuchte etwas über die Richmond-Gruppe zu erfahren; ein paar Anrufe, und seine Neugierde war befriedigt. Die Gruppe war eine Privatgesellschaft mit insgesamt elf Hotels; das eindrucksvollste war das Richmond Continental, ein Luxushotel in Chikago mit dreihundertzweiundvierzig Doppelzimmern. Abel fand, daß ein Besuch bei Mr. Leroy und Melanie nicht schaden könne. Mr. Leroy

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