Archer Jeffrey
sagte der Direktor und erhob sich von seinem Schreibtischstuhl, »können Sie sich wohl vorstellen, welche Wirkung es auf die Disziplin an dieser Schule hätte, wenn bekannt würde, dass man damit durchkommt, die Frau eines Lehrers zu beleidigen?«
»Und wegen der Worte ›verdammtes Weib‹ soll die ganze Zukunft des Jungen auf dem Spiel stehen?«
»Das ist nun mal die Folge derart schlechten Benehmens«, tat der Direktor kund, »und auf diese Weise können wir wenigstens sicher sein, dass er etwas daraus lernt.«
»Was wird er denn lernen?«, fragte Fletcher. »Dass man im Leben niemals einen Fehler machen darf? Oder dass man niemanden beleidigen sollte?«
»Warum verteidigen Sie diesen Jungen nur so vehement?« »In der ersten Vorlesung, die ich Sie habe geben hören, Sir, haben Sie uns gesagt, man wäre ein Feigling, wenn man nicht aufsteht und Stellung bezieht, sobald eine Ungerechtigkeit geschieht.«
Mr Fleming sah den Kaplan an, der keinen Kommentar abgab. Er erinnerte sich gut an diese Vorlesung. Schließlich hielt er sie vor jeder neuen Klasse.
»Darf ich Ihnen eine impertinente Frage stellen?«, bat Fletcher und sah den Kaplan an.
»Nur zu«, gestattete Dr. Wade leicht misstrauisch.
»Waren Sie nie in Versuchung, Mrs Appleyard eine Beleidigung an den Kopf zu werfen? Denn ich war es schon mehrmals.«
»Das ist doch genau der Punkt, Fletcher. Sie haben sich in Zurückhaltung geübt. Pearson nicht, und darum muss er bestraft werden.«
»Wenn diese Bestrafung in einem Verweis von der Schule besteht, Sir, dann muss ich mein Amt als Präsident der Schülermitverwaltung leider niederlegen, denn die Bibel sagt uns, dass der Gedanke ebenso verdammungswürdig ist wie die Tat.«
Beide Männer starrten ihn ungläubig an. »Aber warum, Fletcher? Ihnen ist doch sicher klar, dass Ihr Rücktritt die Chancen auf einen Platz in Yale beeinflussen könnte?«
»Jemand, der sich davon beeinflussen lassen würde, ist es nicht wert, Yale zu besuchen.«
Beide Männer waren von dieser Bemerkung so verblüfft, dass eine Zeit lang keiner etwas sagte. »Ist das nicht ein wenig extrem, Fletcher?«, brachte der Kaplan zu guter Letzt hervor.
»Nicht für den fraglichen Jungen, oder, Dr. Wade? Und ich bin nicht bereit, tatenlos zuzusehen, wie dieser Schüler auf dem Altar einer Frau geopfert wird, die sich ein Vergnügen daraus macht, pubertierende Jungen aufzustacheln.«
»Und für diese Einstellung würden Sie als Präsident zurücktreten?«
»Es nicht zu tun, Sir, würde das Wiederaufleben lassen, was Ihre Generation zur Zeit von McCarthy durchmachen musste.«
Es folgte erneut langes Schweigen, bevor der Kaplan leise fragte:
»Hat der Junge sich persönlich bei Mrs Appleyard entschuldigt?«
»Ja, Sir«, antwortete Fletcher. »Und anschließend hat er sie auch noch schriftlich um Verzeihung gebeten.«
»Dann wäre es vielleicht angemessen, für den Rest des Quartals eine Bewährung zu verhängen«, schlug der Direktor vor und sah den Kaplan an.
»Einschließlich des Verlustes sämtlicher Privilegien, inklusive freier Wochenenden«, fügte Dr. Wade hinzu. »Bis auf weiteres.«
»Ist das für Sie ein fairer Kompromiss, Fletcher?«, fragte der Direktor und hob eine Augenbraue. Nun blieb Fletcher stumm. »Kompromisse, Fletcher«, warf der Kaplan ein, »sind etwas, mit dem Sie zu leben lernen müssen, wenn Sie hoffen, jemals ein erfolgreicher Politiker zu werden.«
Fletcher antwortete nicht sofort. »Ich akzeptiere Ihr Urteil, Dr. Wade«, sagte er schließlich und fuhr, an den Direktor gewandt, fort: »Ich danke Ihnen für Ihre Nachsicht, Sir.«
»Danke, Fletcher«, sagte Mr Fleming. Der Schülerpräsident erhob sich und verließ das Büro des Direktors.
»Weisheit, Courage und Überzeugung sind bei einem Erwachsenen selten genug«, sagte der Direktor leise, nachdem die Tür sich geschlossen hatte, »aber bei einem Kind …«
*
»Welche Erklärung haben Sie dann dafür, Mr Cartwright?«, fragte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses von Yale.
»Ich habe keine, Sir«, räumte Nat ein. »Es muss ein Zufall sein.«
»Und was für ein Zufall!«, meinte der Vorsitzende für Universitätsangelegenheiten. »Große Teile Ihres Aufsatzes über Clarence Darrow sind Wort für Wort identisch mit dem Aufsatz eines anderen Schülers aus Ihrer Klasse.«
»Wie lautet seine Erklärung?«
»Da er seinen freien Aufsatz eine Woche vor Ihnen eingereicht hat – und zwar handgeschrieben, während Sie den Ihren getippt haben –, sahen wir uns
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