Archer Jeffrey
versperrten.
Als der Kandidat dann Augenblicke später die Stufen zum Podium hinaufstieg, applaudierte die Menge noch lauter, und der Jubel
erreichte seinen Höhepunkt, als Zerimskij auf dem Podium nach
vorn schritt. Er blieb stehen und winkte erst in die eine, dann in die
andere Richtung. Inzwischen hätte Connor genau sagen können,
wie viele Schritte Zerimskij machen würde, bevor er sich umdrehte und aufs neue winkte.
Die Leute hüpften immer wieder auf der Stelle, um Zerimskij
besser sehen zu können. Connor achtete nicht auf den Trubel um
ihn herum, sondern hielt ein Auge auf die Polizisten, von denen
die meisten überhaupt nicht zur Bühne schauten. Ohne Zweifel
suchten sie etwas oder jemand Bestimmtes. Ein Gedanke schoß
Connor durch den Kopf, den er jedoch sofort von sich wies. Nein,
es war nicht möglich! Paranoia überfiel ihn. Ein Agent im Ruhestand hatte einmal gesagt, daß es beim letzten Auftrag immer am
schlimmsten war.
Doch im Zweifelsfall lautete die stets zu beachtende Regel: Begib dich aus der Gefahrenzone. Connor schaute sich auf dem Platz
um und überlegte rasch, welchen Ausgang er nehmen sollte. Die
Menge war nun leiser geworden und wartete, daß Zerimskij seine
Rede begann. Connor beschloß, zur Nordseite des Platzes zu gehen, sobald längerer Applaus einsetzte. Auf diese Weise war es
weniger wahrscheinlich, daß man bemerkte, wie er durch die
Menge schlüpfte. Fast wie von selbst hielt er nach Mitchell Ausschau. Der junge Agent stand immer noch wenige Meter rechts
von ihm; vielleicht war er Connor sogar noch ein bißchen näher
gekommen.
Zerimskij ging langsam zum Mikrofon. Die Arme hatte er erhoben, um die Menge darauf aufmerksam zu machen, daß er nun mit
seiner Rede beginnen würde.
»Ich haben Nadel sehen!« erklärte Sergej.
»Wo?« fragte Jackson.
»Dort, etwa zwanzig Schritt von Podest. Er jetzt andersfarbig
Haar und gehen wie alte Mann. Du mir schulden zehn Dollar!« »Wie hast du ihn aus dieser Entfernung entdecken können?«
staunte Jackson.
»Nur er wollen verlassen Platz.«
Jackson gab ihm den Zehndollarschein, gerade als Zerimskij vor
dem Mikrofon stehenblieb Der alte Mann, der ihn in Moskau vorgestellt hatte, saß allein ganz hinten auf dem Podium. Zerimskij
hatte nicht die Absicht, den gleichen Fehler noch einmal zu machen.
»Genossen«, begann er mit schallender Stimme. »Es ist mir eine
große Ehre, als euer Kandidat vor euch zu stehen. Mit jedem Tag
wird mir deutlicher bewußt…«
Als Connor den Blick über die Menge schweifen ließ, fiel ihm
wieder Mitchell auf. Er war noch einen Schritt näher gekommen. »Obgleich wenige unserer Bürger sich eine Rückkehr zum alten
totalitären Regime der Vergangenheit wünschen, ersehnt sich die
Mehrheit…«
Nur da und dort ein belangloses Wort geändert, dachte Connor.
Er bemerkte, daß Mitchell einen weiteren Schritt in seine Richtung
gemacht hatte.
»… doch eine gerechtere Verteilung der Werte, die durch ihr
Können und ihre harte Arbeit geschaffen wurden.« Als die Menge
zu applaudieren begann, machte Connor rasch einige Schritte nach
rechts. Kaum verstummte der Beifall, erstarrte er und rührte keinen
Muskel.
»Warum folgen Mann auf Bank dein Freund?« fragte Sergej. »Weil er ein Amateur ist«, sagte Jackson.
»Oder Profi, wo wissen genau, was tun?« meinte Sergej. Jackson erschrak. »Mein Gott, sag bloß nicht, mich läßt mein Instinkt im Stich.«
»Bis jetzt er nur noch nicht ihn küssen.«
»Seht euch auf den Straßen Moskaus um, Genossen. Ja, ihr werdet Mercedes, BMWs und Jaguars sehen, aber wer fährt sie? Nur
einige Privilegierte…«
Als die Zuhörer wieder zu applaudieren begannen, machte Con
nor noch ein paar Schritte auf das Nordende des Platzes zu. »… Ich freue mich auf den Tag, wenn auf Rußlands Straßen
mehr Familienwagen fahren als Limousinen…«
Connor, der rasch über die Schulter blickte, mußte feststellen,
daß Mitchell zwei oder drei weitere Schritte in seine Richtung
gemacht hatte. Was hatte er vor?
»… und ich sehne den Tag herbei, an dem unser Geld nicht auf
geheime Schweizer Bankkonten wandert, sondern Krankenhäuser
und Kindergarten davon errichtet werden.«
Beim nächsten Applaus mußte er Mitchell unbedingt abhängen.
Doch inzwischen konzentrierte er sich auf Zerimskijs Worte und
wartete den Beifall ab, um sich dann wieder ein Stück in Richtung
Nordseite des Platzes zu bewegen.
»Ich glaube, ich habe ihn entdeckt«, sagte ein Kriminalbeamter,
der seinen Blick durch ein Fernglas über die
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