Archer Jeffrey
Baverstock fest.
Charlie schloß daraufhin sofort die Sitzung, obwohl alle gleichzeitig reden wollten, und folgte dem Anwalt rasch durch die Tür.
»Warum sind Sie zurückgetreten?« fragte ihn Charlie. »Nach diesen vielen Jahren?«
»Vielleicht könnten wir uns morgen zusammensetzen, Sir Charles, und über meine Gründe sprechen?«
»Selbstverständlich. Aber bitte verraten Sie mir doch, weshalb Sie es für nötig erachten, uns ausgerechnet dann zu verlassen, wenn ich Sie am dringendsten brauche.«
Mr. Baverstock blieb stehen. »Sir Raymond hat vorausgesehen, daß es zu so etwas kommen könnte«, antwortete er leise. »Und erteilte mir entsprechende Anweisungen.«
»Ich verstehe nicht.«
»Deshalb treffen wir uns morgen, Sir Charles.«
»Möchten Sie, daß ich Becky mitbringe?«
Mr. Baverstock überlegte, dann sagte er: »Nein, lieber nicht. Wenn ich schon zum erstenmal seit vierzig Jahren fast so etwas wie einen Vertrauensbruch begehe, würde ich es lieber ohne weitere Zeugen tun.«
Als Charlie am nächsten Morgen in der Anwaltspraxis von Baverstock, Dickens & Cobb ankam, erwartete ihn Mr. Baverstock bereits an der Tür. Obwohl Charlie in den vierzehn Jahren, seit sie einander kannten, zu einem Treffen mit Mr. Baverstock nie zu spät gekommen war, rührte ihn die in dieser Zeit schon fast ausgestorbene Höflichkeit, mit der der Anwalt ihm immer begegnete.
»Guten Morgen, Sir Charles.« Baverstock führte seinen Besucher durch den Korridor zu seinem Büro. Es überraschte Charlie, daß ihm der Sessel am Kamin angeboten wurde, statt wie bisher immer der auf der anderen Seite des Doppelschreibtischs. Es war auch weder Sekretärin noch sonst ein Angestellter anwesend, um wie üblich zu protokollieren, ebensowenig entging Charlie, daß der Telefonhörer von der Gabel genommen war. Er lehnte sich zurück, denn nun wußte er, daß dies keine kurze Besprechung werden sollte.
»Vor vielen Jahren, als ich noch ein junger Mann war«, begann Baverstock, »und mein Examen machte, schwor ich mir, Schweigen über alles zu bewahren, was Privatangelegenheiten meiner Klienten betraf. Ich habe dem auch in meinem ganzen Berufsleben nie zuwidergehandelt. Doch einer meiner Klienten, wie Sie ja wissen, war Sir Raymond Hardcastle, und er …« Nach einem Klopfen an der Tür trat ein junges Mädchen mit einem Tablett ein, auf dem zwei Tassen mit dampfendem Kaffee und eine Zuckerdose standen.
»Danke, Miss Burrows«, sagte Baverstock, als das Mädchen eine Tasse vor ihn hinstellte. Er fuhr mit seiner Ausführung erst fort, als die Tür hinter dem Mädchen wieder geschlossen war. »Wo war ich stehengeblieben?« fragte Baverstock, als er ein Stück Würfelzucker in die Tasse fallen ließ.
»Bei Ihrem Klienten, Sir Raymond.«
»O ja. Nun, Sir Raymond hinterließ ein Testament, dessen Inhalt Ihnen in etwa bekannt ist. Was Sie jedoch nicht wissen können ist, daß er diesem Dokument einen Brief beifügte. Er hat keine rechtliche Bedeutung, da er an mich privat gerichtet war.«
Charlies Kaffee blieb unberührt, während er Baverstock angespannt zuhörte. »Da dieser Brief kein rechtsgültiges Schreiben, sondern eine persönliche Mitteilung von einem alten Freund an einen anderen ist, habe ich beschlossen, Ihnen den Inhalt anzuvertrauen.«
Baverstock beugte sich vor und öffnete die Akte, die vor ihm auf dem Tisch lag. Er nahm ein handbeschriebenes Blatt heraus. »Ich möchte darauf hinweisen, Sir Charles, ehe ich Ihnen diesen Brief vorlese, daß Sir Raymond ihn zu einem Zeitpunkt schrieb, da er annahm, Daniel würde der Erbe seines Vermögens sein, nicht ein nächster erbberechtigter Verwandter.«
Mr. Baverstock schob seine Brille den Nasenrücken hoch, räusperte sich und begann zu lesen.
Lieber Baverstock,
trotz allem, was ich getan habe, um sicherzugehen, daß mein
Letzter Wille buchstabengetreu ausgeführt wird, könnte es
immer noch möglich sein, daß es Ethel irgendwie gelingt,
meinen Urenkel Daniel um das Erbe zu bringen, das ich ihm
zugedacht habe. Sollte es tatsächlich dazu kommen, bitte ich
Sie, Ihren gesunden Menschenverstand zu benutzen und jene,
die durch die Bestimmungen meines Testaments hauptsächlich
betroffen sind, in die näheren Einzelheiten einzuweihen. Alter Freund, Sie wissen genau, wen und was ich damit
meine.
In ewiger Verbundenheit, Ray Baverstock legte den Brief auf den Tisch zurück und sagte: »Ich fürchte, er kannte die kleinen Schwächen seiner Tochter ebensogut wie die meinen.« Charlie lächelte, da er zu
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