Archer Jeffrey
Herrn noch nie zuvor gesehen habe …« Er hielt inne, als das Telefon läutete.
»Wer kann denn das sein?« wunderte sich Daniel. »Die Ungeheuer belästigen mich an Sonntagen gewöhnlich nicht.« Er griff nach dem Hörer und lauschte einen Moment.
»Ja, sie ist da«, sagte er nach einigen Sekunden. »Und darf ich ihr sagen, wer mit ihr sprechen möchte? Ja, ist gut.« Er drehte sich zu seiner Mutter um. »Mr. Baverstock, Mama.«
Becky stemmte sich aus dem tiefen Sessel und nahm Daniel den Hörer ab, während Charlie besorgt zusah.
»Sind Sie es, Lady Trumper?«
»Ja.«
»Baverstock hier. Ich werde mich kurz fassen. Doch zuerst, haben Sie Daniel bereits über Sir Raymonds Testament informiert?«
»Nein, mein Mann wollte es gerade tun.«
»Dann warten Sie damit, bis ich noch einmal mit Ihnen sprechen konnte.«
»Aber – wieso?« Becky war klar, daß sie nun ein etwas einseitiges Gespräch führen mußte.
»Ich möchte das nicht am Telefon besprechen, Lady Trumper. Wann kommen Sie in die Stadt zurück?«
»Heute abend.«
»Wir sollten uns so rasch wie möglich treffen.«
»Wenn Sie es für nötig halten«, entgegnete Becky immer noch verwundert.
»Wäre Ihnen neunzehn Uhr genehm?«
»Ja, bis dahin dürften wir zurück sein.«
»Dann werde ich, wenn es Ihnen recht ist, um diese Zeit zu Ihnen kommen. Und bitte, sagen Sie auf keinen Fall etwas über Sir Raymonds Testament zu Daniel. Tut mir leid, daß ich jetzt nicht deutlicher werden kann, aber ich fürchte, ich habe keine andere Wahl. Auf Wiedersehen, meine liebe Lady Trumper.«
»Ein Problem?« fragte Charlie mit hochgezogener Braue.
»Ich weiß es nicht.« Becky blickte ihren Mann fest an. »Mr. Baverstock möchte, daß wir noch einmal diese Papiere durchgehen, die wir uns vor ein paar Tagen angesehen haben.« Charlie verzog das Gesicht. »Und er möchte nicht, daß wir mit irgend jemandem über die Einzelheiten sprechen, ehe die Sache geklärt ist.«
»Also das hört sich geheimnisvoll an«, sagte Daniel und wandte sich an Cathy. »Du mußt wissen, mein Liebling, Mr. Baverstock ist im Vorstand von Trumper. Er gehört zu den Menschen, die ein privates Telefongespräch während der Dienststunden als Vertragsbruch ansehen würden.«
»Das ist genau die richtige Einstellung für jemanden im Vorstand einer Aktiengesellschaft.«
»Du bist ihm übrigens schon mal begegnet«, erinnerte sich Daniel. »Er und seine Frau waren ebenfalls bei Mutters Hauseinweihungsfete, aber ich fürchte, er ist nicht gerade der auffällige Typ.«
»Wer hat das Bild gemalt?« fragte Charlie plötzlich und betrachtete ein Aquarell von Cambridge, das an der Wand hinter Daniels Schreibtisch hing.
Becky hoffte, daß der Themenwechsel nicht zu auffällig war.
Auf der Rückfahrt nach London war Becky hin und her gerissen zwischen der Freude, Cathy als Schwiegertochter zu bekommen, und der Besorgnis darüber, was Mr. Baverstock ihnen so Wichtiges eröffnen mochte.
Als Charlie nach Einzelheiten ihres Telefongesprächs fragte, versuchte es Becky wortgetreu zu wiederholen, doch das machte sie beide auch nicht klüger.
»Wir werden es bald erfahren«, sagte Charlie schließlich, als sie von der A10 Richtung Whitechapel abbogen und in die Stadt fuhren. Es war immer noch eine aufregende Fahrt für ihn, vorbei an den verschiedenen Verkaufskarren mit ihren farbenfrohen Auslagen, wenn er die Händler hörte, wie sie lautstark ihre Waren anpriesen.
Der ‘ier kostet nicht mal…
Plötzlich hielt er den Wagen an und starrte aus dem Fenster. »Warum bleibst du stehen?« fragte Becky. »Wir haben doch
jetzt keine Zeit.«
Charlie deutete auf den Boys’ Club von Whitechapel, der noch schäbiger und heruntergekommener als gewöhnlich wirkte.
»Du hast den Club schon tausendmal gesehen, Charlie! Wir dürfen Mr. Baverstock nicht warten lassen.«
Charlie holte seinen Notizkalender heraus und nahm die Kappe seines Füllfederhalters ab.
»Was machst du denn?«
»Wann wirst du je lernen, dich umzusehen, bevor du fragst, Becky?« Charly trug die Telefonnummer des Maklers ein, dessen Name auf dem Schild stand, welches groß verkündete: ›Zu verkaufen!‹
»Du hast doch sicher nicht vor, ein zweites Trumper in Whitechapel zu eröffnen?«
»Nein, aber ich möchte wissen, warum sie meinen alten Club geschlossen haben.« Er steckte den Füller weg und legte wieder den ersten Gang ein.
Die Trumpers erreichten Eaton Square 17, eine halbe Stunde ehe Mr. Baverstock eintreffen würde; und beide wußten sie, daß der Gute
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