Archer, Jeffrey
wirst du noch bereuen.«
Edwards Beurteilung war richtig; nachdem Florentyna eine kurze Ansprache gehalten hatte, kamen die Fragen schnell und zahlreich. Flüsternd nannte Edward die Namen der Journalisten, die aufstanden.
Der erste war Mike Royko von den Daily News.
»Halten Sie es für richtig, daß eine Millionärin aus New York für den Ninth District von Illinois kandidiert?«
»In diesem Zusammenhang bin ich keine New Yorker Millionärin«, antwortete Florentyna. »Ich wurde im St.
Luke’s Hospital geboren und bin hier aufgewachsen. Als mein Vater nach Amerika kam, besaß er nichts als die Kleider, die er am Leib trug. Hier im Ninth District gründete er die Baron-Gruppe. Ich glaube, wir müssen dafür kämpfen, daß jeder Einwanderer, ob er aus Vietnam oder aus Polen kommt, auch heute noch die Möglichkeit hat, das gleiche zu erreichen wie mein Vater.«
Edward wies auf einen anderen Journalisten.
»Halten Sie es für einen Nachteil, eine Frau zu sein, wenn es um ein öffentliches Amt geht?«
»Beschränkten oder uniformierten Menschen gegenüber vielleicht, bestimmt nicht gegenüber einem intelligenten Wähler, dem die Probleme wichtiger sind als überholte Vorurteile. Wer hätte, bei einem Autounfall etwa, auch nur sekundenlang Bedenken, wenn der herbeieilende Arzt kein Mann, sondern eine Frau wäre? Ich hoffe, daß die Frage nach dem Geschlecht sehr bald ebenso irrelevant sein wird wie die nach der Religion. Es scheint hundert Jahre her zu sein, daß man John F. Kennedy die Frage stellte, ob sich das Amt des Präsidenten verändern werde, weil er römischkatholisch sei. Ted Kennedy wird heutzutage von niemandem danach gefragt. In anderen Ländern haben Frauen die höchsten Ämter inne: Golda Meir in Israel und Indira Gandhi in Indien sind nur zwei Beispiele. Ich finde es bedauerlich, daß im Senat eines Zweihundertdreißig-Millionen Volkes nicht eine einzige Frau sitzt, und nur sechzehn der vierhundertvierunddreißig Kongreßabgeordneten Frauen sind.«
»Was sagt Ihr Mann dazu, daß Sie die Hosen anhaben?«
wollte ein nicht aufgerufener Mann wissen. In einem Teil des Saales wurde gelacht, und Florentyna wartete, bis wieder Ruhe eintrat.
»Er ist viel zu intelligent und erfolgreich, als daß er eine so dümmliche Frage auch nur in Erwägung ziehen würde.«
»Was meinen Sie zu Watergate?«
»Es ist eine traurige Episode in der Geschichte Amerikas, die – so hoffe ich – bald vorüber, aber nie vergessen sein wird.«
»Meinen Sie, daß Präsident Nixon zurücktreten sollte?«
»Das ist eine moralische Entscheidung, die der Präsident selbst treffen muß.«
»Würden Sie zurücktreten, wenn Sie Präsidentin wären?«
»Ich hätte es nicht nötig, in Hotels einzubrechen; mir gehören bereits hundertdreiundvierzig Hotels.«
Lautes Lachen, gefolgt von Applaus, gaben Florentyna etwas mehr Selbstsicherheit. »Sind Sie dafür, daß der Präsident vor Gericht gestellt wird?«
»Diese Frage muß der Kongreß entscheiden, nachdem das Beweismaterial der gerichtlichen Kommission geprüft wurden, die Tonbänder des Weißen Hauses mitinbegrif-fen. Doch der Rücktritt des Staatsanwaltes Elliot Richardson, eines Mannes, dessen Integrität nie bezweifelt wurde, sollte der Öffentlichkeit zu denken geben.«
»Wie stehen Sie zu einer Legalisierung der Abtreibung?«
»Ich will nicht in die Falle gehen, wie Senator Mason, der letzte Woche auf die gleiche Frage antwortete: ›Meine Herren, das liegt unter der Gürtellinie.‹«
Florentyna wartete, bis das Gelächter geendet hatte, bevor sie ernster fortfuhr: »Ich bin als Katholikin geboren und in diesem Glauben erzogen worden, daher ist der Schutz des ungeborenen Lebens für mich sehr wichtig. Ich bin jedoch der Ansicht, daß es in manchen Situationen sowohl notwendig als auch moralisch richtig ist, eine Abtreibung vorzunehmen.«
»Können Sie ein Beispiel nennen?«
»Vergewaltigung ist das am nächsten liegende, aber auch in allen Fällen, in denen das Leben der Mutter gefährdet ist.«
»Steht das nicht im Widerspruch zur Lehre Ihrer Kirche?«
»Ja. Aber ich war immer für die Trennung von Kirche und Staat. Jeder, der sich um ein öffentliches Amt bewirbt, muß bereit sein, auch für Überzeugungen einzutreten, die nicht immer nach jedermanns Geschmack sind. Ich glaube, Edmund Burke formulierte das sehr gut, als er sagte: ›Ihr Vertreter schuldet Ihnen nicht nur seinen Arbeitseinsatz, er muß auch für seine Überzeugungen eintreten. Gibt er diese
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