Archer Jeffrey
ja doch nicht glauben.«
»Warum sollte ich Ihnen nicht glauben?« antwortete sie. »Sie sehen weder wie Prinz Charles aus noch wie Elvis
Presley – also spucken Sie endlich Ihren Namen aus!« »Ich bin Adam Scott.«
»Soll ich jetzt in Entzücken geraten und Ihnen um den Hals
fallen oder vor Entsetzen schreiend davonrennen?«
Mit einem Schlag wurde Adam klar, daß dieses Mädchen seit mindestens zwei Tagen weder ferngesehen noch Zeitung gelesen haben konnte. Er änderte seine Taktik. »Ich habe geglaubt, Robin Beresford sei in diesem Zimmer einquartiert«, erklärte er keck.
»Das habe ich auch geglaubt, bis ich Sie auf meinem Bett liegen sah.«
»Sind Sie Robin Beresford?«
»Für jemanden, der eben erst aufgewacht ist, sind Sie ganz schön helle!«
»Aber wieso heißen Sie Robin?«
»Ist ja nicht meine Schuld, daß mein Vater unbedingt einen Jungen haben wollte«, erwiderte sie. »Aber Sie haben mir noch immer nicht erklärt, was Sie auf meinem Bett suchen«.
»Besteht irgendeine Chance, daß Sie mir fünf Minuten zuhören, ohne mich ständig zu unterbrechen?« fragte Adam.
»Gewiß, aber bemühen Sie sich nicht, mir ein Märchen aufzutischen. Mein Vater war ein geborener Lügner, und schon als ich zwölf war, habe ich ihn durchschaut, als sei er aus Fensterglas.«
»An Ihrer Stelle würde ich mich setzen«, erwiderte Adam.
»Es wird um einiges länger dauern als die durchschnittlichen Kontrabaßstellen in einer Symphonie.«
»Ich bleib’ lieber stehen, wenn es Sie nicht stört«, antwortete Robin. »Wenigstens bis zur ersten Lüge.«
»Wie Sie wollen! Womit soll ich anfangen? Mit der guten oder mit der schlechten Nachricht?«
»Mit der schlechten!«
»Die Schweizer Polizei will mich festnehmen und …« »Weswegen?« unterbrach ihn Robin.
»Mord!«
»Und wie lautet die gute Nachricht?« fragte sie. »Ich bin unschuldig!«
Romanow stand im Büro des Konsuls; seine Finger ruhten auf der Tischplatte. »Ich mache mir selbst Vorwürfe«, begann er sehr leise, »sogar mehr als Ihnen. Ich habe den Engländer unterschätzt. Er ist ausgesprochen tüchtig, und wenn irgendeiner von Ihnen glaubt, ihn erledigen zu können, bevor ich ihn erwische, muß er sehr gut sein.«
Keiner der Männer, die in dieser Nacht im Büro des Konsuls versammelt waren, schien anderer Meinung zu sein als der Genosse Major.
Romanow musterte schweigend die Agententruppe, welche kurzfristig aus verschiedenen Satellitenstaaten eingeflogen worden war: Sie alle waren langjährige treue Diener des Staates, aber nur einen, Waltschek, kannte er persönlich, und der arbeitete zu eng mit Zaborski zusammen, als daß er tatsächlich vertrauenswürdig hätte sein können. Außerdem hatte sich Romanow bereits mit der Tatsache abfinden müssen, daß sich kaum einer der Männer in Genf auskannte. Er konnte daher nur inständig hoffen, daß die Engländer und Amerikaner mit dem gleichen Problem zu kämpfen hatten.
Romanow ließ seinen Blick durch das Zimmer wandern. Die besten Chancen, Scott zu finden, hatte die Schweizer Polizei, aber sie war alles andere als hilfsbereit, überlegte er unwirsch. Allerdings weigerten sich die Schweizer zu seiner Genugtuung auch, mit den Engländern oder den Amerikanern zusammenzuarbeiten.
»Genossen«, sagte er, nachdem alle Platz genommen hatten, »ich brauche Sie wohl nicht daran zu erinnern, daß wir eine Aufgabe vor uns haben, die für unser Vaterland von geradezu lebenswichtiger Bedeutung ist.« Er hielt inne, um festzustellen, ob sich auf einem der Gesichter auch nur das leiseste Anzeichen von Zynismus zeigte. Zufrieden fuhr er fort: »Daher werden wir Genf auch weiterhin schärfstens überwachen – für den Fall, daß Scott sich noch immer irgendwo in der Stadt versteckt hält. Ich persönlich glaube, daß er noch in Genf ist und, wie alle Amateure, bis zur Dunkelheit oder vielleicht sogar bis zur Morgendämmerung warten wird, bevor er versucht, die nächste Grenze zu erreichen. Höchstwahrscheinlich nimmt er die französische Grenze. Ungeachtet der Tatsache, daß die Engländer in den letzten fünfzig Jahren zwei Kriege gegen die Deutschen geführt haben, machten sie sich nie die Mühe, die deutsche Sprache zu erlernen, französisch sprechen einige Engländer dagegen leidlich. Scott wird sich daher vermutlich eher in Frankreich sicher fühlen. Außerdem hätte er so den Vorteil, nur eine Grenze passieren zu müssen, um an die Küste zu gelangen. Sollte er dumm genug sein und versuchen, mit dem Flugzeug zu
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