Archer Jeffrey
könnte ihm
bei künftigen Wahlen zwei Stimmen sichern.«
»Das löst aber nicht mein Problem, wie ich sie treffen soll, wo
ich doch aus Farmington komme.«
»Das lässt sich leicht lösen, wenn du über Weihnachten ein
paar Tage bei uns verbringst. Dann sorge ich dafür, dass sie und
ihre Eltern zu irgendeiner Feier ins Kapitol eingeladen werden.« »Das würden Sie für mich tun?«
»Natürlich, aber wenn du weiterhin Abmachungen mit
Politikern treffen willst, solltest du wissen, dass es so etwas wie
einen Gegengefallen gibt.«
»Wie soll der Gefallen aussehen?«, fragte Fletcher. »Ich würde
alles tun.«
»Das darfst du niemals zugeben, mein Junge, denn dann hast
du bei Verhandlungen automatisch die schwächere
Ausgangsposition. Ich will als Gefälligkeit nur, dass du dafür
sorgst, Jimmy irgendwie von den untersten Rängen seiner
Klasse wegzubekommen. Das ist dann dein Teil unserer
Übereinkunft.«
»Abgemacht, Senator«, sagte Fletcher und schüttelte ihm die
Hand.
»Gut zu hören«, meinte der Senator, »denn Jimmy scheint mir
bereitwillig deiner Führung zu folgen.«
Es war das erste Mal, dass jemand Fletcher gegenüber
andeutete, er könne eine Führungspersönlichkeit besitzen. Bis zu
diesem Augenblick war ihm dieser Gedanke nie gekommen. Er
dachte über die Worte des Senators nach und dabei übersah er
den Touchdown, mit dem Taft der Sieg gelang. Erst als Diane
von der Tribüne lief und ein Ritual aufführte, das
unglücklicherweise einem Siegestanz ähnelte, wurde ihm klar,
dass es in diesem Jahr keinen zusätzlichen schulfreien Tag
geben würde.
*
Auf der anderen Seite des Stadions standen Nat und Tom vor den Umkleidekabinen mitten zwischen zahllosen TaftAnhängern, die mit einer Ausnahme darauf warteten, ihre Helden in Empfang zu nehmen. Nat stieß seinen Freund mit den Ellbogen an, als sie herauskam. Tom trat rasch vor. »Hi, Diane«, sagte er und wartete gar nicht erst auf eine Antwort. »Ich möchte dir meinen Freund Nat vorstellen. Offen gestanden wollte er dich unbedingt kennen lernen.« Nat wurde rot und das lag nicht nur daran, dass ihm Diane viel hübscher vorkam als auf ihrem Foto. »Nat wohnt in Cromwell«, fügte Tom hilfreich hinzu, »aber über Weihnachten verbringt er ein paar Tage bei uns, dann kannst du ihn besser kennen lernen.«
Nat war sich nur einer Sache sicher: Toms künftige Karriere lag ganz bestimmt nicht im diplomatischen Corps.
8
NAT SASS AN SEINEM SCHREIBTISCH und versuchte, sich auf die Weltwirtschaftskrise zu konzentrieren. Er schaffte ungefähr eine halbe Seite, doch ständig begaben sich seine Gedanken auf Wanderschaft. Immer wieder ging er die kurze Begegnung mit Diane durch. Dazu brauchte er nicht lange, denn sie hatte ja kaum ein Wort mit ihm gewechselt, bevor sein Vater gekommen war und ihm mitgeteilt hatte, dass sie jetzt gehen müssten.
Nat hatte ihr Foto aus dem Footballprogramm ausgeschnitten und trug es ständig bei sich. Er wünschte, er hätte mindestens drei Programmhefte mitgenommen, denn das kleine Foto war mittlerweile ziemlich abgegriffen. Er hatte Tom am Morgen nach dem Spiel unter dem Vorwand, über den Börsencrash an der Wall Street reden zu wollen, angerufen und sich dann beiläufig erkundigt: »Hat Diane noch etwas über mich gesagt, nachdem ich gegangen war?«
»Sie hält dich für sehr nett.«
»Sonst nichts?«
»Was sollte sie sonst noch sagen? Ihr hattet ja kaum zwei
Minuten zusammen, bevor dein Vater dich weggezerrt hat.« »Mag sie mich?«
»Sie hält dich für sehr nett und wenn ich mich recht erinnere, sagte sie etwas von James Dean.«
»Nein, du lügst – oder?«
»Nein, du hast Recht – das hat sie nicht gesagt.«
»Du bist ein Ekel.«
»Stimmt, aber ein Ekel mit einer Telefonnummer.« »Du hast ihre Telefonnummer?«, rief Nat ungläubig. »Du bist schnell von Begriff.«
»Wie lautet sie?«
»Hast du den Aufsatz über die Weltwirtschaftskrise fertig?« »Noch nicht ganz, aber bis zum Wochenende wird er fertig
sein. Bleib dran, ich hole einen Bleistift.« Nat notierte sich die Nummer auf der Rückseite von Dianes Foto. »Glaubst du, es würde sie überraschen, wenn ich sie anrufe?«
»Ich glaube, es würde sie überraschen, wenn du es nicht tust.«
*
»Hi, ich bin Nat Cartwright. Wahrscheinlich erinnerst du dich nicht an mich.«
»Nein. Wer bist du?«
»Ich bin der, den du nach dem Hotchkiss-Spiel getroffen hast. Du sagtest, ich würde wie James Dean aussehen.«
Nat warf einen Blick in den Spiegel. Er hatte nie zuvor
Weitere Kostenlose Bücher