Archer Jeffrey
nicht erwarten, ihren Teil beizutragen.«
»Kann man ihr trauen?« Mrs. Trentham wandte den Blick zu der Frau auf dem Bett.
»Aber ja, solang’ das Geld stimmt«, sagte Kitty. »Ich will bloß wissen, wieviel krieg’ ich?«
»Die Summe, die es einbringt, plus fünfzig Pfund«, sagte Mrs. Trentham.
»Dann will ich erst mal zwanzig Mäuse!«
Mrs. Trentham zögerte einen Augenblick, dann nickte sie.
»Also, wo ist der ‘aken?«
»Nur, daß Ihr Bruder alles daransetzen wird, Ihnen die ganze Sache auszureden«, antwortete Mrs. Trentham. »Er wird vielleicht sogar versuchen, Sie zu bestechen, damit Sie nicht …«
»Nichts zu machen«, versicherte ihr Kitty. »Er kann sich den Mund fusselig reden, aber bei mir erreicht er nichts. Sie müssen wissen, daß ich Charlie Trumper fast so sehr ‘ass’ wie Sie.«
Mrs. Trentham lächelte zum erstenmal. Sie bückte sich und wickelte das braune Päckchen aus.
Harris lächelte ebenfalls. »Ich wußte«, sagte er, »daß Sie und Kitty was gemein haben.«
Becky 1947 – 1950
35
Viele Nächte lang ließ mich die Angst nicht schlafen, daß Daniel schließlich herausbekommen würde, daß Charlie nicht sein Vater war.
Wenn sie nebeneinander standen, Daniel groß und schlank, mit blondem, leicht welligem Haar und tiefblauen Augen, Charlie um etwa acht Zentimeter kleiner, kräftig, mit dunklem Bürstenhaar und braunen Augen, mußte Daniel diese frappierende Unähnlichkeit früher oder später zu einer Frage veranlassen. Daß ich ebenfalls ein eher dunklerer Typ bin, machte es noch augenscheinlicher. Diese Verschiedenheit hätte komisch sein können, wäre ihre Bedeutung nicht so ernst gewesen. Und doch hat Daniel kein einziges Mal auch nur ein Wort über diese Unterschiede im Aussehen wie im Charakter geäußert.
Charlie hatte Daniel von Anfang an die Wahrheit über Guy erzählen wollen, aber ich überzeugte ihn, daß es besser sei zu warten, bis der Junge alt genug sein würde, es zu verstehen. Dann starb Guy an Tuberkulose, und es erschien nicht mehr nötig, Daniel mit der Vergangenheit zu belasten.
Später, nach Jahren der Seelenqual, in denen Charlie nicht aufhörte, mich zu drängen, erklärte ich mich schließlich einverstanden, mit Daniel darüber zu reden. Ich rief ihn eine Woche vor seiner Abfahrt in Trinity Hall an und fragte ihn, ob es ihm recht wäre, wenn ich ihn nach Southampton führe. Auf diese Weise hätten wir ein paar Stunden für uns, ohne gestört zu werden. Ich fügte hinzu, daß ich etwas Wichtiges mit ihm besprechen wollte.
Ich brach etwas früher als nötig nach Cambridge auf und konnte Daniel noch beim Packen helfen. Gegen elf Uhr fuhren wir bereits auf der A10. Während der ersten Stunde unterhielten wir uns angeregt über seine Arbeit in Cambridge – zu viele Studenten und nicht genügend Zeit für Forschung –, doch als er das Gespräch auf unser gegenwärtiges Problem mit dem Ruinengrundstück brachte, wußte ich, daß die Gelegenheit da war, ihm endlich alles über seinen Vater zu erzählen. Aber abrupt wechselte er das Thema wieder, und ich verlor den Mut. Bei Gott, ich hätte nicht entschlossener sein können, es diesmal zu tun, nur war der günstige Augenblick bereits vorbei.
Als sich die Schwierigkeiten mit Mrs. Trentham häuften, während Daniel in Amerika war, wußte ich, daß ich die beste Gelegenheit verpaßt hatte, offen zu meinem Sohn zu sprechen. Ich flehte Charlie an, die Sache nun ganz auf sich beruhen zu lassen. Ich habe wirklich einen anständigen Mann. Er sagte mir, daß das falsch sei; daß Daniel reif genug sei, mit der Wahrheit fertig zu werden; aber er akzeptiere meine Entscheidung. Er schnitt dieses Thema nie wieder an.
Als Daniel aus Amerika zurückkehrte, fuhr ich wieder nach Southampton, um ihn abzuholen. Ich weiß nicht, woran es lag, aber der Junge erschien mir verändert – er war lockerer, und als er mich sah, umarmte er mich stürmisch, worüber ich sehr überrascht war. Auf dem Weg nach London unterhielten wir uns über seine Amerikareise, die ihm offenbar gut gefallen hatte, und ich brachte ihn aufs laufende, wie es mit unserem Bauantrag aussah, ohne Einzelheiten zu erzählen. Er schien nicht sonderlich an meinen Neuigkeiten interessiert zu sein, aber um ihm nicht unrecht zu tun, muß man sagen, daß Charlie ihn nie mit der Geschäftsroutine der Firma Trumper konfrontiert hatte, nachdem uns beiden klar war, daß Daniel eine akademische Laufbahn einschlagen würde.
Daniel verbrachte die nächsten Wochen, ehe er
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