Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
sollte man keine Witze machen.“
Die Geste bestärkte Eryn und er setzte sich neben sie.
„Das ist kein Witz, ich liebe dich und möchte mit dir zusammen sein – für immer.“
Plötzlich standen Tränen in ihren Augen und wieder wusste Eryn in keinster Weise, wie er sich verhalten sollte. Warum weint sie nun auf einmal? Was habe ich getan? Und er sagte:
„Wenn der Namenstag kommt und die Finngul mir meinen Kriegernamen offenbart hat, dann komme ich und frage dich noch einmal.“
Doch Aileen schüttelte den Kopf.
„Es ist nicht so, wie du jetzt vielleicht denkst. Ich mag dich auch Eryn... sehr sogar, doch ich bin jung und liebe die Jagd. Ich bin so gut wie jeder von euch jungen Männern“, ereiferte sie sich nun. „Und wenn die Finngul die Namen gibt, dann werde ich den Speer nehmen.“
Das hatte Eryn als Allerletztes erwartet. ‚Den Speer nehmen‘ bedeutete, dass eine Frau fünf Jahre lang als Kriegerin galt. In dieser Zeit war sie anerkannt unter den Männern, als Gleiche unter Gleichen, durfte Waffen tragen und auf die Jagd gehen. Allerdings stand sie dann auch unter dem Schutz der Götter und kein Mann durfte ihr Lager teilen. Die Frauen kümmerten sich normalerweise um die Kinder, das Haus und die Feldarbeit in den kleinen Gärten. Das Tragen von Waffen war ihnen zwar nicht untersagt, galt aber als äußerst unschicklich und war gegen die Tradition. Auch gab es viel Arbeit, und das ließ den Frauen kaum Zeit für anderes. Das Überleben in den Bergen war nicht einfach. Den Männern oblag das Jagen, den Frauen das Sammeln und Anbauen von Früchten. Und nur, wenn eine Frau sich für das Leben eines Mannes entschied, konnte sie diesen Pflichten entkommen. So waren die Bräuche der Fenn.
„Aileen, überleg es dir nochmal gut!“, begann Eryn, „Ich werde für dich sorgen und dir jeden Pelz bringen, den du dir nur wünschst. Bitte.“ Aileen weinte nur noch mehr.
„Mach es mir nicht so schwer, Eryn. Fünf Jahre werde ich im Schutz der Götter leben und wenn du mich nicht haben kannst, wirst du mich vergessen und eine andere Frau finden. Es wäre besser, du hättest nie etwas gesagt, denn auch ich mag dich sehr. Aber wenn du geschwiegen hättest, dann hätte ich mir einreden können, du würdest mich gar nicht mögen und alles wäre um vieles leichter.“
Der junge Mann stand auf.
„Noch ist es Zeit, deine Entscheidung zu überdenken. Der Namenstag kommt erst. Mein Herz lege ich in deine Hände und am Namenstag werde ich dich noch einmal fragen.“
Dann ging er betrübt davon.
Die nächsten Tage gingen sich beide so gut es ging aus dem Weg. Keiner war emotional bereit, direkt mit dem anderen zu reden. Aber Aileens Bruder, Arun, war Eryns bester Freund und so redete Eryn mit Arun und Arun mit Aileen und dann wieder mit Eryn. Aber die dickköpfige junge Frau wollte nicht von ihrer Entscheidung abrücken. Schließlich versuchte Arun, Eryn mit gut gemeinten Worten zu trösten: „Fünf Jahre sind keine Ewigkeit, Eryn. Dann wird sie es satt haben, draußen im Regen zu schlafen, bei jedem Wetter stundenlang auf der Lauer zu liegen, um letztendlich die Beute zu verfehlen. Du wirst schon sehen. Nach fünf Jahren wirft sie den Bogen ins Feuer und kommt reumütig zu dir.“
Mühsam rang sich Eryn ein Lächeln ab und stimmte dem Freund zu. Aber für einen verliebten Jüngling waren fünf Jahre eben doch eine Ewigkeit.
Von Bron hatte Eryn alles über die Wildnis, die Bräuche und das alte Wissen der Fenn gelernt. Er liebte seinen Vater und Bron war stolz auf seinen Sohn. Auch wenn Eryn im Aussehen ganz nach seiner Mutter kam, so sagte Bron immer, dass Eryn seinen Mut und sein Herz hätte. Lyesell Sonnenstrahl, Eryns Mutter, lächelte dann und umarmte Bron, um ihn zu küssen. Wahrscheinlich sagte Bron diesen Satz auch deshalb so oft.
Und dann gab es die Finngul, eine Mittlerin zwischen den Menschen und den Göttern.
Jedes Dorf hatte seine eigene heilige Frau, und Bron meinte:
„Wir können froh sein, eine so weise Frau wie die Finngul unter uns zu haben.“
Die alte Frau kannte sich bestens mit heilenden Pflanzen aus und hatte schon vielen geholfen. Und sie konnte in die Zukunft sehen.
Doch Bron warnte stets: „Jede Prophezeiung hat ihren Preis. Manchmal ist es besser, nichts zu wissen. Und wenn die Dinge nicht ausgesprochen werden, dann kann es gut sein, dass sie nie geschehen. So hüte dich vor dem Wissen der Zukunft, Eryn, denn es ist so teuflisch wie die Zauberei.“
Aber am Namenstag
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