Archer Jeffrey
Franken?«
»Selbstverständlich.«
»Gibt es hier in der Nähe ein Hotel?« fragte Adam.
»Gleich um die Ecke, auf der anderen Seite des Platzes.«
Adam dankte, bezahlte mit den Schweizer Banknoten und verließ die Apotheke. Das »Hotel Frantel« befand sich, wie versprochen, ganz in der Nähe. Adam überquerte den Platz und nahm die paar Stufen zum Eingang. An der Rezeption warteten einige Personen. Adam warf sich den Mantel über die blutbefleckte Schulter, ging aufrecht an ihnen vorbei, während er die Hinweistafeln an der Wand musterte, und schritt durch das Foyer, als wäre er selbst ein Hotelgast, der für mehrere Tage hier abgestiegen war. Dem Zeichen folgend, nach dem er Ausschau gehalten hatte, ging er eine Treppe hinab; unten angelangt erblickte er direkt vor sich drei weitere Schilder. Das erste zeigte den Umriß eines Mannes, das zweite den einer Frau, das dritte einen Rollstuhl.
Probeweise öffnete er die Tür mit dem dritten Schild und entdeckte dahinter zu seiner Überraschung nichts anderes als einen verhältnismäßig großen, quadratischen Raum mit einem WC, das an der Wand angebracht war; der Sitz war etwas höher als gewöhnlich. Adam schloß sich ein und ließ den Trenchcoat zu Boden fallen.
Er verschnaufte ein paar Minuten, ehe er sich langsam bis zur Taille auszog. Dann ließ er das Waschbecken mit warmem Wasser vollaufen.
Jetzt war Adam dankbar für die endlosen Erste-Hilfe-Kurse, die man als Offizier absolvieren mußte, obwohl jeder überzeugt war, daß sie zu nichts gut seien. Zwanzig Minuten später hatte der Schmerz nachgelassen. Adam fühlte sich sogar einigermaßen wohl. Er hob mit der rechten Hand den Mantel auf und versuchte, ihn sich wieder über die Schulter zu werfen. Durch den Schwung fiel die Ikone aus der Kartentasche auf den verfliesten Boden. Das Geräusch beim Aufschlag war so hart, daß Adam befürchtete, sie könnte entzweigebrochen sein. Besorgt starrte er hinunter, dann sank er in die Knie.
Die Ikone lag aufgeschlagen da, wie ein Buch.
15
Als Adam eine Stunde später wieder das »Hotel Frantel« betrat, hätte kaum einer der Gäste den Mann wiedererkannt, der sich vorhin, am frühen Nachmittag, hereingeschlichen hatte.
Er trug ein neues Hemd, eine neue Hose, eine neue Krawatte und einen zweireihigen Blazer, der in Großbritannien frühestens in einem Jahr in Mode kommen würde. Sogar den Trenchcoat hatte er weggeworfen, da die Ikone haargenau in die Tasche des Blazers paßte. Adam vermutete, daß man ihm in dem Herrenmodengeschäft einen schlechten Kurs für seine Reiseschecks verrechnet hatte, aber das war es nicht, was ihn seit einer Stunde beschäftigte.
Er buchte ein Einzelzimmer auf den Namen Dudley Hulme; wenige Minuten später fuhr er mit dem Lift in den dritten Stock.
Lawrence hob ab, noch bevor Adam das zweite Klingeln hörte.
»Ich bin’s!« sagte Adam.
»Wo bist du?« waren Lawrences erste Worte.
»Ich stelle hier die Fragen«, erwiderte Adam.
»Ich verstehe ja, wie dir zumute ist«, antwortete Lawrence, »aber …«
»Kein Aber! Dir muß doch mittlerweile klar geworden sein, daß jemand in eurem sogenannten Team in direkter Verbindung mit Romanow steht, denn es waren Romanow und seine Freunde, die mich vor dem Hotel in Genf erwarteten – und nicht deine Leute.«
»Darüber sind wir uns inzwischen auch im klaren.«
»Wir?« fragte Adam. »Wer ist wir? Es fällt mir nämlich ziemlich schwer, dahinterzukommen, wer auf meiner Seite steht.«
»Du glaubst doch nicht etwa …«
»Wenn einem die Freundin umgebracht wird, wenn man von Profikillern durch halb Europa gejagt, wenn auf einen geschossen wird …«
»Geschossen?«
»Ja, dein Freund Romanow hat heute auf mich geschossen und mich an der Schulter getroffen. Bei unserer nächsten Begegnung werde ich jedoch dafür sorgen, daß er getroffen wird, und dann wird es nicht nur die Schulter sein!«
»Es wird kein nächstes Mal geben«, antwortete Lawrence, »weil wir dich rausholen. Wenn du mir bloß verraten würdest, wo du steckst!«
Die Erinnerung an Robins Worte – »Gib bloß acht, wieviel du ihm sagst!« – hielt Adam davon ab, Lawrence seinen genauen Aufenthaltsort mitzuteilen.
»Adam, um Gottes willen! Du bist völlig auf dich gestellt. Wenn du nicht einmal mir mehr traust, wem kannst du dann überhaupt noch trauen? Zugegeben, es sieht so aus, als hätte ich dich im Stich gelassen. Aber so etwas wird nicht wieder vorkommen!«
Beide schwiegen lange. Dann sagte Adam: »Ich bin in Dijon.«
»Wieso
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