Archer Jeffrey
ich bin mir nicht mal sicher, daß ich morgen nachmittag vier Stunden neben diesem Mann sitzen kann und erst recht nicht, ob ich es am Abend fertigbringe, auf seine Abschiedsrede zu reagieren.«
Lloyd schwieg.
»Ich freue mich darauf, neben meinem teuren Freund Tom zu sitzen und zu beobachten, wie er sich vor Millionen von Zuschauern zum Hanswurst macht«, sagte Zerimskij, als seine Limousine auf das Gelände der russischen Botschaft fuhr. Dimitrij Titow schwieg. »Ich glaube, ich werde die Redskins anfeuern. Es wäre eine zusätzliche Freude, wenn Lawrence’ Mannschaft verliert.« Zerimskij grinste boshaft. »Ein passendes Präludium für die Demütigung, die ich am Abend für ihn geplant habe. Schreiben Sie mir eine so schmeichelhafte Rede, daß sie im nachhinein noch tragischer erscheint.« Wieder lächelte er boshaft. »Ich habe befohlen, das Rinderfilet kalt zu servieren. Und selbst Sie werden staunen, was ich mir als Dessert ausgedacht habe.«
Connor überlegte an diesem Abend mehrere Stunden, ob er das Risiko eingehen sollte, eine lebenslange Regel zu brechen. Er rief Romanow ein paar Minuten nach Mitternacht an. Der Russe schien sich zu freuen, daß sie beide zur gleichen Folgerung gekommen waren. »Ich werde Sie um fünfzehn Uhr dreißig abholen lassen, damit Sie gegen sechzehn Uhr in der Botschaft sein können.«
Connor legte auf. Wenn alles planmäßig verlief, wurde der Präsident gegen sechzehn Uhr bereits tot sein
»Wecken Sie ihn.«
»Aber es ist vier Uhr früh!« protestierte der Erste Botschaftsse
kretär.
»Wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, dann wecken Sie ihn. Und zwar
sofort!«
Der Erste Botschaftssekretär warf sich einen Morgenmantel
über, rannte aus dem Schlafzimmer und den Flur hinunter. Er
klopfte an die Tür. Da keine Reaktion erfolgte, klopfte er noch
einmal. Augenblicke später war unter der Tür ein Lichtschimmer
zu sehen.
»Herein«, brummte eine schläfrige Stimme Der Erste Botschaftssekretär betrat das Schlafzimmer seines Chefs.
»Verzeihen Sie die Störung, Exzellenz, aber ein Mr. Stefan Iwanitskij ruft aus St. Petersburg an. Er besteht darauf, den Präsidenten zu sprechen Er sagt, er habe eine wichtige Nachricht für ihn.« »Ich nehme den Apparat in meinem Arbeitszimmer«, brummte
Pjetrowskij. Er schlug die Decke zurück, ohne auf die Proteste
seiner Frau zu achten, rannte die Treppe hinunter und befahl dem
Nachtportier, den Anruf in sein Arbeitszimmer zu legen. Das Telefon hatte bereits mehrmals geläutet, bevor der Botschafter, etwas außer Atem, den Hörer abhob. »Hier Pjetrowskij « »Guten Morgen, Exzellenz«, sagte Iwanitskij »Ich habe gebeten,
zum Präsidenten durchgestellt zu werden, nicht zu Ihnen.« »Aber hier ist es vier Uhr morgens! Kann es nicht noch ein bißchen warten?«
»Botschafter, ich bezahle Sie nicht, damit Sie für mich auf die
Uhr schauen! Die nächste Stimme, die ich hören will, ist die des
Präsidenten Habe ich mich klar genug ausgedruckt?«
Der Botschafter legte den Hörer auf seinen Schreibtisch und
stieg langsam die breite Treppe zum ersten Stock wieder hinauf.
Dabei fragte er sich, vor welchem der beiden Männer er mehr
Angst hatte. Er blieb noch eine Zeitlang vor der Suite des Präsidenten stehen, doch als er den Ersten Botschaftssekretär am Kopf
der Treppe warten sah, faßte er allen Mut zusammen. Er klopfte
leise, doch es rührte sich nichts. Daraufhin klopfte er lauter und
öffnete vorsichtig die Tür
Im Licht des Treppenabsatzes konnten Pjetrowskij und der Erste
Botschaftssekretär sehen, daß Zerimskij sich im Bett rührte. Was
sie allerdings nicht sehen konnten: Der Präsident schob die Hand
unters Kopfkissen, wo er eine Pistole verborgen hatte. »Herr Präsident«, flüsterte Pjetrowskij, als Zerimskij die Nachttischlampe anknipste.
»Ich kann nur hoffen, daß Sie einen triftigen Grund haben, mich
um diese Zeit aus dem Schlaf zu reißen, da Sie doch sicher nicht
den Rest Ihres Lebens als Kühlschrank-Inspektor in Sibirien zubringen wollen.«
»Wir haben einen Anruf für Sie aus St. Petersburg«, sagte der
Botschafter beinahe flüsternd. »Ein gewisser Stefan Iwanitskij. Er
sagt, es sei sehr dringend.«
»Raus aus meinem Zimmer«, brüllte Zerimskij und griff nach
dem Telefon neben seinem Bett.
Die beiden Männer gingen rückwärts auf den Flur, und der Botschafter schloß leise die Tür hinter ihnen.
»Stefan, weshalb rufen Sie zu dieser nachtschlafenden Zeit an?«
fragte Zerimskij. »Hat Borodin wahrend meiner Abwesenheit
einen Putsch
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