Archer Jeffrey
Universität besucht ‘at.«
»Der Londoner Universität? Na, sie wird feststellen, daß Charlie Trumper noch ‘öchst lebendig ist, so ‘och sie auch jetzt ‘inaus ist. Und ich kann bloß wünschen, daß sie eine überzeugende Geschichte ‘at, was aus dem Geld von meinem Geschäftsanteil geworden ist.« Charlie überließ Mrs. Shorrocks die letzten beiden Pommes frites, stand auf und griff nach seinen Habseligkeiten.
»Möchtest du nicht noch ein Bier, Charlie?«
»Kann leider nicht länger bleiben, Mrs. Shorrocks. Danke fürs Bier und fürs Essen – und grüßen Sie Ihren Mann von mir.«
»Bert? ‘ast du’s nicht ge’ört? Is’ vor sechs Monaten gestorben, ‘erzanfall, armer Kerl. Er fehlt mir sehr.«
Erst jetzt wurde Charlie klar, was so anders an Mrs. Shorrocks war: Sie hatte kein blaues Auge und keine Blutergüsse mehr.
Charlie verließ das Haus und machte sich auf die Suche nach der Universität von London und nach Rebecca Salmon. Hatte sie – wie er sie angewiesen hatte, wenn er fallen sollte – seinen Anteil am Erlös des Verkaufs an seine drei Schwestern verteilt? Sal war, wie er wußte, jetzt in Kanada, Grace noch irgendwo in Frankreich und Kitty wer weiß wo. Wenn Becky das Geld verteilt hatte, würde es kein Startkapital für ihn geben, außer Tommys Soldnachzahlung und die paar Pfund, die er hatte sparen können.
Er fragte den ersten Polizisten, den er sah, nach dem Weg zur Londoner Universität. Er stapfte fast einen Kilometer, bis er zu einem Portal kam, in dessen Stein KING’S COLLEGE gemeißelt war. Er klopfte an der Tür mit dem Schild Auskunft, trat ein und fragte den Mann hinter der Abtrennung, ob eine Rebecca Salmon hier studierte. Der Mann sah in einer Liste nach, schüttelte bedauernd den Kopf und riet Charlie, es bei der Universitätsverwaltung in der Malet Street zu versuchen.
Nachdem er für einen weiteren Penny in der Straßenbahn fuhr, fragte Charlie sich, wo er wohl die Nacht verbringen würde.
»Rebecca Salmon?« wiederholte der Mann in der Uniform eines Corporals, der hinter dem Schreibtisch der UniversitätsVerwaltung saß. »Kommt mir nicht bekannt vor.« Er suchte den Namen in einem dicken Buch, das er unter dem Schreibtisch hervorholte. »Oh, ja, da ist sie. Bedford College, Kunstgeschichte«, sagte er abfällig.
»Ihre Adresse ‘aben Sie wohl nicht, Corp?« fragte Charlie.
»Leisten Sie erst mal Ihren Wehrdienst, Junge, bevor Sie mich Corp nennen!« wies ihn der Ältere zurecht. »Und ich würd’ sagen, je schneller, desto besser.«
Charlie hatte sich für einen Tag schon zu viel gefallen lassen müssen, als daß er sich jetzt noch hätte beherrschen können. »Sergeant Trumper, 7312087. Ich nenn’ Sie Corp, und Sie nennen mich Sergeant! Ist das klar?«
»Jawohl, Sergeant!« Der Corporal war aufgesprungen und stand nun stramm.
»Also, wo wohnt sie?«
»In der Chelsea Terrace 97, in Untermiete, Sergeant.«
»Danke.« Charlie verließ den noch etwas erschrockenen Veteranen, der ihm verwirrt nachschaute, und begann eine neuerliche Straßenbahnfahrt quer durch London.
Kurz nach sechzehn Uhr stieg er schließlich müde an der Ecke Chelsea Terrace aus. Becky war also vor ihm hier gelandet, wenn auch nur in einer Studentenbude, dachte er.
Er spazierte die vertraute Straße auf und ab und bewunderte wieder einmal die Läden, die zu besitzen einmal sein Traum gewesen war. Nummer 131 – ein Antiquitätengeschäft voller Eichenmöbel und alle wundervoll poliert. Nummer 133, in der Auslage Damenstrümpfe aus Paris und Unterkleidung, von der Charlie fand, daß es ungehörig wäre, wenn ein Mann sie anstarrte. Weiter zu Nummer 135 – eine Metzgerei, wo Fleisch und Geflügel und Wurst an Haken hingen und alles so appetitlich aussah, daß Charlie fast die herrschende Lebensmittelknappheit vergaß. In Haus Nummer 139 war jetzt ein Restaurant namens Scallini, und Charlie fragte sich, ob italienische Spezialitäten sich in London wohl je durchsetzen könnten.
Nummer 141 – ein Antiquariat, die Bücher waren fleckig, verstaubt, sogar Spinnweben waren im Laden zu sehen, aber nicht ein einziger Kunde. Dann Nummer 143 – ein Maßschneider, und wie ans Schaufenster gepinselt war, konnte der anspruchsvolle Herr hier Anzüge, Westen, Hemden und Kragen bekommen. Nummer 145 – eine Bäckerei. Der Geruch des frischen Brots lockte Charlie beinahe in den Laden. Ungläubig sah er dem Treiben auf der Straße zu und starrte die gutgekleideten Frauen an, die ihre Einkäufe machten, als hätte
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