Archer Jeffrey
einziger Kunde die Buchhandlung betreten, und wenn sich doch jemand hineinverirrte, dann nur, weil er fragen wollte, wie man zurück zur Brompton Road kommt.«
»Ich habe keine Ahnung.« Becky lachte. »Ich habe mich mit Mr. Sneddles lange darüber unterhalten, aber er ist an einem Verkauf einfach nicht interessiert. Weißt du, seit seine Frau tot ist, ist die Buchhandlung der einzige Grund für ihn weiterzumachen.«
»Weiterzumachen womit?« fragte Charlie. »Alte Bücher abzustauben und vergilbte Manuskripte aufzustapeln?«
»Er ist damit zufrieden, über William Blake und seinen geliebten Kriegsdichtern zu sitzen. Solange er ein oder zwei Bücher im Monat verkauft, ist das Grund genug für ihn, den Laden zu betreiben. Nicht jeder will Millionär werden, weißt du.«
»Möglich. Wie wär’s, wenn wir Mr. Sneddles hundertfünfzig Guineen dafür bieten und ihn dann Miete bezahlen lassen, sagen wir zehn Guineen im Jahr? Auf diese Weise fällt uns das Ganze zu, sobald er stirbt.«
»Du kannst nicht genug kriegen, Charlie Trumper. Aber wenn du willst, versuche ich es.«
»Ja – das will ich, Rebecca Salmon, also klemm dich dahinter.«
»Ich werde mein Bestes tun, nur scheinst du vergessen zu haben, daß ich in Kürze ein Baby bekomme und außerdem versuche, meine Abschlußprüfung zu schaffen.«
»Ich weiß nicht, irgendwie paßt das nicht so recht zusammen. Wie auch immer, ich brauche dich für eine weitere Sache, hinter der ich her bin.«
»Noch eine Sache?«
»Fothergill.«
»Der Eckladen?«
»Genau der«, erwiderte Charlie. »Und du weißt ja, was ich von Eckläden halte, Miss Salmon.«
»Allerdings, Mr. Trumper. Ebenso weiß ich, daß du nichts vom Handel mit Kunstgegenständen verstehst und schon gar keine Ahnung hast, was ein Auktionator überhaupt macht.«
»Na ja, ich bin nicht gerade ein Sachverständiger«, gab Charlie zu. »Aber ich war ein paarmal in der Bond Street und hab’ zugesehen, was bei Sotheby’s vorgeht, und dann bin ich zu St. James’s spaziert und habe mir auch ein Bild von Christie’s gemacht, dem einzigen Konkurrenten. Daraufhin dachte ich mir, daß wir uns dein Kunstgeschichte-Studium früher oder später zunutze machen sollten.«
Becky zog die Brauen hoch. »Ich kann es kaum erwarten, daß du mir verrätst, wie du den Rest meines Lebens verplant hast.«
»Sobald du deinen Abschluß hast«, fuhr Charlie fort, ohne auf ihren Einwand zu achten, »möchte ich, daß du dich bei Sotheby’s oder Christie’s bewirbst – bei welchem ist mir egal
-, du könntest ihnen alle ihre Tricks abgucken, vielleicht so drei bis fünf Jahre lang. Und sobald du glaubst, daß du soweit bist, dich selbständig zu machen, könntest du die Leute abwerben, die du für geeignet hältst, und Chelsea Terrace Nummer l selbst führen.«
»Ich bin ganz Ohr, Charlie Trumper.«
»Weißt du, Rebecca Salmon, du hast den Geschäftssinn und die Geschäftstüchtigkeit deines Vaters geerbt. Wenn du das mit dem verbindest, wofür du schon immer eine Vorliebe und auch eine Naturbegabung hast, wie könnte da was schiefgehen?«
»Danke für die Blumen, aber dürfte ich vielleicht auch fragen, da wir gerade bei dem Thema sind, wie Mr. Fothergill in deinen Gesamtplan paßt?«
»Gar nicht.«
»Was soll das heißen?«
»Seit drei Jahren macht er laufend Verlust«, erklärte Charlie. »Wie es jetzt steht, würde der Wert seines Eigentums und der Verkauf seiner Lagerware gerade seine Verluste decken, aber dabei wird es nicht mehr lange bleiben.«
Nachdem der September gekommen und vergangen war, wurde sogar Becky klar, daß Guy nicht die Absicht hatte, auf ihren Brief zu antworten. Bereits gegen Ende August hatte Daphne ihnen berichtet, daß sie Mrs. Trentham begegnet war. Guys Mutter hatte erzählt, ihr Sohn gehe nicht nur ganz in seinen Pflichten in Indien auf, sondern erwarte auch, in Kürze zum Major befördert zu werden. Daphne hatte sich sehr beherrschen müssen, ihr Versprechen zu halten und über Beckys Zustand zu schweigen.
Als Beckys Niederkunft immer näher rückte, sorgte Charlie dafür, daß sie keine Einkäufe mehr tätigen mußte, und wies sogar eine der Verkäuferinnen von Nummer 147 an, ihr die Wohnung sauberzuhalten. Das ging so weit, daß Becky die beiden scherzhaft beschuldigte, sie zu verhätscheln.
Ab dem achten Monat schaute Becky gar nicht mehr nach der Morgenpost, denn an Daphnes schon früher bekundeter Meinung über Captain Trentham war kaum noch zu zweifeln. Becky staunte selbst, wie wenig sie noch an
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