Archer Jeffrey
eine Eingebung, doch es kam keine. Einer dieser Männer war ein Killer, und es blieben nur mehr vier Tage, um den richtigen herauszufinden. Er steckte die Aufzeichnungen in eine Mappe und verschloß sie in seinem Schreibtisch.
In der Küche aß er ein Sandwich. Er sah auf die Uhr. Was konnte er mit diesem Tag noch Sinnvolles anfangen? Elizabeth hatte Dienst. Er rief sie an. Sie hatte nur einen Augenblick Zeit, im drei Uhr mußte sie im Operationssaal sein.
»Gut, Frau Doktor, es wird nicht lange dauern und nicht weh tun. Ich kann dich nicht jeden Tag anrufen, um dir zu sagen, daß du bezaubernd und gescheit bist und mich verrückt machst. Also hör gut zu.«
»Ich höre, Mark.«
»Okay, du bist schön und klug, und ich bin verrückt nach dir … Was, keine Antwort?«
»Ich dachte, es würde so weitergehen. Wenn ich nicht drei Kilometer, sondern drei Zentimeter von dir entfernt bin, werde ich dir vielleicht eine Antwort geben.«
»Laß es ganz bald sein, sonst halte ich es nicht aus. Lauf und schneide jemandem das Herz aus dem Leib.«
Sie lachte. »Es ist nur ein eingewachsener Zehennagel …«
Sie beendete das Gespräch. Mark ging im Zimmer auf und ab, und seine Gedanken wanderten von den fünfzehn Senatoren zu Elizabeth und dann zu einem Senator. Ging nicht alles ein wenig zu glatt mit Elizabeth? Suchte vielleicht ein bestimmter Senator ihn und nicht umgekehrt? Er fluchte und goß sich einen Drink ein. Er dachte an Barry Calvert; Sonntag nachmittag hatten sie meistens miteina nder Squash gespielt. Er dachte an Nick Stames, der, ohne es zu wissen, seinen Platz eingenommen hatte. Was würde Stames tun, wenn er noch am Leben wäre … Eine Bemerkung, die Stames bei der letzten Weihnachtsfeier im Field Office gemacht hatte, fiel ihm ein. »Wenn ich nicht erreichbar bin, dann ist George Stampouzis von der New York Times in diesem verdammten Land der zweitbeste Mann für Kriminalfälle! Natürlich auch ein Grieche! Er weiß mehr über die Mafia und den CIA als beinahe jeder andere, egal auf welcher Seite des Gesetzes er steht.«
Ohne genau zu wissen, was er eigentlich bezweckte, ließ sich Mark von der Telefonauskunft in New York Sta mpouzis’ Nummer geben und wählte sie.
»Den Polizeireporter Stampouzis, bitte.«
»Stampouzis genügt«, meldete sich eine Stimme. Bei der New York Times hatte man keine Zeit für viele Worte.
»Guten Tag, mein Name ist Mark Andrews. Ich rufe aus Washington an. Ich war mit Nick Stames befreundet; genauer gesagt, er war mein Vorgesetzter.«
Die Stimme veränderte sich. »Ja, ich hörte von dem schrecklichen Unfall. Wenn es überhaupt ein Unfall war. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich brauche vertrauliche Informationen. Kann ich sofort zu Ihnen nach New York kommen?«
»Betrifft es Nick?«
»Ja.«
»Natürlich. Können Sie es schaffen, um acht Uhr an der Ecke der Einundzwanzigsten Straße – Park Avenue zu sein?«
»Ich werde dort sein«, sagte Mark, nach einem Blick auf die Uhr.
»Ich erwarte Sie.«
Die Eastern-Airlines-Maschine kam kurz nach sieben Uhr an. Mark drängte sich durch die Menschenmenge, an der Gepäcksausgabe vorbei zu einem Taxi. Ein New Yorker Taxichauffeur – dicker Bauch, seit zwei Tagen unrasiert, einen kalten Zigarrenstummel im Mund – fuhr ihn nach Manhattan. Er hörte nicht auf zu reden, er hielt einen Monolog, der kaum Antworten verlangte. Mark hätte lieber Ruhe gehabt, um seine Gedanken zu ordnen.
»Das ist ein Scheißland«, sagte der Fahrer und kaute an seiner Zigarre.
»Ja«, erwiderte Mark.
»Und diese Stadt ist nichts als ein Müllhaufen.«
»Ja«, sagte Mark.
»Und diese Hure Kane ist an allem schuld. Man sollte sie aufhängen.«
Mark erstarrte. Vermutlich sagte man es tausendmal am Tag. Jemand in Washington sagte es auch, und es war ihm ernst damit.
Das Taxi hielt an.
»Achtzehn Dollar geradeaus«, brummte der Fahrer.
Mark legte eine Zehn-Dollar-Note und zwei Fünfer in die kleine Plastiklade an der Schutzscheibe, die den Fond abschloß, und stieg aus. Ein behäbiger Mann in einem Tweedmantel, Mitte fünfzig, kam auf ihn zu. Mark fröstelte. Er hatte vergessen, wie kalt New York im März sein konnte.
»Mark Andrews?«
»Ja, erraten.«
»Wenn man sein ganzes Leben damit verbringt, Verbrecher zu studieren, fängt man an, wie sie zu denken.«
Er betrachtete Marks Anzug. »Heutzutage sind Detektive jedenfalls besser angezogen als zu meiner Zeit.«
Mark war verlegen. Stampouzis mußte wissen, daß ein FBI-Agent doppelt so viel verdiente wie ein New Yorker
Weitere Kostenlose Bücher