Archer Jeffrey
ihn sähe, wüßte er, daß O’Malley vom FBI war. Mark machte vor einer Telefonzelle halt. Sein Verfolger verschwand im nächsten dunklen Winkel. Ihm war immer noch kalt, und er war dankbar für den kurzen Lauf, der ein wenig geholfen hatte.
Mark hatte nur zwei Vierteldollar. Von wo hatte der Direktor telefoniert? Konnte er im Hauptquartier sein? Das war unwahrscheinlich; was sollte er dort mitten in der Nacht? War er nicht bei der Präsidentin eingeladen? Mark schaute auf die Uhr. Verdammt, ein Uhr fünfzehn. Er muß zu Hause sein, wenn nicht – bleibt mir keine Münze mehr zum Telefonieren übrig. Mark zog den zweiten Schuh aus. Er fluchte und warf eine Münze in die Höhe; Kopf oder Schrift – ist George Washington oben, rufe ich im FBI an, bei E. pluribus unum zu Hause. Die Münze fiel zu Boden
– George Washington.
Mark wählte die Geheimnummer des Direktors im Hauptquartier.
»Ja.«
Gott segne George Washington.
»Hier Julius.«
»Komme n Sie sofort.«
Das klang nicht besonders freundlich. Vielleicht war der Direktor eben mit einer wichtigen Information von der Präsidentin zurückgekehrt, oder irgend etwas beim Dinner hatte ihm Magenbeschwerden verursacht.
Mark ging rasch zu seinem Wagen, dabei prüfte er Hemdknöpfe und Krawatte. Ein Socken drückte, als sei eine der Fersen nicht dort, wo sie hingehörte. Er ging an dem Mann im Schatten vorbei, der beobachtete, wie Mark zu seinem Auto zurückkehrte und zögerte. Sollte er zu Elizabeth zurückgehen und ihr sagen … Was sagen? Er schaute zu dem beleuchteten Fenster hinauf, holte tief Atem, fluchte nochmals, ließ sich in den Schalensitz des Mercedes fallen. Es blieb nicht einmal Zeit für eine kalte Dusche.
In wenigen Minuten war er beim Hauptquartier. Der Verkehr war schwach, und die computergesteuerten Ampeln schalteten nicht auf Rot.
Mark parkte sein Auto in der Tiefgarage, und sofort erschien der anonyme Mann, der ihn offenbar erwartet hatte. Ging er niemals zu Bett? Vermutlich war er ein Unglücksbote, aber Mark teilte ihm diese Beobachtung nicht mit, da der andere wie gewöhnlich nicht sprach. Vielleicht ist er ein Eunuch, überlegte Mark. Glücklicher Mensch. Gemeinsam fuhren sie ins siebente Stockwerk. Der anonyme Mann führte ihn lautlos ins Büro des Direktors. Möchte wissen, was er für ein Hobby hat, dachte Mark. Vermutlich Souffleur am Nationaltheater für Taubstumme.
»Mr. Andrews, Sir.«
Der Direktor begrüßte ihn nicht. Er trug noch immer seinen Smoking und schaute so finster drein wie eine Gewitterwolke.
»Setzen Sie sich, Andrews.«
Jetzt bin ich wieder Andrews, dachte Mark.
»Wenn ich Sie auf den Parkplatz führen, an eine Mauer stellen und erschießen könnte, würde ich es tun.«
Mark versuchte unschuldig dreinzuschauen; bei Nick Stames hatte das zumeist gewirkt. Beim Direktor schien es das Eis nicht zu brechen.
»Sie stupider, verantwortungsloser, leichtsinniger Idiot.«
Mark stellte fest, daß er mehr Angst vor dem Direktor hatte als vor jenen, die ihn vielleicht töten wollten.
»Sie haben das Bureau und die Präsidentin kompromi ttiert«, fuhr der Direktor fort. Mark hörte sein Herz klopfen. Hätte er die Schläge mitgezählt, er wäre auf hundertzwanzig gekommen.
Tyson war immer noch in voller Fahrt. »Wenn ich Sie suspendieren oder entlassen könnte, wenn ich nur so etwas Einfaches tun könnte. Wie viele Senatoren bleiben übrig, Andrews?«
»Sieben, Sir.«
»Nennen Sie die Namen.«
»Brooks, Harrison, Byrd, Nunn, Thornton, Dex … Dexter und …« Mark erblaßte.
»Summa cum laude in Yale, aber naiv wie ein Pfadfinder. Als wir Sie zum erstenmal mit Dr. Dexter sahen, glaubten wir in unserer Dummheit – da wir wußten, daß sie am Abend des 3. März im Woodrow-Wilson-Hospital Dienst gehabt hatte – glaubten wir in unserer Dummheit«
– er wiederholte die Worte mit Nachdruck –, »daß Sie eine Fährte verfolgen. Jetzt müssen wir feststellen, daß Elizabeth Dexter nicht nur die Tochter eines jener sieben Senatoren ist, die wir verdächtigen, die Präsidentin ermorden zu wollen, sondern es zeigt sich – als ob das noch nicht genug wäre – daß Sie mit ihr ein Verhältnis haben.«
Mark wollte protestieren, aber er konnte die Lippen nicht bewegen.
»Können Sie leugnen, mit ihr geschlafen zu haben, Andrews?«
»Ja, Sir«, sagte Mark sehr leise.
Einen Moment lang war der Direktor sprachlos. »Junger Mann, wir haben die Wohnung abgehört, wir wissen haargenau, was passiert ist.«
Mark sprang von seinem Stuhl auf; Betäubung
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