Archer Jeffrey
Habicht«, sagte Fletcher. Er küsste seine Tochter auf die Wange und betrachtete die Chipstüten, als ein junger Mann hereinkam und sich nervös auf die andere Seite des Bettes stellte.
»Das ist George«, stellte Lucy vor. »Er ist in mich verliebt.«
»Schön, dich kennen zu lernen, George.« Fletcher lächelte.
»Es freut mich auch, Sie kennen zu lernen, Herr Senator.« Der junge Mann streckte seine rechte Hand über das Bett.
»George führt meinen Wahlkampf für das Amt der Jahrgangssprecherin«, sagte Lucy. »George glaubt, das gebrochene Bein bringt mir viele Sympathiestimmen. Ich muss Grandpa nach seiner Meinung fragen, wenn er mich das nächste Mal besucht. Grandpa ist unsere Geheimwaffe«, flüsterte sie, »er hat die Opposition bereits in Angst und Schrecken versetzt.«
»Ich weiß nicht, warum ich mir die Mühe gemacht habe, dich zu besuchen«, scherzte Fletcher. »Ganz offensichtlich brauchst du mich nicht.«
»Doch, das tue ich, Dad. Könnte ich einen Vorschuss auf mein Taschengeld vom nächsten Monat bekommen?«
Fletcher lächelte und nahm seine Geldbörse zur Hand. »Wie viel hat dir dein Großvater gegeben?«
»Fünf Dollar«, meinte Lucy schüchtern. Fletcher zog einen Fünfdollarschein heraus. »Danke, Dad. Ach, warum ist denn eigentlich Mom nicht mitgekommen?«
*
Nat erklärte sich bereit, Luke am nächsten Morgen zur Schule zu fahren. Der Junge war am Vorabend wenig gesprächsbereit gewesen, fast so, als ob er etwas sagen wollte, aber nicht, solange beide Elternteile im Raum waren.
»Vielleicht erzählt er dir etwas auf dem Weg zur Schule, wenn ihr unter euch seid«, sagte Su Ling.
Vater und Sohn machten sich gleich nach dem Frühstück auf den Weg nach Taft, aber Luke sagte immer noch sehr wenig. Obwohl Nat versuchte, die Themen Lernen und Schultheater anzusprechen und sogar wissen wollte, wie es um Lukes läuferische Ambitionen stand, bekam er nur einsilbige Antworten. Also änderte Nat seine Taktik und schwieg ebenfalls in der Hoffnung, dass Luke ein Gespräch ankurbeln würde, sobald er dazu bereit war.
Sein Vater fuhr auf der Überholspur etwas oberhalb der Geschwindigkeitsbegrenzung, als Luke fragte: »Wann hast du dich zum ersten Mal verliebt, Dad?« Nat wäre beinahe auf den Wagen vor ihm aufgefahren, bremste aber noch rechtzeitig ab. Dann scherte er auf die mittlere Spur.
»Ich glaube, das erste Mädchen, an dem ich ernsthaft interessiert war, hieß Rebecca. Sie spielte die Olivia. Ich war der Sebastian in der Schulaufführung.« Er schwieg. »Hast du ein Problem mit der Julia?«
»Ganz sicher nicht«, erklärte Luke. »Sie ist dämlich – hübsch, aber dämlich.« Es folgte neuerliches, ausgedehntes Schweigen. »Und wie weit bist du mit Rebecca gegangen?«, wollte er schließlich wissen.
»Wir haben uns geküsst, soweit ich mich erinnere«, erzählte Nat.
»Und wir haben ein wenig Petting gemacht, wie man es damals nannte.«
»Wolltest du ihre Brüste berühren?«
»Ja, aber sie hat mich nicht gelassen. Ich kam nicht sehr weit, erst in unserem ersten Jahr am College.«
»Hast du sie geliebt, Dad?«
»Ich dachte das damals, aber wirklich erwischt hat es mich erst, als ich deiner Mutter begegnet bin.«
»Dann war Mom die erste Frau, mit der du geschlafen hast?«
»Nein, es gab noch zwei andere Mädchen vor ihr, eine in Vietnam und eine andere am College.«
»Hast du eine von ihnen geschwängert?«
Nat fuhr auf die rechte Fahrspur und fiel weit unter die Geschwindigkeitsbegrenzung. »Hast du jemand geschwängert?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Luke. »Und Kathy weiß es auch nicht. Aber als wir uns hinter der Sporthalle geküsst haben, habe ich auf ihrer Bluse eine ziemliche Sauerei hinterlassen.«
*
Fletcher verbrachte eine Stunde bei seiner Tochter, dann fuhr er nach Hartford zurück. Er war gern mit George zusammen. Lucy beschrieb ihn als das klügste Kind in der Klasse. »Darum habe ich ihn auch zu meinem Wahlkampfleiter gemacht«, erklärte sie.
Eine Stunde später war Fletcher wieder in Harrys Krankenhauszimmer. Er setzte sich neben Annie und nahm ihre Hand.
»Irgendeine Besserung?«, fragte er.
»Nein, nichts«, sagte Annie. »Seit du weg bist, hat er sich nicht gerührt. Wie geht es Lucy?«
»Sie muss sechs Wochen lang einen Gips tragen und ist überzeugt davon, dass ihr das Gipsbein größere Chancen bei der Wahl zur Jahrgangssprecherin verschafft.«
»Hast du ihr von Grandpa erzählt?«
»Nein. Und als sie fragte, wo du bist, habe ich eine Notlüge
Weitere Kostenlose Bücher