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Archer, Jeffrey

Archer, Jeffrey

Titel: Archer, Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abels Tochter
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sich mit dem Abschied von Miss Tredgold vergleichen. Auf der Fahrt von Chicago nach New York, während der Florentyna ihre Liebe und Dankbarkeit auszudrücken versuchte, übergab sie der älteren Frau ein Kuvert.
    »Was ist das, Kind?«
    »Die viertausend Aktien der Baron-Gruppe, die wir in den letzten vier Jahren verdient haben.«
    »Aber da sind deine Anteile dabei, Kind.«
    »Nein«, sagte Florentyna, »es wurde berücksichtigt, was ich mit dem Woolson-Preis erspart habe.«
    Miss Tredgold antwortete nicht.
    Eine Stunde später stand Miss Tredgold im Hafen von New York und wartete auf die Einschiffung.
    »Ich werde von Zeit zu Zeit an dich denken, mein Kind«, sagte sie, »und hoffen, daß mein Vater mit der Berufung recht hatte.«
    Florentyna umarmte Miss Tredgold und sah ihr nach, wie sie die Gangway hinaufging. Auf Deck drehte sie sich um, winkte einmal mit der behandschuhten Rechten und rief nach einem Träger, der die Koffer nahm und der gestrengen Dame zu ihrer Kabine folgte. Miss Tredgold wandte sich nicht mehr nach Florentyna um, die wie eine Statue auf dem Kai stand und die Tränen zurückhielt, weil sie wußte, Miss Tredgold würde sie mißbilligen. Als Miss Tredgold ihre Kabine erreichte, gab sie dem Träger fünfzig Cents und verschloß die Tür.
    Winifred Tredgold saß auf dem Bett und ließ ihren Tränen freien Lauf, ohne sich zu schämen.

10
    Seit dem ersten Tag in der Girls Latin School hatte sich Florentyna nicht mehr so verloren gefühlt. Als sie mit ihrem Vater von den Ferien in Europa zurückkehrte, erwartete sie ein dickes Kuvert aus Radcliffe. Es enthielt alle Details, wann und wo sie sich zu melden hatte und was sie anziehen mußte; ein Vorlesungsverzeichnis und das »rote Buch« mit den Vorschriften der Universität.
    Florentyna saß im Bett und las aufmerksam eine Information nach der anderen, bis sie zur Vorschrift 11a kam: »Wenn Sie in Ihrem Zimmer einen Mann zum Tee empfangen, muß die Tür die ganze Zeit offenstehen, und die vier Füße müssen immer den Boden berühren.«
    Florentyna lachte laut, als sie sich vorstellte, daß sie vielleicht eine Teetasse in der Hand, hinter einer offenen Tür stehend, das erste Mal einen Mann lieben würde.
    Als sie in Boston ankam, leuchtete New England in sommerlichem Grün und herbstlichem Braun. Ein alter gelber Schulbus brachte die Studenten zum Campus. Als das alte Gefährt über die Charles Street fuhr, glänzte die Kuppel des State House im Sonnenlicht. Auf dem Fluß glitten ein paar Segelboote dahin, und acht eifrige Studenten trieben ihr Boot durchs Wasser, während ein älterer Mann auf einem Fahrrad sie durch ein Megaphon anfeuerte. In Radcliffe wurden die neuaufgenommenen Mädchen von einer älteren Dame in Empfang genommen und in die Longfellow Hall geführt, wo Florentyna die Prüfung abgelegt hatte. Hier hörten die Mädchen, wo sie im ersten Jahr wohnen würden; Florentyna bekam Zimmer 7 in der Whitman Hall. Eine Studentin half ihr das Gepäck tragen und ließ sie allein, um auszupacken.

    Das Zimmer roch, als hätten es die Maler vor einem Tag verlassen. Offenbar teilte sie es mit zwei anderen Mädchen: es gab drei Betten, drei Kommoden, drei Schreibtische, drei Stehlampen und dreimal Bettwäsche.
    Florentyna wählte das Bett beim Fenster und packte aus.
    Eben war sie bei ihrem letzten Koffer angelangt, als die Tür aufflog und ein Schiffskoffer in der Mitte des Zimmers landete.
    »Hi«, sagte eine Stimme, die einem Nebelhorn glich,
    »ich bin Bella Hellaman aus San Francisco.«
    Florentyna reichte ihr die Hand und bereute es sofort.
    Vor ihr stand eine beinahe zwei Meter große Hünin, die bestimmt mehr als hundert Kilogramm wog. Bella sah aus wie ein Kontrabaß und klang wie eine Orgel. Sie sah sich um.
    »Ich wußte, daß das Bett für mich zu klein sein wird«, verkündete sie. »Meine Direktorin riet mir, in das College für Jungen zu ziehen.«
    Florentyna lachte laut.
    »Dir wird das Lachen vergehen, wenn ich dich die ganze Nacht störe. Ich wälze mich so viel herum, daß du dir wie auf einem Schiff vorkommen wirst.«
    Bella öffnete das Fenster und ließ die kalte Bostoner Luft herein. »Wann gibt es hier Dinner? Seit Kalifornien hab ich keine ordentliche Mahlzeit mehr bekommen.«
    »Ich weiß es nicht, aber bestimmt steht es im roten Buch«, sagte Florentyna. Sie überflog die Seiten, bis sie zu

»Mahlzeiten: Dinner halb sieben bis halb acht« kam.
    »Dann bin ich Punkt halb sieben an der Tür zum Speisesaal bestellt«,

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