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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kandidaten
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erzählt.«
»Wo bin ich?«
»Sitzung des Elternbeirats.«
Annie nickte. »Stimmt sogar, ist nur der falsche Tag.«
»Wusstest du übrigens, dass sie einen Freund hat?«, erkundigte sich Fletcher.
»Meinst du George?«
»Du kennst George?«
»Ja, aber ich würde ihn nicht als ihren Freund bezeichnen«, sagte Annie. »Er ist eher ihr ergebener Sklave.«
»Ich dachte, Lincoln hat die Sklaverei 1863 abgeschafft?«, scherzte Fletcher.
Annie sah ihren Ehemann an. »Macht es dir Sorgen?«, fragte sie.
»Ganz sicher nicht. Lucy musste ja früher oder später einen Freund haben.«
»Das habe ich nicht gemeint und das weißt du auch.«
»Annie, sie ist erst sechzehn.«
»Ich war jünger, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind.«
»Annie, hast du vergessen, dass wir am College für die Bürgerrechte demonstriert haben? Und ich bin stolz darauf, dass wir unserer Tochter diese Überzeugungen weitergegeben haben.«

40
    NACHDEM NAT SEINEN SOHN in Taft abgesetzt hatte, bekam er auf dem Rückweg nach Hartford ein schlechtes Gewissen, weil er nicht genug Zeit hatte, um seine Eltern zu besuchen. Aber er wusste, er durfte das Treffen mit Murray Goldblatz nicht zwei Mal hintereinander platzen lassen. Als er sich von Luke verabschiedet hatte, schien der Junge wenigstens nicht mehr von den Sorgen der ganzen Welt umwölkt. Nat versprach seinem Sohn, dass er und Lukes Mutter am Freitagabend an der Aufführung des Schultheaters teilnehmen würden. Nat dachte immer noch an Luke, als das Autotelefon klingelte – eine Erfindung, die sein Leben verändert hatte.
    »Du wolltest mich anrufen, bevor die Börse öffnet«, sagte Joe und schwieg kurz.
    »Tut mir Leid, dass ich mich nicht gemeldet habe, Joe. Ein familiärer Notfall – da habe ich es schlichtweg vergessen.«
»Tja, Und wie lauten die heutigen Anweisungen?«
»Genauso wie gestern: Ich möchte, dass du bis Börsenschluss weiter aggressiv Fairchild-Aktien aufkaufst.«
»Alles, was du sagst, Boss. Ich hoffe nur, du hast einen Fallschirm im Gepäck, denn wenn du dir nicht bis Montagmorgen um 10 Uhr fünfzig Prozent von Fairchild gesichert hast, wird es eine ziemlich unsanfte Landung.«
Während Nat weiter in Richtung Hartford fuhr, wurde ihm klar, dass Joe nur das Offensichtliche in Worte gefasst hatte. Nächste Woche um diese Zeit konnte er schon arbeitslos sein und schlimmer noch, wegen ihm könnte die Russell Bank von ihrem größten Rivalen geschluckt worden sein. War sich Goldblatz dessen bewusst? Natürlich war er das.
Als Nat in die Stadt fuhr, beschloss er, nicht ins Büro zurückzukehren, sondern einen Häuserblock von der St-JosephKathedrale entfernt zu parken, irgendwo etwas zu essen und über die Alternativen nachzudenken, mit denen Goldblatz aufwarten könnte. Er bestellte sich ein Schinkensandwich in der Hoffnung, dass es ihn in kämpferische Stimmung versetzen möge. Dann schrieb er eine Liste mit Pro und Contra auf die Rückseite der Speisekarte.
Zehn Minuten vor drei verließ er den Imbiss und machte sich auf den Weg zur Kathedrale. Mehrere Leute nickten oder sagten im Vorübergehen »Guten Tag, Mr Cartwright«, was ihn daran erinnerte, wie sehr sein Bekanntheitsgrad in letzter Zeit zugenommen hatte. Die Mienen der Passanten drückten Bewunderung und Respekt aus und Nat wünschte nur, er könnte das Rad der Zeit um eine Woche vordrehen, um zu sehen, wie ihre Gesichter dann reagierten. Er sah auf die Uhr – noch vier Minuten bis drei. Nat beschloss, einmal um den Block zu laufen und die Kathedrale durch den ruhigeren Südeingang zu betreten. Er lief, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hoch und trat zwei Minuten, bevor der Glockenturm der Kathedrale die volle Stunde anschlug, in das südliche Querschiff. Er würde nichts gewinnen, wenn er sich verspätete.
Nat brauchte einige Minuten, um sich nach dem hellen Licht der Nachmittagssonne an die Dunkelheit der Kathedrale zu gewöhnen, die nur von Kerzen beleuchtet wurde. Er sah den Mittelgang entlang zum Altar, dominiert von einem massiven Goldkreuz, das mit Halbedelsteinen geschmückt war. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf die vielen Reihen an dunklem Eichenholzbänken, die sich vor ihm im Hauptschiff erstreckten. Sie waren in der Tat fast leer, wie es Mr Goldblatz vorhergesagt hatte, abgesehen von vier oder fünf alten Damen mit schwarzen Schleiern, von denen eine einen Rosenkranz hielt und murmelte »Gegrüßt seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Frauen

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