Archer Jeffrey
Busse, drängte sich durch das Gewühl der Fußgänger und versuchte auf diese Weise, den Fünfzig-Meter-Abstand zwischen ihm und seinem Verfolger zu vergrößern. Bei der ersten Querstraße sah er, wie eine rundliche Dame eben aus einer nur wenige Meter entfernten Telefonzelle trat. Blitzschnell änderte er die Richtung, stürzte in die leere Zelle und kauerte sich in die Ecke, die von außen am wenigsten eingesehen werden konnte. Die Tür fiel langsam und mit einem schnalzenden Geräusch zu. Rosenbaum schoß wie der Blitz um die Straßenecke und war bereits zwanzig Meter an der Telefonzelle vorbei, ehe er merkte, daß Adam wieder herausgestürzt war und die Straße nun in der Gegenrichtung hinunterlief. Adam wußte, daß ihm mindestens fünf Sekunden blieben, bevor Rosenbaum erkannt haben konnte, welche Richtung er eingeschlagen hatte. Eins und zwei und drei und vier und fünf, zählte er, bremste plötzlich ab, lief drei Stufen hoch, stieß eine Schwingtür auf und stand vor einem kleinen Kassenschalter, hinter dem eine junge Frau mit einem dünnen Bündel Karten saß.
» Deux Francs, Monsieur « , sagte sie. Adam musterte die kleine Kabine, in der die Frau saß, nahm zwei Franken aus der Tasche und machte sich auf den Weg durch einen langen finsteren Korridor und eine weitere Schwingtür. Er blieb im Hintergrund stehen und wartete, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Es war die erste Vorstellung an diesem Tag. Das Kino war beinahe leer. Adam wählte einen Sitz am Ende einer Reihe, die von beiden Ausgängen gleich weit entfernt war.
Er starrte auf die Leinwand, dankbar, daß der Film eben erst begonnen hatte, denn er brauchte Zeit, um sich einen Plan zurechtzulegen. Wann immer die Leinwand hell genug war, überprüfte er die kleine rote Straßenlinie auf seiner Karte, und mit seinem Daumen als Maßstab gelang es ihm, zu berechnen, daß die nächste Grenze zu Frankreich bei Ferney-Voltaire nur dreizehn Kilometer entfernt lag. Von dort könnte er über Dijon nach Paris fahren und beinah so rasch wieder zu Hause sein, als es dauern würde, sich hier eine zweite Vorstellung von Exodus anzusehen.
Nachdem Adam seine Route festgelegt hatte, beschäftigte er sich mit dem nächsten Problem – nämlich wie er reisen sollte. Er schloß alle Arten von öffentlichen Verkehrsmitteln aus und beschloß, ein Auto zu mieten. Während der Pause blieb er sitzen und prüfte die Routen nochmals nach. Als Paul Newman wieder auf der Leinwand erschien, faltete Adam die Karte zusammen und verließ das Kino durch jenen Ausgang, der in den vergangenen vier Stunden am wenigsten benutzt worden war.
Als Sir Morris das Zimmer betrat, in dem die Sitzung des »Northern Department« stattfinden sollte, stellt er fest, daß die übrigen D4-Mitglieder bereits versammelt waren und sich mit den Unterlagen vertraut machten, die ihnen erst vor einer Stunde übermittelt worden waren.
Er blickte die um den Tisch sitzenden Männer an, allesamt speziell für diese Aufgabe ausgewählte D4-Leute; aber nur einen dieser Männer hielt er für ebenbürtig. Nicht das alte Schlachtroß Alec Snell, der länger als jeder andere im Foreign Office gedient hatte und nun nervös an seinem Schnurrbart zupfte, während er wartete, daß Sir Morris Platz nahm. Neben Snell saß Brian Matthews, im Department als »die ausgeglichene Natur« bekannt – ein Schullehrertyp mit mehreren Auszeichnungen und einem ausgeprägten Minderwertigkeitskomplex. Ihm gegenüber saß Commander Bush, als Vertreter des CIA, dem so leicht die Sicherungen durchbrannten. Nach fünf Jahren an der Botschaft am Grosvenor Square hielt er sich für britischer als die Briten, und zum Beweis dafür ahmte er sogar den Kleidungsstil der Foreign-Office-Beamten nach. Am anderen Ende des Tisches saß Sir Morris’ Stellvertreter, von dem manche behaupteten, er sei eigentlich ein wenig zu jung für seine Stellung. Allerdings hatten alle außer Tessa vergessen, daß Sir Morris diese Stellung im gleichen Alter innegehabt hatte.
Sobald Sir Morris am oberen Ende des Tisches Platz genommen hatte, verstummten die vier Mitglieder des Komitees.
»Meine Herrn!« begann er – denn als einzige Dame war bloß Tessa anwesend, und deren Existenz nahm er kaum jemals zur Kenntnis –, »der Premierminister hat dem D4 seinen uneingeschränkten Segen erteilt. Und er wünscht, daß ihm alle zwölf Stunden ein genauer Lagebericht übermittelt wird – gleichgültig, wo er sich aufhält, und zu jeder
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