Archer Jeffrey
Moment nur nicht so einfach. Du mußt versuchen, das zu verstehen.«
»Ich fürchte, ich verstehe nur zu gut! Wie kommt es denn, daß alle möglichen anderen Dinge so leicht für dich sind? Und versichert Der Telegraf uns jetzt nicht immer wieder, daß das Schienennetz instand gesetzt wurde und nun täglich mindestens zwei Züge von Berlin abgehen? Vielleicht sollte ich mir David nehmen und einfach wegfahren.«
»Was willst du damit sagen?« brüllte Dick und ging auf sie zu. »Ganz einfach! Daß du vielleicht eines Nachts nach Hause kommst, und Frau und Kind sind nicht mehr da!«
Dick trat einen weiteren Schritt auf sie zu und hob die Faust, doch Charlotte fuhr nicht zurück. Er blieb stehen, starrte ihr in die Augen.
»Ah! Möchtest du mich auch so mies behandeln wie alle anderen, die nicht mindestens Captain sind?« giftete Charlotte ihn an.
Dick senkte die Faust. »Ich weiß nicht, warum ich mir überhaupt noch die Mühe mache. Ich bekomme keinerlei Unterstützung von dir, keinen Zuspruch – nicht mal dann, wenn ich’s am dringendsten brauche. Und was ich auch für dich zu tun versuche, immer jammerst du bloß und überschüttest mich mit Vorwürfen.« Charlotte zuckte mit keiner Wimper. »Dann fahr doch zu deiner Familie zurück, wenn du willst, du dumme Kuh! Aber bilde dir bloß nicht ein, daß ich dir nachgelaufen komme!« Er stürmte aus dem Schlafzimmer, griff nach seiner Mütze und dem Offiziersstöckchen, rannte die Treppe hinunter und schritt aus dem Haus. Benson wartete im Jeep mit laufendem Motor, um seinen Vorgesetzten zum Büro zu bringen.
»Was, zum Teufel, glaubst du eigentlich, was aus dir wird, wenn du mich verläßt?« knurrte Armstrong, als er in den Jeep kletterte.
»Bitte, Sir?« Private Benson warf ihm einen leicht fassungslosen Blick zu.
Armstrong schaute ihn an. »Bist du verheiratet, Reg?«
»Nein, Sir. Hitler hat mich im letzten Augenblick davor bewahrt.«
»Hitler?«
»Jawohl, Sir. Ich wurde drei Tage vor der geplanten Hochzeit eingezogen.«
»Wartet deine Braut noch auf dich?«
»Nein, Sir. Sie hat meinen besten Freund geheiratet.«
»Fehlt sie dir?«
»Sie nicht, Sir, aber der Freund.«
Armstrong lachte, als Benson hielt, um ihn vor dem Bürogebäude aussteigen zu lassen.
Die erste Person, der Dick begegnete, war Sally. »Haben Sie meine Nachricht bekommen, Captain?« fragte sie.
Armstrong blieb abrupt stehen. »Welche Nachricht?«
»Ich habe gestern abend bei Ihnen zu Hause angerufen und Ihre Frau gebeten, Ihnen auszurichten, daß Major Forsdyke Sie heute morgen um neun in seinem Büro erwartet.«
»Verdammtes Weibsstück«, brummte Armstrong, machte kehrt und ging an Sally vorbei zum Ausgang. »Welche Termine habe ich heute sonst noch?« rief er über die Schulter.
»Der Terminkalender ist heute ziemlich leer«, erwiderte Sally und rannte ihm nach. »Aber denken Sie an das Dinner zu Ehren von Field Marshal Auchinleck heute abend! Charlotte ist ebenfalls eingeladen. Sie müssen sich um neunzehn Uhr dreißig im Offizierskasino einfinden. Alle höheren Offiziere werden dort sein.«
Als Armstrong die Tür erreichte, sagte er noch rasch: »Ich werde wohl vormittags kaum noch ins Büro kommen.«
Benson drückte hastig die Zigarette aus, die er sich eben erst angezündet hatte, und fragte: »Wohin jetzt, Sir?« als Armstrong sich neben ihn gesetzt hatte.
»Gib Gas. Ich muß um neun Uhr bei Major Forsdyke sein.«
»Aber, Sir…«, protestierte Benson, während er auf den Anlasser drückte, entschied sich dann jedoch dagegen, dem Captain zu sagen, daß selbst Nuvolari es nur mit Mühe in siebzehn Minuten quer durch Berlin geschafft hätte.
Doch eine Minute vor neun hatte Benson ihr Ziel erreicht. Er war heilfroh, daß die Militärpolizei sie nicht gestoppt hatte.
»Guten Morgen, Armstrong«, wurde Dick von Forsdyke begrüßt, als er das Büro betrat. Forsdyke wartete auf Dicks militärischen Gruß; aber der kam nicht. Schließlich sagte er: »Sie müssen eine dringende Sache erledigen. Wir möchten, daß Sie Ihrem Freund Major Tulpanow ein Päckchen bringen.«
»Er ist nicht mein Freund«, erwiderte Armstrong schroff.
»Seien Sie nicht so empfindlich, alter Junge«, rügte Forsdyke. »Sie sollten inzwischen wissen, daß Sie sich das nicht leisten können, wenn Sie für mich arbeiten.«
»Ich arbeite nicht für Sie!« brüllte Armstrong.
Forsdyke blickte zu dem Mann hoch, der auf der anderen Seite seines Schreibtisches stand. Er kniff die Augen zusammen, und seine Lippen bildeten einen
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