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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Aufstieg
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ein bißchen lieben«, versicherte ihm Becky. »Aber ich fürchte, meine große Liebe ist Guy.«
»Der Glückspilz. Dabei kenn’ ich dich viel länger. Dein Vater ‘at mich mal aus seinem Laden gejagt, weißt du, wie er ge’ört ‘at, daß ich dich ‘inter deinem Rücken ›Schickidickie‹ genannt ‘ab’.« Becky lächelte. »Weißt du, es ist mir immer gelungen, alles im Leben zu kriegen, was ich wirklich gewollt ‘ab. Also wie könnt’ ich dich bloß durch die Maschen schlüpfen lassen?« Becky sah zu Boden.
»Er ist ein Offizier, natürlich, und ich war keiner. Das würde es erklären.« Charlie hatte aufgehört umherzumarschieren und blieb direkt vor ihr stehen.
»Und du bist ein General, Charlie.«
»Doch das ist nicht dasselbe, nicht wahr?«
»Ich könnte keinen besseren Freund haben als dich.«
»Verstehst du denn nicht, daß ich dir mehr als nur ein Freund sein möchte?«
    12 Chelsea Terrace 97 London SW 3
     
    20. Mai 1920
    Mein geliebter Guy,
das ist der schwerste Brief, den ich je schreiben mußte. Um
ganz ehrlich zu sein, ich weiß nicht so recht, wo ich überhaupt
anfangen soll.
Mehr als drei Monate sind vergangen, seit Du nach Indien
versetzt wurdest, und es ist etwas passiert, das Du bestimmt
wissen möchtest.
Ich war vor ein paar Tagen bei Daphnes Arzt in der Harley
Street und …
    Becky hielt inne, las jeden Satz noch einmal bedächtig, stöhnte und zerknüllte das Papier, dann warf sie es in den Papierkorb neben sich.
    Sie stand auf, streckte sich, ging im Zimmer hin und her und hoffte, ihr würde eine Ausrede einfallen, damit sie nicht weiterschreiben müßte. Es war schon halb eins und höchste Zeit, ins Bett zu kommen, sie könnte sich ja vormachen, daß sie zu müde war weiterzumachen – nur war sie sicher, daß sie nicht schlafen konnte, ehe der Brief nicht im Umschlag steckte.
    Also kehrte sie zu ihrem Schreibtisch zurück und versuchte, ihre Gedanken wieder zu sammeln und einen neuen Anfang zu finden.
    Sie griff nach dem Federhalter.
Chelsea Terrace 97 London SW 3
    20. Mai 1920
    Mein lieber Guy,
ich fürchte, dieser Brief wird Dich überraschen, vor allem
nach den belanglosen Neuigkeiten, die ich dir in meinem
letzten Brief vor einem Monat berichtet habe. Ich muß
gestehen, ich hatte es aufgeschoben, Dir von meiner
Befürchtung zu schreiben, weil ich hoffte, sie würde sich als
unbegründet erweisen. Bedauerlicherweise ist das nicht der
Fall, und nun darf ich wohl nicht länger schweigen.
Nachdem ich in der Nacht, ehe Du nach Indien aufbrechen
mußtest, unendlich glücklich mit Dir war, blieb meine Periode
aus. Ich habe dir über das Problem nicht gleich geschrieben,
weil ich hoffte …
    O nein! dachte Becky und zerriß das Blatt, bevor sie auch diesen Versuch in den Papierkorb warf. Dann schlurfte sie in die Küche, um sich Tee aufzubrühen. Nach der dritten Tasse kehrte sie widerstrebend zum Schreibtisch zurück.
    Chelsea Terrace 97 London SW 3
     
    20. Mai 1920
    Lieber Guy,
ich hoffe, es gefällt Dir in Indien und Du mußt Dich nicht
allzusehr abplagen. Ich vermisse Dich mehr, als ich sagen
kann, aber durch die bevorstehenden Prüfungen und da Charlie
sich als der nächste Mr. Selfridge sieht, sind diese ersten drei
Monate seit Deiner Abreise wie im Flug vergangen. Ich glaube,
es wird Dich interessieren zu erfahren, daß Dein ehemaliger
Kommandeur, Colonel Sir Danvers Hamilton …
»Und übrigens bin ich schwanger«, sagte Becky laut und zerriß ihren dritten Versuch. Vielleicht würde ihr ein Spaziergang um den Block helfen. Sie nahm ihren Mantel vom Garderobenhaken in der Diele, rannte die Treppe hinunter und verließ das Haus. Ziellos schlenderte sie die menschenleere Straße auf und ab, ohne sich der späten Stunde bewußt zu sein. Sie freute sich, daß an den Schaufenstern von Nummer 131 und 135 jetzt Schilder hingen, die daraufhinwiesen, daß die Anwesen verkauft waren. Vor dem alten Antiquitätenladen blieb sie stehen, legte die Hände um die Augen und bemühte sich, durch die Glasscheibe etwas zu sehen. Zu ihrer Bestürzung stellte sie fest, daß Mr. Rutherford absolut alles entfernt hatte, sogar die Gasarmaturen und die Kaminumrandung, von denen sie angenommen hatte, daß sie fest an der Wand angebracht gewesen waren. Das wird mich lehren, das nächste Mal ein Kaufangebot sorgfältiger zu studieren, dachte sie. Sie starrte immer noch in den leeren Raum, als eine Maus über die Dielen huschte. »Vielleicht sollten wir eine Zoohandlung aufmachen«, sagte sie halblaut

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