Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imperium
Vom Netzwerk:
längst eingefahrenen Praktiken in der Herstellung
inzwischen wohl nichts mehr ändern ließe.
Regelmäßig schrieb Keith nach Hause und legte seine
Theorien sehr ausführlich dar. Nun, da er viele Probleme seines
Vaters aus erster Hand kennenlernte, befürchtete er, daß die
Gewerkschaftspraktiken, die sich hier in der Fleet Street
eingebürgert hatten, bald auch in Australien einreißen könnten. Am Ende seines ersten Jahres sandte Keith – gegen Frank
Butterfields Rat – ein langes Memorandum an Lord
Beaverbrook im Arlington House. Er legte dar, daß in der
Herstellung etwa zwei Drittel mehr Arbeiter auf der Lohnliste
standen, als wirklich benötigt wurden; des weiteren schrieb er,
daß es praktisch unmöglich sei, daß ein moderner
Zeitungsverlag Gewinn mache, solange die Löhne die höchsten
Betriebsausgaben darstellten. In Zukunft müsse sich jemand
die Gewerkschaften vornehmen. Beaverbrook bestätigte den
Erhalt des Memorandums nicht.
Keineswegs eingeschüchtert, begann Keith sein zweites Jahr
beim Express. Er arbeitete jeden Tag mehr Stunden, als er sich in Oxford auch nur hätte träumen lassen. Dies bestärkte ihn in seiner Meinung, daß es früher oder später radikale Änderungen in der Zeitschriftenbranche würde geben müssen. Diesmal entwarf Keith ein langes Memorandum für seinen Vater, über das er mit ihm zu diskutieren beabsichtigte, sobald er wieder in Australien war. In seinen Darlegungen schilderte Keith, welche Veränderungen er für den Courier und die Gazette als notwendig erachtete, sollten diese Zeitungen auch in der
zweiten Hälfte des Jahrhunderts gewinnbringend bleiben. Keith war am Telefon in Butterfields Büro und buchte
gerade seinen Flug nach Melbourne, als ein Bote ihm das
Telegramm brachte.
    THE TIMES 5.Juni 1945
    Alliierter Kontrollrat übernimmt Regierungsgewalt in Deutschland
    Als Captain Armstrong den Telegraf zum erstenmal besuchte, überraschte es ihn, wie schäbig die kleinen, im Souterrain gelegenen Redaktionsräume waren. Er wurde von einem Mann begrüßt, der sich als Arno Schultz vorstellte, Chefredakteur der Zeitung.
    Schultz war knapp eins sechzig, hatte glanzlose, graue Augen, kurzen Bürstenschnitt und trug einen dreiteiligen Vorkriegsanzug, der für ihn geschneidert worden sein mußte, als er gut fünf Kilo schwerer gewesen war. Sein Hemd war am Kragen und an den Manschetten ausgefranst, und die dünne schwarze Krawatte glänzte fettig.
    Armstrong lächelte zu ihm hinunter. »Sie und ich haben etwas gemein«, stellte er fest.
Nervös verlagerte Schultz vor dem hochgewachsenen britischen Offizier sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. »Und das wäre?«
»Wir sind Juden«, antwortete Armstrong.
»Das hätte ich nie gedacht«, gestand Schultz ehrlich überrascht.
Armstrong konnte ein zufriedenes Lächeln nicht zurückhalten. »Ich möchte von Anfang an klarstellen«, sagte er, »daß ich beabsichtige, Ihnen jede Unterstützung zukommen zu lassen, damit Der Telegraf regelmäßig erscheint. Ich habe nur ein langfristiges Ziel: eine höhere Auflage zu erreichen als Der Berliner. «
Schultz meinte skeptisch: »Vom Berliner werden täglich doppelt so viele Exemplare verkauft wie vom Telegraf. Das war schon vor dem Krieg so. Beim Berliner haben sie viel bessere Druckmaschinen, mehr Personal und den Vorteil, sich im amerikanischen Sektor zu befinden. Ich glaube, Sie haben sich da ein Ziel gesetzt, das diese Zeitung niemals erreichen kann, Captain.«
»Dann werden wir bei dieser Zeitung wohl einiges ändern müssen, nicht wahr?« sagte Armstrong. »Betrachten Sie mich ab sofort als Besitzer dieses Zeitungsverlages. Sie selbst werden als Chefredakteur weitermachen. Wie wär’s, wenn Sie mir Ihre Probleme nun genauer darlegen ?«
»Wo soll ich anfangen?« überlegte Schultz laut und blickte zu seinem neuen Chef auf. »Unsere Druckmaschinen sind alt und viele Teile verschlissen. Und es ist unmöglich, Ersatz dafür zu beschaffen.«
»Stellen Sie eine Liste aller Dinge auf, die Sie benötigen. Ich sorge dafür, daß Sie bekommen, was Sie brauchen.«
Schultz machte keinen sonderlich überzeugten Eindruck. Er putzte seine zerkratzte Brille mit einem Taschentuch, das er aus der Jackentasche gezogen hatte. »Dann ist da noch das ständige Problem mit dem Strom. Kaum habe ich die Maschinen am Laufen, wird er abgeschaltet. Das passiert mindestens zweimal die Woche, so daß wir die Zeitung gar nicht erst herausgeben können.«
»Ich werde mich darum kümmern, daß so etwas

Weitere Kostenlose Bücher