Archer Jeffrey
gewährleisten, daß ich zwar die Gerichtsverhandlung überleben, mich aber dem Scharfrichter entziehen würde.
»Ist das alles?« fragte Sir Morris.
»Leider ja«, antwortete Lawrence. »Allerdings glaube ich,
daß es bestätigt, was Scott mir gestern abend als Grund für
seine Reise nach Genf angab. Meiner Meinung nach besteht
kein Zweifel daran, daß das Päckchen, welches er abholte, jene Ikone vom heiligen Georg mit dem Drachen enthielt, die Göring seinem Vater vermacht hatte.«
»Der heilige Georg mit dem Drachen?« unterbrach Matthews.
»Das ist doch die Ikone, die der KGB schon seit zwei Wochen fieberhaft sucht! Und meine Abteilung plagt sich die ganze Zeit herauszufinden, weshalb.«
»Und was haben Sie herausgefunden?« erkundigte sich Sir
Morris.
»Sehr wenig«, gab Matthews zu. »Wir beginnen allmählich
zu glauben, daß es sich um einen Köder handeln muß. Die
Zaren-Ikone, welche den heiligen Georg mit dem Drachen darstellt, hängt nämlich im Winterpalast zu Leningrad – und das schon seit dreihundert Jahren.«
»Sonst noch etwas?« fragte Sir Morris.
»Nur, daß der Leiter der mit der Suche nach der Ikone betrauten Abteilung Alex Romanow ist …«
Snell stieß einen leisen Pfiff aus. »Dann wissen wir wenigstens, daß wir es mit der Nationalliga zu tun haben«, stellte er fest.
Eine lange Pause trat ein, bis Sir Morris sich endlich äußerte:
»Zwei Dinge sind jedenfalls klar: Wir müssen die ersten sein, die an Scott herankommen, und wir haben allen Grund zur Annahme, daß unser Gegenspieler Romanow heißt. Was werden wir in dieser Sache also unternehmen?«
»Alles, was in unserer Macht steht«, erwiderte Lawrence. »Gemeinsam mit den Amerikanern verfügen wir in Genf über siebzehn Agenten, die alles daransetzen, um Scott ausfindig zu machen.«
»Die Schweizer Polizei hat zu genau demselben Zweck rund tausend Mann abgestellt – selbst wenn kein Mensch weiß, auf wessen Seite zu stehen sie sich eigentlich einbilden«, ergänzte Snell.
Lawrence ergriff das Wort. »Es war praktisch unmöglich, sie davon zu überzeugen, daß Scott nicht die geringste Schuld an den beiden Morden trägt. Wir werden ihn wahrscheinlich herausholen müssen, ohne uns allzusehr auf die Mitarbeit der Schweizer verlassen zu können.«
»Und was, meinen Sie, wäre die Folge, wenn es Romanow oder diesem Rosenbaum, der wohl auch zum KGB gehört, gelänge, vor uns an Scott heranzukommen?« fragte Matthews.
»Ein Zivilist gegen einen der skrupellosesten Agenten der Sowjetunion? Ich bitte Sie!« erwiderte Commander Bush.
Lawrence neigte sich zu dem Amerikaner hinüber. »Ich kenne Adam beinah mein ganzes Leben lang. Die Ironie seiner mißlichen Situation liegt darin, daß ich persönlich – ohne sein Wissen – empfohlen habe, ihn für einen Posten im ›Northern Department zu testen. Ich wollte, daß er zu uns kommt, sobald er den Ausbildungskurs hinter sich gebracht hat. Wenn Romanow – oder irgendein anderer aus seiner Meute – an Scott gerät, wäre er gut beraten, daran zu denken, daß Adam mit dem Militärverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, nachdem er sich mit Tausenden von Chinesen herumgeschlagen hatte.«
»Wenn es wirklich Romanow ist«, fragte Snell, »wäre Scott in der Lage, mit ihm fertigzuwerden?«
»Gestern noch hätte ich nein gesagt, – aber das war, bevor Rosenbaum Adams Freundin umgebracht hat«, entgegnete Lawrence.
»Selbst jetzt räume ich ihm nicht eben große Chancen ein«, meldete sich Bush zu Wort.
»Ich auch nicht«, stimmte ihm Matthews bei.
»Weil Sie Adam Scott nicht kennen!« rief Lawrence.
Matthews senkte den Blick; er wollte einen Zusammenstoß mit seinem unmittelbaren Vorgesetzten vermeiden. Sein Boß – und dabei zehn Jahre jünger als er. Zwei waren in die engere Wahl gekommen, und wieder hatte man einen »Oxbridge« Mann zum Abteilungsleiter gewählt. Matthews wußte, daß er, was das Foreign Office betraf, die falsche Schule und die falsche Universität besucht hatte. Er hätte sich an den Rat seines Vaters halten und zur Polizei gehen sollen. Dort gab es keine Klassenschranken, und er wäre inzwischen gewiß schon längst Polizeichef.
Sir Morris überging den kurzen Ausbruch; derlei gehörte beinah zur Routine, seit er Pemberton Matthews vorgezogen hatte.
»Dürfen wir vielleicht erfahren«, schaltete sich Snell ein, wobei er Bush fest ansah, »weshalb eine verhältnismäßig unbedeutende Ikone sowohl für die Sowjets als auch für die Vereinigten Staaten von so
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