Archer, Jeffrey
von einem Mädchen, das ihre Unterschrift nicht lesen konnte, gefragt wurde: »Was war Ihr letzter Film?«
Am folgenden Morgen flog Florentyna nach Chicago, und Pete Parkin nach Texas. Als Florentynas Maschine in der Windy City landete, wurde sie von mehr als dreißigtausend Menschen willkommen geheißen – die größte Menschenmenge, die je einen Kandidaten begrüßt hatte.
Am Wahltag gab sie in der Grundschule des Ninth District in Gegenwart der Berichterstatter von Presse und Fernsehen ihre Stimme ab. Sie lächelte pflichtschuldigst und wußte, daß sie, sollten die Demokraten verlieren, in einer Woche vergessen sein würde. Den Tag verbrachte sie mit Besuchen von Wahllokalen und Fernsehstudios; kurz nach Schließung der Wahllokale war sie in ihrer Suite im Chicago Baron.
Sie gönnte sich das erste lange Bad seit fünf Monaten und zog sich um, ohne daran denken zu müssen, mit wem sie den Abend verbrachte. Bald darauf erschienen William, Joanna, Annabel und der sechsjährige Richard.
Edward kam um halb elf und sah Florentyna zum erstenmal im Leben ohne Schuhe, mit den Füßen auf dem Tisch.
»Das hätte Miss Tredgold nicht gebilligt.«
»Miss Tredgold mußte nicht sieben Monate ohne Unterbrechung auf dem Kriegspfad sein«, erwiderte sie.
In dem Zimmer drängten sich Angehörige, Freunde, es gab Drinks und Speisen, und Florentyna erfuhr die Resultate von der Ostküste aus dem Fernsehen. Als New Hampshire an die Demokraten und Massachusetts an die Republikaner fiel, wurde klar, daß man eine lange Nacht vor sich hatte. Florentyna war glücklich, daß das Wetter im ganzen Land gut gewesen war. Theodore H. White hatte ihr einmal gesagt, daß Amerika immer bis fünf Uhr nachmittags republikanisch wähle. Danach beschlossen die arbeitenden Männer und Frauen auf dem Heimweg, ob sie bei einem Wahllokal haltmachen wollten; wenn sie es taten, und nur dann, sei ein Sieg der Demokraten möglich.
Es sah aus, als machten viele Halt, aber waren es genug?
Um Mitternacht war den Demokraten Illinois und Texas zugefallen, während sie Ohio und Pennsylvania verloren hatten.
Als die Wahllokale in Kalifornien drei Stunden später als in New York schlössen, hatte Amerika noch keinen Präsidenten. Die Meinungsumfragen ergaben bloß, daß dieser Staat von keinem Kandidaten begeistert war.
Manche aßen, manche tranken, manche schliefen in der George-Novak-Suite des Baron Hotels. Nur Florentyna blieb hellwach, und um halb drei kam die Nachricht, auf die sie gewartet hatte: die Demokraten hatten in Kalifornien gesiegt. Damit wurde Pete Parkin mit einer knappen Mehrheit von dreihundertzweiunddreißigtausend Stimmen Präsident. Florentyna nahm den Telefonhörer zur Hand. »Rufst du den Präsidenten an, um ihm zu gratulieren?« fragte Edward.
»Nein, ich rufe Bella an, um ihr zu danken, daß sie ihn zum Präsidenten gemacht hat.«
37
Die nächsten paar Tage verbrachte Florentyna auf Cape Cod, ruhte sich aus und wachte trotzdem jeden Morgen um sechs Uhr auf, ohne etwas anderes zu tun zu haben, als auf die Zeitungen zu warten. Sie freute sich über Edwards Besuch, konnte sich jedoch nicht daran gewöhnen, von ihm zärtlich »V.P.« genannt zu werden.
Auf einer Pressekonferenz auf seiner Ranch in Texas hatte der Präsident erklärt, er wolle sein Kabinett nicht vor Neujahr vorstellen. Am 14. November kehrte Florentyna nach Washington zurück, wohnte einer langweiligen Sitzung des Kongresses bei und bereitete sich auf ihre Übersiedlung ins Weiße Haus vor. Obwohl sie im Senat und in Illinois mehr als genug zu tun hatte, wunderte es sie, daß Pete Parkin sie nur dann und wann anrief. Zwei Wochen nach dem Thanksgiving Day begannen die Kongreßferien, und Florentyna verbrachte Weihnachten auf Cape Cod mit ihrer Familie und einem Enkel, der sie
»Großmutter Präsident« nannte.
»Noch nicht«, sagte sie.
Am 9. Januar gab der Präsident anläßlich einer Pressekonferenz in Washington die Zusammensetzung seines Kabinetts bekannt. Florentyna war nicht zu Rate gezogen worden, und es gab auch keinerlei Überraschungen: Charles Selover wurde Verteidigungsminister, Paul Rowe blieb Direktor des CIA, Pierre Levale wurde Justizminister und Michael Brewer Sicherheitsberater. Florentyna blieb gelassen, bis der Name des neuen Außenministers fiel.
Ungläubig horchte sie auf, als Parkin erklärte: »Chicago kann mit Recht stolz sein, daß so wohl die Vizepräsidentin als auch der Außenminister Kinder dieser Stadt sind.«
Am Inauguration
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