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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mann von Ehre
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mit.
    »Erledigen Sie ihn!« sagte Romanow. Waltschek war dankbar für den klaren, windstillen Tag. Er hielt das Visier des Gewehrs auf Adams Rücken gerichtet, wartete, bis dieser drei weitere Schritte gemacht hatte, und drückte langsam den Abzug durch. Adam hatte die Anhöhe fast erreicht. Da traf ihn die Kugel. Sie durchschlug seine Schulter. Mit einem dumpfen Aufprall stürzte er zu Boden. Romanow lächelte und senkte das Fernglas.
Adam wußte genau, was da seine Schulter getroffen hatte und woher der Schuß gekommen war. Instinktiv ließ er sich bis zum nächsten Baum rollen. Da setzte der Schmerz ein. Obwohl das Geschoß wegen der Entfernung viel von seiner Kraft verloren hatte, brannte die Wunde wie ein Schlangenbiß. Schon begann Blut aus dem zerrissenen Muskel durch den Trenchcoat zu sickern. Adam wandte sich um, sah aber niemand. Er wußte jedoch, daß Romanow noch dort drüben stehen mußte, und daß er mit Sicherheit nur darauf wartete, einen zweiten Schuß abzufeuern.
    Mühsam drehte er sich wieder um und blickte hoch, zum Kamm des Hügels. Nur mehr dreißig Meter, und er befände sich hinter dem Hügel und in Sicherheit. Aber dazu mußte er den Scheitelpunkt passieren – was bedeutete, daß er einige lebenswichtige Sekunden lang völlig ungeschützt blieb. Und selbst wenn er es schaffen sollte, konnte Romanow mit dem Wagen ihn in längstens dreißig Minuten einholen.
    Dennoch war es Adams einzige Chance. Langsam, ganz langsam, kroch er Zentimeter für Zentimeter den Hang hinauf, dankbar für den Baum dort oben, den er immer noch als Deckung benutzen konnte. Erst ein Arm, dann ein Bein, wieder ein Arm, wieder ein Bein – er kam sich vor wie eine gestrandete Krabbe. Nachdem er zehn Meter hinter sich gebracht hatte, stellte er fest, daß der Winkel denkbar ungünstig für ihn war und er Romanow ein flaches, sich nur langsam bewegendes Ziel bot. Adam robbte vier Körperlängen weiter und hielt dann inne.
    Man kann ein Gewehr nicht ewig in Anschlag haben, überlegte er. Langsam zählte er bis zweihundert.
     
    »Ich vermute, daß er versuchen wird, hinaufzurennen«, sagte
    Romanow zu Waltschek und hob wieder das Fernglas. »Das heißt, Sie haben etwa drei Sekunden Zeit. Ich rufe, sobald er sich bewegt.« Er hielt das Fernglas auf den Baum gerichtet.
    Plötzlich sprang Adam in die Höhe und sprintete los, als hätte er die letzten zwanzig Meter eines olympischen Finallaufs vor sich. Romanow brüllte: »Jetzt!« Waltschek riß das Gewehr an die Schulter, zielte auf den laufenden Mann und drückte ab, als Adam eben über die Kuppe des Hügels hechtete. Die zweite Kugel pfiff haarscharf an seinem Kopf vorbei.
    Romanow schaute durch das Fernglas und stieß einen wilden Fluch aus: Waltschek hatte sein Ziel verfehlt. Er wandte sich der Landkarte auf der Kühlerhaube zu. Die anderen traten neben ihn. Romanow überlegte, welche Möglichkeiten ihnen noch blieben.
    »Diese Straße da könnte er in etwa zehn Minuten erreichen«, sagte er und legte den Finger mitten auf eine kleine rote Linie, die zwischen Neuchâtel und der französischen Grenze verlief.
    »Es sei denn, die erste Kugel hat ihn getroffen. Dann wäre es denkbar, daß er länger braucht. Wie lange benötigen Sie bis zu dieser Grenze?« fragte er den Fahrer.
    Der Chauffeur beugte sich über die Landkarte. »Etwa fünfundzwanzig, höchstens dreißig Minuten, Genosse Major«, lautete die Antwort.
    Romanow wandte sich um und blickte nochmals zu den Hügeln hinüber.
     
    »Dreißig Minuten, Scott, so lange hast du noch zu leben …«
    Als der Wagen davonraste, rannte der kleine Junge so schnell er konnte nach Hause. Atemlos berichtete er seiner Mutter von seinen Erlebnissen. Diese lächelte verständnisvoll. Kinder haben ja eine so lebhafte Phantasie!
    Als Adam aufsah, stellte er erleichtert fest, daß die Straße nur etwa anderthalb Kilometer entfernt war. Er trabte in gleichmäßigem Tempo auf sie zu, stellte aber bald fest, daß ihm das Laufen noch schwerer fiel als das Robben. Er wäre gerne stehengeblieben, um die Wunde zu untersuchen, aber er wartete, bis er die Straße erreichte. Die Kugel hatte die äußeren Fleischteile seines Schultermuskels verletzt, und die Schmerzen, die er verspürte, waren inzwischen beträchtlich. Nur zwei Zentimeter tiefer – und er hätte sich nicht mehr bewegen können. Er war sehr froh, als er merkte, daß das Blut nur einen kleinen Fleck auf dem Trenchcoat hinterlassen hatte. Adam faltete sein Taschentuch so, daß es

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