Archer, Jeffrey
der Moderator mit dem Hammer und eröffnete die Konfrontation. »Zuerst wird Mr. Brooks zu Ihnen sprechen, dann Mrs. Kane. Auf die Reden folgt eine Diskussion.«
Ralph Brooks stand auf, und Florentyna musterte den gutaussehenden, hochgewachsenen Mann. Sie mußte zugeben: hätte ein Filmregisseur nach einem Schauspieler für die Rolle des Präsidenten gesucht, Ralph Brooks hätte sie bekommen. Kaum begann er zu sprechen, wußte Florentyna, daß sie einen Gegner von Format vor sich hatte. Brooks wirkte selbstsicher und locker; seine Rede klang professionell, aber nicht billig.
»Meine Damen und Herren«, begann er, »ich stehe heute als ein Mann vor Ihnen, der hier in Chicago aufgewachsen ist und seinen Weg gemacht hat. Schon mein Urgroßvater wurde hier geboren, und seit vier Generationen haben die Brooks ihr Anwaltsbüro in der La Salle Street, um der Stadt nach besten Wissen und Gewissen zu dienen. Ich bewerbe mich heute um eine Kandidatur, weil ich der Überzeugung bin, daß die Vertreter des Volkes aus dem Volk kommen und bodenständig sein müssen. Ich besitze keine großen Reichtümer wie meine Rivalin, aber ich bin mit diesem Wahlkreis eng verbunden, und mein Verständnis seiner Probleme wiegt, so hoffe ich, den fehlenden Reichtum auf.«
Es wurde heftig applaudiert, doch Florentyna sah, daß sich einige Leute nicht am Applaus beteiligten. »Seit mehreren Jahren habe ich im Gerichtssaal das Interesse der Öffentlichkeit vertreten, wenn es um Verbrechensbe-kämpfung, Wohnbau, öffentliche Verkehrsmittel und um Gesundheitsfragen ging. Jetzt sehe ich eine Gelegenheit, Ihre Anliegen im Kongreß der Vereinigten Staaten zu fördern.«
Aufmerksam hörte sich Florentyna jeden der gut formulierten Sätze an und war nicht erstaunt, als der Beifall am Ende der Rede laut und anhaltend war. Edward erhob sich und stellte Florentyna vor. Dann stand sie auf –
und wäre am liebsten aus dem Saal gelaufen. Richards aufmunterndes Lächeln gab ihr etwas Selbstvertrauen.
»Mein Vater kam vor mehr als fünfzig Jahren nach Amerika«, begann sie, »nachdem er zuerst vor den Deutschen und dann vor den Russen geflüchtet war. Nach ein paar Jahren in New York kam er nach Chicago; hier, im Ninth District, gründete er jene Hotel-Gruppe, der vorzustehen ich heute das Privileg habe. Die Hotelkette beschäftigt siebenundzwanzigtausend Angestellte in allen Bundesstaaten Amerikas. Auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn verließ mein Vater dieses Land wieder, um gegen die Deutschen zu kämpfen, und kehrte, dekoriert mit einem Bronzestern, nach Amerika zurück. Ich wurde in dieser Stadt geboren und ging nicht weit von hier zur Schule. Diese Ausbildung erlaubte es mir, ein College zu besuchen. Jetzt bin ich mit dem Wunsch nach Hause zurückgekehrt, die Menschen zu vertreten, die meinen Traum von Amerika verwirklichen halfen.«
Lauter Beifall. Florentyna stellte jedoch wieder fest, daß sich ein paar Leute nicht daran beteiligten. »Die Tatsache, daß ich reich geworden bin, wird mich nicht, so hoffe ich, daran hindern, ein öffentliches Amt auszuüben. Wäre das eine Disqualifikation, so wären Jefferson, Roosevelt und Kennedy nie Präsidenten geworden. Ich hoffe, die Tatsache, daß mein Vater ein Einwanderer war, wird mir nicht schaden. Wäre dem so, hätte diese Stadt nie einen der großartigsten Bürgermeister, nämlich Anton Cermak, gehabt. Und wenn mir die Tatsache, eine Frau zu sein, zum Nachteil gereicht, müßte die Hälfte der amerikanischen Bevölkerung gemeinsam mit mir disqualifiziert werden.«
Der ganze Saal applaudierte laut und anhaltend.
Florentyna holte tief Atem.
»Ich entschuldige mich nicht dafür, die Tochter eines Einwanderers zu sein. Ich entschuldige mich nicht für meinen Reichtum. Ich entschuldige mich nicht, daß ich eine Frau bin und werde mich nie dafür entschuldigen, die Einwohner von Chicago im Kongreß der Vereinigten Staaten vertreten zu wollen.«
Der Applaus war ohrenbetäubend. »Wenn es mir nicht bestimmt ist, Sie zu vertreten, werde ich Mr. Brooks unterstützen. Wenn mir andererseits die Ehre zuteil wird, von Ihnen gewählt zu werden, dann können Sie überzeugt sein, daß ich die Probleme Chicagos mit dem gleichen unermüdlichen Einsatz in Angriff nehmen werde, mit dem ich mein Unternehmen zu einer der erfolgreichsten Hotelkette der Welt gemacht habe.«
Florentyna setzte sich unter tosendem Applaus. Richard lächelte ihr zu. Zum erstenmal entspannte sie sich und sah sich im Saal um, wo ein paar Leute
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