Archer Jeffrey
zog einen sportlicheren Anzug an als jenen, den er bei der Unterredung mit dem Direktor angehabt hatte. Auf zu den angenehmen Seiten des Lebens!
Als er unten ankam, war der Wagen bereits startbereit, so daß Mark, wie Simon es ausdrückte, sich rasch aus dem Staub machen konnte. Er fuhr nach Georgetown, bog an der Dreißigsten Straße rechts ab und parkte vor Elizabeth Dexters Haus. Es war ein kleines, elegantes Stadthaus aus Backstein. Entweder verdiente sie gut, oder ihr Vater hatte es ihr gekauft. Ihr Vater; er mußte immer wieder daran denken.
Sie stand auf der Schwelle und war schöner noch als in seinen Tagträumen. Ihr Anblick tat ihm wohl. Sie trug ein langes rotes Kleid mit einem Stehkragen, das ihr dunkles Haar und ihre Augen gut zur Geltung brachte.
»Kommen Sie herein, oder wollen Sie hier stehenbleiben wie ein Botenjunge?«
»Ich werde hier stehenbleiben und Sie bewundern«, sagte er. »Wissen Sie, Elizabeth, schöne kluge Frauen haben mich immer magisch angezogen. Können Sie daraus Rückschlüsse auf mich ziehen?«
Sie lachte und führte ihn in das hübsche Haus.
»Setzen Sie sich. Sie sehen aus, als könnten Sie einen Drink vertragen.« Er bat um ein Glas Bier. Als sie sich zu ihm setzte, waren ihre Augen ernst.
»Ich nehme an, daß Sie nicht über die schreckliche Sache reden wollen, die meinem Briefträger zugestoßen ist.«
»Nein«, sagte Mark. »Aus verschiedenen Gründen lieber nicht.«
Ihre Miene drückte Verständnis aus.
»Ich hoffe, Sie finden den Verbrecher, der ihn ermordet hat.« Ihre dunklen Augen blitzten ihn an. Dann stand sie auf, ging zur Stereoanlage und drehte die Schallplatte um. »Wie gefällt Ihnen diese Art von Musik?« fragte sie leichthin.
»Haydn muß ich nicht haben«, antwortete er. »Ich bin ein Fan von Mahler. Von Beethoven, Aznavour und Ihnen.«
Sie wurde ein wenig rot.
»Als Sie gestern abend nicht kamen, rief ich in Ihrem Büro an, um Sie zu erreichen.«
Mark war freudig überrascht.
»Ich wurde mit einem Mädchen aus Ihrer Abteilung verbunden. Sie seien nicht da und außerdem seien Sie sehr beschäftigt, teilte sie mir mit. Daher habe ich keine Nachricht hinterlassen.«
»Das war Polly«, sagte Mark. »Sie ist sehr fürsorglich.«
»Und hübsch?« Elizabeth lächelte mit der Sicherheit einer Frau, die weiß, daß sie schön ist.
»Schön von weitem, aber bei weitem nicht schön«, sagte Mark. »Genug von Polly. Gehen wir, Sie sind doch sicher schon hungrig. Ich habe bei Tio Pepe einen Tisch reservieren lassen.«
»Fein«, sagte sie. »Da es Ihnen gelungen ist, einen Parkplatz zu finden – warum gehen wir nicht zu Fuß hin?«
»Einverstanden.«
Es war ein klarer, kühler Abend. Mark brauchte frische Luft. Was er weniger brauchte, war das dauernde Verlangen, über die Schulter zurückzuschauen.
»Suchen Sie jetzt schon eine andere Frau?« fragte sie spöttisch.
»Nein«, erwiderte Mark. »Warum sollte ich noch länger suchen?« Er sprach leichthin, aber er wußte, daß er ihr nichts vormachen konnte. Abrupt wechselte er das Thema. »Wie gefällt Ihnen Ihre Arbeit?«
»Meine Arbeit?« Elizabeth schien überrascht, als hätte sie ihre Tätigkeit noch nie als Arbeit betrachtet. »Sie meinen, mein Leben? Meine Arbeit ist mein ganzes Leben, zumindest war sie das bisher.«
Mit ernstem Gesichtsausdruck blickte sie zu Mark auf. »Ich hasse das Krankenhaus. Es besteht aus einem Haufen Bürokraten, es ist alt und schmutzig, und eine Menge Le ute dort sind nicht wirklich interessiert, den Kranken zu helfen. Für sie ist es einfach eine Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Erst gestern hatte ich einen Streit mit den Komiteemitgliedern, weil sie einen alten Mann, der kein Zuhause hat, nicht im Hospital behalten wollten.«
Sie gingen die Dreißigste Straße hinunter, und Elizabeth erzählte weiter von ihrer Arbeit. Sie sprach angeregt, und Mark hörte ihr mit Vergnügen zu. Sie war auf eine angenehme Art selbstsicher, während sie von einem seelenvollen Jugoslawen erzählte, der unverständliche Lieder von Liebe und Sehnsucht zu singen pflegte, während sie das Geschwür in seiner Achselhöhle untersuchte. Einmal hatte er – in einem unpassenden Anfall von Leidenschaft – ihr linkes Ohr gepackt und geleckt.
Mark lachte und nahm, als er sie ins Restaurant führte, ihren Arm. »Sie sollten eine Kampfzulage verlangen«, sagte er.
»Ach, ich hätte mich nicht beklagt, aber er sang immer so falsch.«
Die Empfangsdame führte sie zu einem Tisch in der Mitte des Lokals nahe
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