Archer Jeffrey
blendendes Aussehen war, so empfand er doch noch größeren Stolz über Kondition und Statur. Mit neunundzwanzig Jahren und einer Größe von ein Meter achtzig wog er fünfundsiebzig Kilo wie eh und je, und seine Muskeln waren hart und straff geblieben.
Wieder im Schlafzimmer hörte Romanow das Prasseln der Dusche im Bad nebenan. Er schlich zur Tür und drückte sie vorsichtig auf: Anna stand unter den dampfenden Wasserstrahlen. Er lächelte, als er die deutlichen Umrisse ihres Körpers sah, zog sich lautlos über den dicken weichen Teppich zurück und schlüpfte erwartungsvoll zwischen die Laken in Annas Bett.
Adam stellte die eisige Dusche ab und begab sich Minuten später angezogen in die Küche, um mit Lawrence zu frühstücken.
»Für Warmwasser kann ich dir immer noch nichts verrechnen, stimmt’s«, sagte Lawrence aufblickend, als Adam ihm über die Schulter auf den neuesten Kricketbericht in die Zeitung schaute.
»Warum haben wir bloß keine überragenden Werfer?« fragte
Adam mit gespielter Entrüstung.
»Zum Tratsch mit Arbeitslosen fehlt mir die Zeit.« Lawrence
griff nach seiner Aktenmappe. »Der Schah von Persien möchte finanzielle Probleme mit mir erörtern. Tut mir leid, daß du deine Cornflakes allein essen mußt, aber ich darf Seine
Kaiserliche Hoheit nun mal nicht warten lassen.« Sprach’s und überließ Adam seinem Schicksal.
Adam kochte sich ein weiches Ei. Ihm verbrannten ein paar Scheiben Toast – ›Hausfrau des Jahres‹ beim Preisausschreiben der Daily Mail werde ich so wohl nicht werden, dachte er –, bevor er sich in der Zeitung über die neuesten Verlustmeldungen aus Vietnam und über Präsident Johnsons geplante Fernostreise informierte. Er spülte ab, machte sein Bett, räumte bei Lawrence auf – die neunjährige Selbstdisziplin beim Militär ließ sich nicht so rasch verleugnen – und ließ sich nachdenklich im Sessel nieder.
Daß er eine Entscheidung fällen mußte, war klar. Aber wie, überlegte er dann am Schreibtisch, könnte er sich eine Übersetzung des offiziellen Dokuments beschaffen, ohne Argwohn zu erwecken?
Wie geistesabwesend holte er die Bibel vom Regal und nahm den Brief heraus, den er am Vorabend gelesen hatte. Der letzte Absatz gab ihm einfach nach wie vor Rätsel auf. Er las Heidis Übersetzung noch einmal gründlich durch:
Sie brauchen nichts weiter zu tun, als sich bei der Adresse einzufinden, die auf dem beigelegten Dokument oben rechts angegeben ist, und einen Nachweis mitzubringen, daß Sie Colonel Gerald Scott sind. Ein Paß dürfte genügen. Daraufhin wird Ihnen ein Legat übergeben werden, das ich Ihnen unter dem Namen Emmanuel Rosenbaum vermacht habe. Ich hoffe, es bringt Ihnen Glück.
Es war Adam völlig schleierhaft, worin dieses Vermächtnis bestehen konnte, ganz zu schweigen davon, welchen Wert es haben mochte. Mit dem Dokument in der Hand überlegte er, wie es einem schlechten Menschen wenige Stunden vor seinem Tod – und Göring hatte gewußt, daß er sterben würde – noch eine gute Tat in den Sinn kommen konnte – eine Tat, mit der er, Adam, sich jetzt auseinandersetzen mußte, ob er wollte oder nicht.
Romanow raffte die Decken zusammen und schleuderte sie mit einem Ruck zu Boden, so daß Anna wie ein kleines Kind zusammengerollt, nackt dalag; ihre Knie berührten beinahe ihre Brüste. Unsicher tastete sie nach einem Zipfel des Lakens, um sich zu bedecken.
»Frühstück im Bett?« murmelte sie hoffnungsvoll. »In zehn Minuten bist du angezogen, sonst gibt’s überhaupt kein Frühstück!« befahl er.
Behutsam setzte Anna die Füße auf den dicken Teppich und blieb sitzen, bis sich ihr das Zimmer nicht mehr vor den Augen drehte; Romanow mußte grinsen, als sie entschlossen im Bad verschwunden war und von der prasselnden Dusche plötzlich ihr greller Aufschrei herüberklang – er hatte den Temperaturregler auf Dunkelblau stehen gelassen.
Beim Frühstück im Speisesaal dachten sie angestrengt über die beste Strategie gegenüber der Bank nach, falls Anna Petrowa die Ikone tatsächlich als Rubljews Meisterwerk bestätigen könnte. Romanow schaute sich unablässig um und sagte plötzlich, ohne jede Vorwarnung:
»Gehen wir.«
»Aber warum?« fragte Anna, die eben in einen frischen Toast
biß. Aber Romanow war schon aufgestanden und schritt unbeirrbar aus dem Saal, schnurstracks auf den Lift zu. Anna Petrowa konnte ihren Chef gerade noch einholen, bevor sich die Lifttüren schlossen. »Aber warum?« fragte sie erneut. Romanow jedoch
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