Archer Jeffrey
stellte sich der junge Mann vor.
»Und ich heiße Jeremy«, antwortete sein Gegenüber.
»Hübscher Name«, gab Piers zurück. »Jeremy hat mir schon immer gut gefallen.«
»Möchtest du etwas trinken?«
»Einen trockenen Martini, bitte!«
Der Ältere bestellte einen trockenen Martini und einen zweiten Malzwhisky. Der Kellner eilte davon.
»Ich habe dich hier noch nie gesehen.«
»Ich bin erst zum zweitenmal da«, erklärte Piers. »Früher hab’ ich in Soho gearbeitet, aber in letzter Zeit ist das Leben dort unerfreulich geworden. Man weiß nie, bei wem man landet.«
Die Getränke kamen. Der Beamte machte einen hastigen Schluck.
»Möchtest du tanzen?« fragte Piers.
»Es ist dringend«, sagte die Stimme. »Ist das Tonband eingeschaltet?«
»Ich höre.«
»Antarktis befindet sich in Dijon. Er ist dahintergekommen, was in der Ikone steckt.«
»Hat er seinen Leuten irgendeinen näheren Hinweis gegeben?«
»Nein, er hat Pemberton nur mitgeteilt, er verfüge über ein so wertvolles Besitztum, daß kein Betrag, den wir dafür bieten könnten, hoch genug wäre, um es zurückzukaufen.«
»So, so!« sagte die Stimme.
»Die Engländer glauben, das Schlüsselwort lautet auf Besitztum « , meinte der Anrufer.
»Da sind sie im Irrtum«, erwiderte die Stimme am anderen Ende der Leitung. » Kaufen ist das Schlüsselwort.«
»Wieso sind Sie sich dessen so sicher?«
»Weil der sowjetische Botschafter in Washington beim Außenminister am 20. Juni um eine Audienz ersucht hat. Außerdem bringt er eine Wertschrift über siebenhundertzwölf Millionen Dollar in Gold mit.«
»Was bedeutet das für uns?«
»Daß wir uns schnellstens auf den Weg nach Dijon machen müssen, damit wir uns die Ikone vor den Engländern oder den Russen schnappen! Die Russen sind offensichtlich überzeugt, daß sie die Ikone bald haben werden. Sie sind garantiert schon unterwegs.«
»Aber ich habe mich schon bereit erklärt, bei den geplanten Operationen der Engländer mitzumachen.«
»Vergessen Sie bitte nicht, auf welcher Seite Sie stehen, Commander!«
»Ja, Sir! Was aber machen wir mit Antarktis, wenn wir die Ikone haben?«
»Wir sind nur an der Ikone interessiert. Wenn wir die haben, können wir auf Antarktis verzichten.«
Adam schaute auf die Uhr: ein paar Minuten nach sieben. Es war Zeit, aufzubrechen. Er hatte beschlossen, Lawrences
Anweisungen nicht ganz wörtlich zu befolgen. Er hatte vor, auf
sie zu warten – und nicht, wie Lawrence es plante, umgekehrt.
Adam schloß die Zimmertür ab und begab sich nach unten zur
Rezeption, wo er die Rechnung beglich.
»Danke.«
Er wollte gehen.
»Dudley!« Adam blieb wie angewurzelt stehen.
»Dudley!« rief die Stimme noch einmal laut. »Beinahe hätte
ich Sie gar nicht wiedererkannt. Haben Sie es sich doch noch
überlegt?«
Eine Hand schlug ihm auf die Schulter – wenigstens nicht auf
die linke Schulter, dachte Adam unwillkürlich erleichtert. Vor
ihm stand Jim Hardcastle. Er sah ihn entgeistert an.
»Nein«, stammelte Adam nur – in diesem Augenblick
wünschte er nichts sehnlicher, als die Lügenphantasie von
Robins Vater.
»Ich glaube, daß man mich in der Stadt entdeckt hat!
Deswegen mußte ich die Kleider wechseln und für einige
Stunden von der Bildfläche verschwinden.«
»Dann kommen Sie doch mit zum Senf-Bankett!« schlug Jim
vor. »Dort wird Sie bestimmt niemand suchen.«
»Nichts täte ich lieber, aber ich darf einfach nicht noch mehr
Zeit verlieren.«
»Kann ich Ihnen nicht irgendwie behilflich sein?« fragte Jim
mit Verschwörermiene.
»Nein, ich muß … Ich habe in nicht ganz einer Stunde eine
Verabredung außerhalb der Stadt.«
»Ich würde Sie ja gerne selbst hinbringen«, erwiderte Jim.
»Ich täte alles, um einem alten Kameraden zu helfen, aber
heute abend kann ich nicht weg – ausgerechnet heute abend!« »Machen Sie sich keine Sorgen, Jim. Ich schaffe es schon.« » Ich könnte ihn doch hinbringen, Dad«, warf Linda ein, die
unbemerkt an die Seite ihres Vaters getreten war und gespannt
zuhörte.
Beide drehten sich nach ihr um. Sie trug ein langes, enges
schwarzes Crêpekleid, das oben so früh aufhörte, als eben noch
vertretbar war. Das frischgewaschene Haar fiel ihr lose auf die
Schultern. Sie blickte hoffnungsvoll zu den beiden Männern
auf.
»Sei nicht albern, Mädchen! Du hast eben erst deinen
Führerschein gemacht!«
»Du behandelst mich immer wie ein Kind, vor allem wenn’s
mal um was Interessantes geht«, gab sie prompt zurück. Jim zögerte. »Wo findet denn dieses Rendezvous
Weitere Kostenlose Bücher