Archer, Jeffrey
und Florentyna und Wendy saßen jeden Samstagnachmittag auf der Tribüne, um Bella beim Hockey zuzuschauen. Wendy lernte sogar »Feg sie weg« zu schreien, obwohl es nicht ganz überzeugend klang. Es war ein hektisches erstes Jahr, und Florentyna unterhielt ihren Vater mit langen Geschichten über Radcliffe, Bella und Wendy.
Sie mußte viel arbeiten, und Miss Rose, ihre Studienbe-raterin, machte sie immer wieder darauf aufmerksam, daß das Woolson-Stipendium jedes Jahr erneuert werden mußte; es wäre schlecht für ihren Ruf, sollte sie es nicht mehr erhalten. Am Jahresende waren Florentynas Noten überdurchschnittlich gut, sie hatte auch Zeit gefunden, am Debattierklub teilzunehmen und wurde Vertreterin des ersten Jahrgangs im Demokratischen Club von Radcliffe.
Aber daß sie Bella auf dem Golfplatz geschlagen hatte, hielt sie für ihre bemerkenswerteste Leistung.
Im Sommer 1952 verbrachte Florentyna nur zwei Wochen bei ihrem Vater in New York, weil sie sich als Hosteß beim Parteikonvent von Chicago gemeldet hatte.
Kaum war sie bei ihrer Mutter in Chicago, als sie sich in die große Politik stürzte. Der Parteikonvent der Republikaner hatte zwei Wochen zuvor stattgefunden, und Dwight D. Eisenhower und Richard Nixon als Kandidaten aufgestellt. Florentyna kannte keinen Demokraten, der Eisenhower Paroli bieten konnte; er war der größte Nationalheld seit Teddy Roosevelt und überall sah man die » I like Ike«- Abzeichen.
Als der Konvent der Demokraten am 21. Juli begann, hatte Florentyna die bedeutenden Persönlichkeiten, die VIPs, zu ihren Sitzen zu geleiten. In diesen vier Tagen lernte sie zwei wichtige Dinge: erstens die Bedeutung von Kontakten, und zweitens, wie eitel Politiker sind. Zweimal wies sie Senatoren falsche Sitze an, und diese waren so empört, als hätte sie sie auf den elektrischen Stuhl gesetzt.
Der netteste Augenblick kam für Florentyna, als sie ein gutaussehendes junges Kongreßmitglied aus Massachusetts fragte, in welches College sie gehe.
»Als ich in Harvard war«, sagte er, »verbrachte ich viel zu viel Zeit in Radcliffe. Man erzählt sich, daß es jetzt umgekehrt sei.«
Florentyna wollte etwas Witziges erwidern, leider fiel ihr nichts ein; es vergingen viele Jahre, bis sie John Kennedy wiedersah.
Der Höhepunkt des Konvents war die Wahl Adlai Stevensons zum demokratischen Präsidentschaftskandidaten. Sie hatte ihn als Gouverneur von Illinois bewundert, sah aber für einen Intellektuellen wie ihn keine Chance, Eisenhower zu schlagen. Trotz Jubel und Applaus schienen die meisten Anwesenden ihre Meinung zu teilen.
Nach dem Parteikonvent arbeitete Florentyna in Henry Osbornes Büro, um ihm im Kampf um seinen Platz im Repräsentantenhaus zu helfen. Ihre Aufgabe war es, alle Anfragen zu beantworten. Es machte ihr wenig Freude, da sie wußte, daß Osborne allmählich das Vertrauen seiner Mitarbeiter und seiner Wähler verlor. Sein Ruf als Trinker und seine zweite Scheidung schadeten ihm beim Mittelstand.
Die Anliegen seiner Wählerschaft interessierten ihn kaum, und Florentyna begann zu verstehen, warum die Leute so wenig Vertrauen zu den von ihnen gewählten Vertretern hatten. Dieses Vertrauen wurde noch mehr erschüttert, als Richard Nixon in einer Rede an die Nation einen Schmiergeldfonds von achtzehntausend Dollar als
»notwendige politische Auslage zur Entlarvung von Kommunisten« bezeichnete.
Florentyna und ihre Mitarbeiter machten sich wenig Hoffnung für die Demokraten, und sie hatten recht; Eisenhower gewann die Wahl mit einer überwältigenden Mehrheit. Unter den Opfern dieses Erdrutsches befand sich auch das Mitglied des Repräsentantenhauses Henry Osborne.
Enttäuscht von der Politik kehrte Florentyna nach Radcliffe zurück und konzentrierte ihre gesamte Energie auf das Studium. Bella war Kapitän des Hockeyteams geworden, und Wendy behauptete, in einen Tennisspieler aus Dartmouth, namens Roger, verliebt zu sein. Sie nahm bei Florentyna Unterricht in Mode und studierte Brautkleider in der Vogue.
Obwohl jetzt alle drei Mädchen Einzelzimmer hatten, sahen sie einander regelmäßig, und Florentyna versäumte nie ein Hockeymatch, ganz gleich, ob es schneite oder regnete – und beides kam in Cambridge häufig vor.
Wendy machte sie mit vielen Männern bekannt, die alle ein drittes oder viertes Steak nicht wirklich wert zu sein schienen.
Als Florentyna eines Tages in ihr Zimmer kam, fand sie ihre Freundin Wendy tränenüberströmt auf dem Fußboden sitzen.
»Was ist los?«
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