Archer, Jeffrey
Vizepräsident zum Nordportal des Weißen Hauses, um die Presse zu empfangen. Ralph Brooks schien für alles Statistiken bereit zu haben; die Presse sei, so warnte er, ebenso geteilt wie das ganze Land. Hundertfünfzig Zeitungen mit zweiundzwanzig Millionen Lesern unterstützten die Demokraten, während hundertzweiundvierzig mit ebenfalls zweiundzwanzig Millionen Lesern für die Republikaner seien. Er könne, wenn nötig, über jede Zeitung im Land Auskunft geben.
Florentyna sah über den Rasen am Lafayette Square, wo Leute spazierengingen oder ihren Lunch aßen. Sollte sie gewählt werden, würde sie kaum mehr Gelegenheit haben, die Parkanlagen und Denkmäler von Washington zu besuchen – jedenfalls nicht ohne Begleitung. Sobald die Presse auf die üblichen Fragen die üblichen Antworten erhalten hatte, kehrte sie mit Parkin in dessen Büro zurück. Auf dem Konferenztisch stand schon das Mittagessen bereit. Florentyna verließ die Besprechung mit einem wesentlich besseren Gefühl, vor allem, da der Vizepräsident in Anwesenheit von Ralph Brooks zweimal ihre Abmachung bezüglich 1996 erwähnt hatte. Trotzdem würde es noch lang dauern, bis sie Parkin ganz vertrauen konnte, dachte Florentyna.
Am 7. September begann sie in Chicago ihren Teil der Wahlkampagne, mußte aber feststellen, daß ihr, obwohl die Presse immer noch Mühe hatte, mit ihrem Tagesprogramm Schritt zu halten, jener Enthusiasmus fehlte, der bisher ihren Einsatz gekennzeichnet hatte.
Die ersten Tage verliefen wie geplant; Florentyna bereiste Illinois, Massachusetts und New Hampshire. Als sie im Staat New York ankam, wurde sie auf dem Flughafen von Albany von zahlreichen Reportern umringt, die wissen wollten, was sie zu Pete Parkins Erklärungen über die mexikanischen Chicanos zu sagen habe.
Florentyna mußte zugeben, nicht zu wissen, wovon die Rede war. Man teilte ihr mit, der Präsidentschaftskandidat habe behauptet, mit den Chicanos auf seiner Ranch nie Schwierigkeiten gehabt zu haben; sie seien wie seine eigenen Kinder. Die Bürgerrechtskämpfer im ganzen Land waren empört, und Florentyna konnte nur sagen, man habe ihn bestimmt mißverstanden oder seine Worte aus dem Zusammenhang gerissen.
Russell Warner, der republikanische Kandidat, erklärte, Pete Parkin sei eben ein Rassist. Florentyna wies solche Behauptungen zurück, obwohl sie insgeheim fand, sie hätten etwas für sich. Florentyna und Pete Parkins mußten ihr Programm ändern, um dem Begräbnis von Ralph Abernathy in Alabama beizuwohnen. Ralph Brooks fand, Abernathys Tod komme zu diesem Zeitpunkt sehr gelegen. Für diese Bemerkung wäre Florentyna ihm beinahe vor der versammelten Presse ins Gesicht gesprungen.
Sie reiste weiter durch Pennsylvania, West Virginia und Virginia, bevor sie in Kalifornien mit Edward zusammentraf. Bella und Claude führten sie in ein Restaurant in Chinatown, dessen Besitzer ihnen einen Tisch in einer Nische zuwies, wo sie ungestört plaudern konnten, aber die Schnaufpause dauerte nur kurz; Florentyna mußte nach Los Angeles weiterfliegen.
Die kleinlichen Streitereien zwischen Parkin und Warner, die niemals echte Probleme betrafen, wurden der Presse bald langweilig, und als die Kandidaten in Pittsburgh eine Fernsehdebatte veranstalteten, fand man allgemein, beide hätten verloren, und die einzige Persönlichkeit von Format sei Senatorin Kane. Viele Reporter waren der Ansicht, es sei eine Tragödie gewesen, daß die Senatorin eingewilligt habe, für Pete Parkin als Vizepräsidentin zu kandidieren.
»In meinen Memoiren werde ich schreiben, was wirklich vorgefallen ist«, sagte Florentyna zu Edward. »Aber wen wird es dann noch interessieren?«
»Niemanden«, erwiderte Edward. »Wie viele Leute wissen heute noch, wer Trumans Vizepräsident war?«
Am folgenden Tag kam Parkin nach Los Angeles, um sich mit Florentyna gemeinsam zu zeigen. Sie holte ihn am Flughafen ab; er trug eine Zeitung aus Missouri unter dem Arm, die einzige, die »Parkin gewinnt die Debatte«
als Überschrift hatte. Florentyna bewunderte sein Geschick, die Dinge zu seinen Gunsten zu verdrehen.
Kalifornien war der letzte Stop, bevor beide in ihre Heimatstaaten zurückkehrten, und in der Rose Bowl fand ein riesiges Fest statt. Parkin und Florentyna waren von Stars umgeben, die zum Großteil wegen der kostenlosen Publizität auftraten. Gemeinsam mit Dustin Hoffman, Al Pacino und Jane Fonda verbrachte Florentyna die meiste Zeit damit, Autogramme zu geben. Sie wußte keine Antwort, als sie
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