Archer Jeffrey
erforderlich, daß Rußland auf dem Schlachtfeld so mächtig bleibt wie die USA, um das politische Gleichgewicht nicht nur mit Worten, sondern auch mit Waffen zu gewährleisten.«
Im Oval Office sah Lawrence, wie die Fernsehkameras über die nunmehr schockierten Gesichter der Mitglieder beider Kammern strich, und ihm war klar, daß es Zerimskij binnen vierzig Sekunden gelungen war, jede Chance zunichte zu machen, daß seine Abrüstungspläne je Gesetz würden.
Der Rest von Zerimskijs Rede wurde schweigend aufgenommen. Als er vom Podium stieg, streckten sich ihm keine Hände entgegen, und der kurze spärliche Beifall beim Verlassen des Saals war lediglich eine höfliche, nichtssagende Geste.
Connor schaltete das Radio ab, als der weiße BMW über die Wisconsin Avenue fuhr. Am Tor der russischen Botschaft checkte einer von Romanows Helfern sie durch die Sicherheitskontrollen.
Zum zweitenmal in drei Tagen wurde Connor durch den weißen Marmoreingang geführt. Er erkannte sofort, wie recht Romanow mit seiner Behauptung hatte, daß die Sicherheitsmaßnahmen im Botschaftsgebäude lasch waren. »Wer würde denn schon Rußlands geliebten Präsidenten in seiner eigenen Botschaft ermorden wollen?« hatte er mit einem Lächeln bemerkt.
Während sie durch den langen Korridor schritten, sagte Connor zu Romanow: »Sie dürfen sich hier offenbar ungehindert bewegen.«
»Das dürften Sie auch, wenn Sie so viel auf das Schweizer Bankkonto des Botschafters überweisen würden, daß er nie wieder in sein Vaterland zurückkehren muß.«
Romanow benahm sich in der Botschaft, als wäre er hier zu Hause. Er schloß sogar die Tür zum Arbeitszimmer des Botschafters auf. Gemeinsam betraten sie den prunkvollen Raum, und Connor bemerkte überrascht, daß auf dem Schreibtisch eine offenbar spezialgefertigte Remington 700 lag. Er hob die Waffe hoch und nahm sie in Augenschein. Er hätte Romanow gern gefragt, wie er zu der Waffe gekommen war, wußte jedoch, daß er nicht mit einer ehrlichen Antwort rechnen konnte.
Er öffnete das Schloß der Waffe. In der Kammer befand sich eine einzige Patrone. Er zog eine Braue hoch und blickte Romanow fragend an.
»Ich nehme an, daß Sie aus dieser Entfernung mit einem Schuß Ihr Ziel treffen«, sagte der Russe. Er führte Connor zur hinteren Ecke des Raumes und zog einen Vorhang zur Seite, wodurch der Privatlift des Botschafters sichtbar wurde. Sie stiegen hinein, schlossen ihn und fuhren damit langsam in den zweiten Stock zur Galerie über dem Ballsaal.
Connor untersuchte jeden Zoll der Galerie mehrmals; dann zwängte er sich hinter die große Lenin-Statue und blickte durch ihren abgewinkelten Arm, um die Stelle anzuvisieren, wo Zerimskij seine Abschiedsrede halten würde. Er vergewisserte sich, daß er gute Sicht hatte, ohne selbst gesehen zu werden. Er sagte sich gerade, wie einfach das Ganze erschien, als Romanow ihm auf den Arm tippte und zurück zum Lift dirigierte.
»Sie werden mehrere Stunden vor dem Bankett kommen und mit dem Partyservice arbeiten müssen«, sagte Romanow.
»Warum?«
»Die Leute vom Partyservice werden als Dienstboten betrachtet, und Dienstboten nimmt man für gewöhnlich nicht wahr. Es gibt keine perfektere Tarnung. Daher können Sie auch kurz vor Zerimskijs Rede verschwinden, ohne daß es auffällt.«
Romanow blickte auf die Uhr. »Wir sollten gehen. Zerimskij dürfte bald zurück sein.« Connor nickte. Sie begaben sich zum Hintereingang, wo der BMW wartete. Beim Einsteigen sagte Connor: »Ich gebe Ihnen Bescheid, sobald ich mich für den geeigneten Tatort entschieden habe.«
Romanow wirkte überrascht, schwieg aber.
Nur Minuten bevor Zerimskij vom Capitol zurückkam, fuhren sie durchs Tor des Botschaftsgeländes. Connor schaltete das Radio gerade rechtzeitig für die Spätnachmittagnachrichten ein. »Senatoren und Kongreßabgeordnete stürzten sich auf die Mikrofone, um ihren Wählern zu versichern, daß sie nach Zerimskijs Rede auf keinen Fall für die Gesetzesvorlage zur nuklearen, biologischen, chemischen und konventionellen Waffenabrüstung stimmen würden.«
Im Oval Office hatte Tom Lawrence den CNN-Berichterstatter, der auf der Pressegalerie des Senats stand, auf dem Bildschirm. »Aus dem Weißen Haus ist noch keine offizielle Erklärung abgegeben worden«, sagte er soeben, »und der Präsident…«
»Du brauchst auch gar nicht auf eine Erklärung zu warten«, brummte Lawrence verärgert und schaltete den Fernseher aus. Er wandte sich seinem Stabschef zu. »Andy,
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