Archer Jeffrey
vierten Lebensjahr eine Brille.«
Nat lächelte und dachte, wie viel Glück Luke hatte, eine Freundin wie Kathy zu besitzen.
»Kathy, möchtest du in den Sommerferien nicht ein paar Tage bei uns verbringen?«, fragte Nat.
»Ja gern, wenn Ihnen das nicht zu viel Mühe bereitet, Mr Cartwright«, erwiderte Kathy. »Ich will Ihnen nicht im Weg stehen.«
»Mir im Weg stehen?«, fragte Nat.
»Ja. Luke hat mir erzählt, dass Sie für das Amt des Gouverneurs kandidieren.«
*
ORTSANSÄSSIGER BANKIER KANDIDIERT FÜR GOUVERNEURSAMT verkündete die Schlagzeile auf dem Titelblatt des Hartford Courant. Ein paar Seiten weiter erschien ein Profil des brillanten jungen Finanziers, dem man vor fünfundzwanzig Jahren die Tapferkeitsmedaille verliehen hatte. Seine Karriere wurde aufgelistet und auch die Rolle erwähnt, die er bei der Fusion der kleinen Familienbank Russell mit ihren elf Filialen und der Fairchild Bank mit einhundertundzwei Filialen im ganzen Bundesstaat gespielt hatte. Nat lächelte, als er sich an das Gespräch mit Murray Goldblatz im Beichtstuhl von St Joseph erinnerte und an die großzügige Geisteshaltung, mit der Murray Goldblatz stets den Eindruck vermittelt hatte, es sei ursprünglich Nats Idee gewesen.
Im Leitartikel des Courant stand, Nats Entscheidung, bei der republikanischen Nominierung gegen Ralph Elliot anzutreten, habe eine harte Auseinandersetzung eröffnet, da beide Kandidaten herausragend seien. In dem Artikel wurde keiner der beiden bevorzugt und man versprach, fair von dem Duell zwischen Bankier und Anwalt zu berichten, die einander bekanntermaßen nicht ausstehen konnten. ›Auch Mrs Hunter wird kandidieren‹, hieß es im letzten Abschnitt, beinahe als Nachgedanke, was die Ansicht des Courant hinsichtlich ihrer Chancen widerspiegelte, nun, da auch Nat sich hatte aufstellen lassen.
Nat war zufrieden mit den Presseberichten und Fernsehmeldungen, die seiner Ankündigung folgten, und noch angenehmer überraschten ihn die positiven Reaktionen auf der Straße. Tom hatte sich zwei Monate von der Bank beurlauben lassen, um Nats Wahlkampf zu führen, und Murray Goldblatz sandte einen beträchtlichen Scheck als Spende für die Kampagne.
Das erste Treffen fand abends in Toms Heim statt und Nats Stabschef erläuterte seinem sorgfältig ausgewählten Team, womit sie es in den kommenden sechs Wochen zu tun bekommen würden.
Sie würden jeden Morgen noch vor Sonnenaufgang aufstehen müssen und erst nach Mitternacht ins Bett kommen, was wenig verlockend klang, aber zu Nats Überraschung war Luke von dem Wahlkampf fasziniert. Er verbrachte seine Ferien damit, seinen Vater überallhin zu begleiten, häufig mit Kathy an seiner Seite. Mit jedem Tag, der verstrich, schloss Nat das Mädchen mehr ins Herz.
Schnell wurde klar, dass Elliot bereits seit mehreren Wochen Wahlkampf führte, weil er hoffte, es würde ihm einen uneinholbaren Vorteil verschaffen, wenn er das Fundament baldmöglichst legte. Nat merkte rasch, dass es bei der ersten Vorwahl in Ipswich zwar nur um siebzehn Stimmen ging, ihre Bedeutung aber sehr viel höher lag, ähnlich wie in New Hampshire bei einer Präsidentschaftswahl. Er besuchte jedes einzelne Mitglied des Wahlausschusses und gewann stets den Eindruck, dass Elliot schon vor ihm dort gewesen war. Obwohl sein Rivale bereits mehrere Delegierte fest für sich verbuchen konnte, blieben einige, die noch unentschlossen waren oder dem Mann einfach nicht vertrauten.
Die Tage vergingen und Nat entdeckte, dass man stets von ihm erwartete, an zwei Orten gleichzeitig zu sein, denn die Vorwahlen in Chelsea fanden nur zwei Tage nach der Wahl in Ipswich statt. Elliot verbrachte schon einen Großteil der Zeit in Chelsea, da er die Ipswich-Wahl bereits als entschieden ansah.
Nat fuhr am Abend der Vorwahl nach Ipswich und musste vernehmen, wie der örtliche Parteileiter verkündete, dass Elliot zehn Stimmen erhalten hatte, Nat sieben. Elliots Team feierte das zwar als überwältigenden Sieg, aber sie konnten ihre Enttäuschung nicht verbergen. Kaum hatte Nat das Ergebnis gehört, rannte er zu seinem Wagen. Tom verfrachtete ihn daraufhin noch vor Mitternacht nach Chelsea.
Zu Nats Überraschung spielten die Lokalzeitungen das Ergebnis in Ipswich herunter und verbreiteten, dass Chelsea mit seinen über elftausend Wählern viel eher ein Indikator sein würde, was die Öffentlichkeit von den beiden Männern hielt als alles, was man in die Ansichten einer Hand voll Partei - Apparatschiks hineinlas. Und auf
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