Archer Jeffrey
Einigung zu gelangen.«
»Das ist nur ein Beispiel«, sagte der Präsident, »und die Briten und ihre Diplomatie des fairen Spiels kennen wir zur Genüge.«
»1898«, fuhr Rusk fort, »handelten die Russen einen Pachtvertrag mit neunundneunzig Jahren Laufzeit für Port Arthur in Nordchina aus. Der Hafen war lebenswichtig für sie, weil er, im Gegensatz zu Wladiwostok, das ganze Jahr über eisfrei ist.«
»Ich wußte gar nicht, daß die Russen einen Hafen in China haben.«
»Sie haben ihn ja auch nicht mehr, Mr. President. 1955 gaben sie ihn an Mao zurück, zum Zeichen der Freundschaft unter sozialistischen Bruderstaaten.«
»Sie können Gift darauf nehmen, daß die Sowjets uns dieses Stück Land nicht zum Zeichen der Freundschaft überlassen werden«, antwortete der Präsident. »Bleibt mir denn keine Alternative?«
»Abgesehen von einer militärischen Aktion, durch die wir die Sowjets an der Einforderung ihres rechtmäßigen Anspruchs hindern – nein, Sir«, antwortete der Außenminister.
»Ein Johnson kauft also im Jahre 1867 den Russen das Land ab, und ein anderer muß es ihnen 1966 wieder verkaufen. Warum haben Seward und der damalige Präsident der USA nur einer so schwachsinnigen Idee zugestimmt?«
Der Justizminister nahm seine Brille ab. »Der Kaufpreis für das betreffende Stück Land belief sich damals auf sieben Komma zwei Millionen Dollar, und Inflation war damals praktisch unbekannt. Andrew Johnson konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, daß es den Russen jemals einfallen würde, dieses Gebiet um das Neunundneunzigfache seines ursprünglichen Wertes oder, in realen Zahlen ausgedrückt, um siebenhundertzwölf Komma acht Millionen Dollar in Gold zurückzukaufen. In Wirklichkeit ist der jetzt anstehende Preis infolge der jahrelangen Inflation geradezu billig, wie sich zeigt: Die Russen haben den gesamten Betrag bereits bei der New Yorker Bank deponiert.«
»Eine Hoffnung, daß sie vielleicht nicht rechtzeitig zahlen, gibt es für uns also auch nicht mehr«, stellte der Präsident fest.
»Offenbar nicht, Sir!«
»Warum zum Teufel wollte Zar Alexander dieses verdammte Land damals überhaupt verpachten? Das kapier’ ich einfach nicht.«
»Er hatte damals gewisse Schwierigkeiten mit einigen seiner Minister, weil er russische Besitzungen in Ostasien verkaufte. Alexander glaubte wohl, seinen Vertrauten diese Transaktionen schmackhafter machen zu können, indem er sie ihnen bloß als langfristigen Pachtvertrag mit Rückkaufklausel und nicht einfach als Verkauf präsentierte.«
»Und warum erhob der amerikanische Kongreß keinen Einspruch?«
»Nachdem Ihr Vorgänger den Hauptvertrag ratifiziert hatte, mußten die Zusatzklauseln – genaugenommen – von den Abgeordneten nicht mehr sanktioniert werden, da sie für die Regierung der Vereinigten Staaten keine weiteren Ausgaben nach sich zogen«, erklärte Rusk. »Seward war sogar noch stolz darauf, daß er in der Rückkaufklausel einen derart hohen Betrag festgesetzt hatte. Er hatte damals jeden Grund zur Annahme, daß es unmöglich sein würde, die Summe für den Rückkauf je aufzubringen.«
»So viel machen heute allein die jährlichen Einnahmen aus dem Erdölgeschäft aus«, antwortete der Präsident. Er war ans Fenster des Oval Office getreten und blickte zum Washington Monument hinüber. »Und von dem militärischen Chaos, das hierzulande ausbrechen wird, wenn die Sowjets tatsächlich ihre Kopie des Vertrages in die Hände bekommen, möchte ich gar nicht reden. Vergessen Sie nicht, daß ausgerechnet ich als Präsident vom Kongreß Milliarden von Dollar für die Errichtung des Frühwarnsystems unmittelbar hinter der Grenze verlangt habe, damit das amerikanische Volk ruhig schlafen kann. Was unternehmen also die Briten in dieser Sache?«
»Sie halten dicht, wie üblich, Mr. President. Angeblich befindet sich gegenwärtig ein britischer Staatsbürger im Besitz des Dokuments, und unsere englischen Kollegen scheinen insgeheim noch immer davon auszugehen, daß sie vor den Sowjets an ihn und die Ikone herankommen. Wer weiß, vielleicht erweisen sie sich tatsächlich als unsere Retter in der Not.«
»Wie schön, daß sie zur Abwechslung einmal uns zu Hilfe kommen«, antwortete der Präsident. »Soll das heißen, daß wir nur auf dem Hintern gesessen und Daumen gedreht haben, während sie unsere Probleme für uns zu lösen versuchen?«
»Nein, Sir! Der CIA befaßt sich seit über einem Monat mit dieser Angelegenheit.«
»Dann ist es aber höchst erstaunlich,
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