Archer Jeffrey
Trentham erzählte mir, daß er irgendwann im nächsten Monat zurückerwartet wird.«
Nach dem Mittagessen mit Daphne kehrte der Colonel in die Tregunter Road zurück. Er kochte vor Wut, als sein Butler ihm die Haustür öffnete, aber er wußte immer noch nicht, was er tatsächlich unternehmen könnte. Der Butler sagte ihm, daß ein Mr. Crowther auf ihn warte; er habe ihn ins Arbeitszimmer geführt.
»Crowther? Was kann er wollen?« murmelte der Colonel zu sich, bevor er das Arbeitszimmer betrat.
»Guten Tag, Herr Vorsitzender«, grüßte Crowther, als er sich aus dem Sessel des Colonels erhob. »Sie baten mich, Ihnen sogleich Bescheid über die Wohnungen zu geben.«
»Ah ja«, sagte der Colonel. »Haben sie unser Angebot angenommen?«
»Nein, Sir. Wie angewiesen machte ich Savill unser Angebot über dreitausend Pfund, doch dann erhielt ich etwa eine Stunde später einen Rückruf, daß der andere Interessent sein Angebot auf viertausend Pfund erhöht hat.«
»Viertausend!« rief der Colonel ungläubig. »Aber wer…?«
»Ich sagte Savill, daß wir nicht beabsichtigen, höherzugehen, und erkundigte mich sogar, wer denn dieser Interessent sei. Man informierte mich, daß sie kein Geheimnis daraus machen müßten, wen sie vertraten. Ich dachte, ich gebe Ihnen am besten umgehend Bescheid, da mir der Name Mrs. Gerald Trentham nicht das geringste sagt.«
Charlie 1919 – 1926
19
Während ich allein auf der Bank in der Chelsea Terrace saß und auf den Laden gegenüber starrte, auf dessen Markise groß TRUMPER stand, gingen mir tausend Fragen durch den Kopf. Da sah ich Rebecca Salmon – oder genauer gesagt, ich dachte, daß sie es sein müßte; allerdings, wenn dem so war, hatte sie sich inzwischen zu einer jungen Frau entwickelt. Wo waren der flache Busen, die dünnen Beine geblieben, ganz zu schweigen von den Pickeln im Gesicht? Wenn mir nicht die blitzenden braunen Augen aufgefallen wären, hätte ich vielleicht immer noch gezweifelt.
Sie betrat den Laden und redete zu dem Mann, der wahrscheinlich der Geschäftsführer war. Ich sah, daß er den Kopf schüttelte, woraufhin sie sich den beiden Mädchen hinter dem Ladentisch zuwandte, die dann ebenfalls den Kopf schüttelten. Sie zuckte die Schultern, ehe sie zur Kasse ging und sich die Tageseinnahmen vornahm.
Ich hatte den Geschäftsführer über eine Stunde lang bei seinen Pflichten beobachtet, bevor Becky kam, und ich muß zugeben, er machte seine Sache recht gut. Allerdings war mir dabei auch allerlei aufgefallen, was sich verbessern ließe, um den Kaufanreiz zu erhöhen. Dazu gehörte, den Ladentisch an die hintere Wand zu verlegen und die Ware davor gefällig auszubreiten, einen Teil auch vor dem Laden auf dem Bürgersteig, damit Kundschaft davon angelockt würde. »Du mußt die Ware zur Schau stellen und nicht bloß hoffen, daß die Leute sie finden«, hatte Großvater immer gesagt. Ich blieb jedoch geduldig auf der Bank sitzen, bis die drei Angestellten die Regale leerten und den Laden dichtmachten.
Ein wenig später kam Becky auf den Bürgersteig und blickte die Straße auf und ab, als wartete sie auf jemand. Da trat der junge Mann, der jetzt ein Vorhängeschloß und einen Schlüssel in der Hand hielt, neben sie und deutete mit dem Kopf in meine Richtung. Da blickte Becky zum erstenmal über die Straße zur Bank.
Als ich sah, daß sie mich entdeckt hatte, sprang ich auf und ging auf sie zu. Ein paar Sekunden sagte keiner was. Ich hätte sie gern umarmt, aber schließlich schüttelten wir uns bloß ziemlich förmlich die Hand, dann fragte ich: »Was ist aus Schickidickie geworden?«
»Habe niemanden mehr gefunden, der mich kostenlos mit Windbeuteln versorgte«, antwortete sie. Dann erfuhr ich, wieso sie die Bäckerei verkauft hatte und wie es dazu gekommen war, daß uns nun Chelsea Terrace 147 gehörte. Als das Personal gegangen war, zeigte sie mir die Wohnung. Ich traute meinen Augen nicht – ein Badezimmer mit Klo, eine volleingerichtete Küche, sogar mit Geschirr und Besteck, ein kleines Zimmer mit Tisch und Stühlen und ein Schlafzimmer – ganz zu schweigen von einem Bett, das nicht so aussah, als würde es zusammenkrachen, wenn man sich daraufsetzte.
Wieder wollte ich sie umarmen, statt dessen fragte ich nur, ob sie nicht bleiben und mit mir zu Abend essen könnte, da ich Hunderte von Fragen hatte.
»Tut mir leid, heute abend geht’s nicht«, antwortete sie, während ich meinen Koffer öffnete und auszupacken begann. »Ich gehe mit einem Freund in
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