Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
seiner Naivität wieder einmal vollkommen entgangen.
„Echt? Bis du sicher?“
„Wenn ich es dir sage.“
„Zzzt, zzzt meine Herren, es ist unhöflich zu tuscheln. Wollt Ihr uns nicht an Eurem Gespräch teilhaben lassen?“
Mit Sicherheit nicht – Schätzchen, dachte Ravenor und antwortete redegewandt: „Wir haben gerade über die neuen Sachen gesprochen und ich möchte mich hiermit bei Euch...“ – dabei verbeugte er sich leicht vor dem Schneider – „...für die exquisite Arbeit und natürlich bei Eurer Hoheit“ – eine weitere, etwas tiefere Verbeugung, den höheren Rang des Prinzen herausstreichend – „...für die spendable Großzügigkeit bedanken.“
„Man könnte Euch den Edelmann fast abnehmen, Sir Ravenor.“
Wieder eine galante Verbeugung: „Euer Lob ehrt mich sehr, mein Prinz.“
Eryn fand das übertrieben, wohingegen Meister Lovin ganz entzückt war: „Vorzüglich, Sir Ravenor.“ Und dabei klatschte er begeistert in die Hände.
„Eure Hoheit, wie Ihr Euch selbst gerade überzeugen konntet, machen wir Fortschritte bei der Konversation.“ Der Prinz zeigte seine Begeisterung nicht ganz so überschwänglich:
„Offensichtlich. Dann könnt Ihr heute beginnen, Euch dem Tanz zu widmen. Die Musikanten müssten gleich hier sein. Der Schneider mag mir folgen, damit Meister Werge die Entlohnung vornehmen kann.“
Prinz Raiden ging, begleitet von dem katzbuckelnden Schneider und ließ Eryn und Ravenor mit Meister ‚Zzzt Zzzt‘ alleine in der Halle zurück.
Wenig später tauchten zwei Musikanten auf. Der eine spielte eine Laute und der andere gab auf einer kleinen Trommel den Takt vor. Zu jedem vierten Takt erklangen dann noch die Schellen. Es war das erste Mal, dass der Taktstock des Etikettemeisters für seine wahre Bestimmung benutzt wurde und den Musikern ihren Einsatz vorgab.
„Ich kann tanzen“, bemerkte Ravenor gerade zu Eryn, aber auch Meister Lovins feines Gehör hatte die Worte verstanden.
„Das bezweifle ich, Sir Ravenor. Bei allem, was ich bisher von Euch gesehen habe, vermute ich, dass Ihr allenfalls das Gehopse vom Land beherrscht, welches die einfache Bevölkerung als Tanz bezeichnet. Was Ihr nun lernt, ist die hohe Kunst des höfischen Tanzes. Zuerst steht Ihr mit geschlossenen Beinen da, die Arme zur Seite ausgestreckt und den Kopf leicht gesenkt.“
Dabei demonstrierte Meister Lovin seine Ausführungen, wobei seine Eleganz in krassem Gegensatz zu seinem unförmigen Körper stand. „Und nun Ihr, meine Herren.“
Alles verlief vorerst friedlich. Sie übten die Schritte, wobei sich Ravenor als recht begabt erwies. Eryn fiel es nicht ganz so leicht. Was nicht daran lag, dass er ungeschickt war, denn Körperbeherrschung und Bewegungsgefühl besaß er ausreichend. Es wirkte nur nicht ganz so elegant wie bei Ravenor, der von Natur aus eine weiche und fließendere Bewegung besaß.
Dann kam der Moment, da Meister Lovin von ihnen verlangte, sie sollten sich an den Händen fassen. Ravenor zog die Augenbraue hoch. Eine Geste, die man fast identisch auch bei Prinz Raiden hätte beobachten können.
„Meister Lovin, wollt Ihr mir sagen, dass die adeligen Herren so miteinander Händchen halten? Das erklärt natürlich einiges.“
Die letzten Worte rügte der Etikettemeister als überflüssig, erklärte dann aber doch: „Nein, nicht wirklich. Normalerweise tanzen jeweils Dame und Herr paarweise zusammen. Aber in Ermangelung von Damen müsst Ihr Euch gegenseitig aushelfen, um den Tanz zu lernen. Es ist wichtig, dass man lernt, auf den Partner einzugehen.“
Das schmeckte weder Eryn noch Ravenor, doch zum Händchenhalten ließen sie sich gerade noch so überreden.
Aber als Meister Lovin von ihnen verlangte, der ‚Dame‘ – in diesem Falle Eryn – mit einer Hand um die Taille zu greifen und sie zu sich herzuziehen, da ging ein Aufschrei der Entrüstung durch den Raum und die Meuterei begann:
„Das werde ich nicht tun“, bezog Ravenor vehement Stellung und Eryn stimmte ihm zu, während er vorsichtshalber zwei Schritte zur Seite tat. Der Etikettemeister versuchte sich vor Ravenor aufzubauen, was bei einem lächerlichen Versuch blieb, denn Ravenor war größer, breiter, durchtrainiert und dazu noch wütend.
Die Zzzt, Zzzts prallten erfolglos ab, denn die beiden jungen Männer weigerten sich entschieden und als dann der Taktstock zum Einsatz kommen sollte, war es ganz vorbei. Nachdem nun die Unterarme von teurem Stoff bedeckt waren, beging Meister Lovin den Fehler,
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