Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
heute lasse ich Euch das durchgehen un d nei n , ich schicke Euch nicht für die nächsten Stunden an den Pfahl. Nicht, dass Ihr es nicht verdient hättet, doch Prinz Raiden persönlich hat uns bereits vorgewarnt. Er sagte, Ihr wärt sehr verzweifelt und würdet vor nichts zurückschrecken. Euer Verhalten gibt dem recht. Aber wenn ich richtig informiert bin, dann habt Ihr in Kürze Unterricht bei einem Etikettemeister. Und diesen Unterricht werdet Ihr auf gar keinen Fall versäumen.“
Prinz Raiden ist so umsichtig wie vorausschauend, gestand sich Ravenor ein, während er ein sehr gequältes Gesicht machte.
Dann fuhr Sir Haerkin mit seiner Ansprache fort: „Ich sage es Euch nun ganz direkt mit einfachen, derben Worten, die auch Ihr verstehen müsstet. Also, ich gehe jetzt nochmals kurz raus zum Pinkeln und wenn ich wiederkomme und Ihr dann immer noch da seid, lasse ich Euch ergreifen und kurzerhand zur Zitadelle schleifen. Keiner will, dass Ihr Euren Unterricht versäumt und man lässt auch niemanden warten. Und schon gar nicht einen Etikettemeister. Ihr habt sicherlich bereits gelernt, wie unhöflich das ist?“
Auf diese Frage beschloss Ravenor mit verstocktem Schweigen zu antworten, dann beendete der Kommandant seine kleine Ansprache: „Dem Prinzen mache ich natürlich trotzdem Meldung. Haben wir uns verstanden?“
Eine weitere Meldung kann mein Schicksal auch nicht mehr verschlimmern: „Jawohl, Sir Haerkin.“ Es war ein überaus unangenehmes Gefühl, Sir Haerkin hinter sich stehend zu wissen. Und durchschaut worden zu sein, verstärkte diesen Eindruck auch noch.
Dann ging Sir Haerkin, wie angekündigt, wieder hinaus, aber dafür waren nun die Augen aller anderen Anwesenden auf Ravenor gerichtet.
„Du bekommst Unterricht bei einem Meister der Etikette? Die ganzen Benimm- und Höflichkeitsregeln?“, fragte Sir Marten als Erster und Ravenor beschloss darauf gar nicht weiter einzugehen. Alles, was er jetzt sagte, würden diese, seine Feinde, gegen ihn verwenden.
Schulmeisterlich mischte sich nun Sir Askir ein: „Das lernt man doch im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren. Ach ich vergaß, da habt Ihr ja noch in der Gosse und im Schweinestall gespielt.“
Das ist zu viel! Ravenor konnte seine Wut kaum noch beherrschen: „Mit zwölf habe ich in der Schmiede meines Vaters gearbeitet. ARBEIT – etwas, das für Euch, hohe Herren, ja ein absolutes Fremdwort ist. Selbst Listenschreiben ist für Euch bereits zu schwer, denn sonst wären die Papiere, auf die ich warte, ja schon längst fertig.“
Nach Marten und Askir fehlte noch Demons weiser Kommentar zu dem Thema: „Ist das jetzt ein Versuch, höfliche Konversation zu betreiben? Jetzt behauptet Ihr auf einmal der Sohn eines Schmiedes zu sein. So, so, und dabei dachte ich immer, Ihr wärt der Spross von jemand anderem.“
„Halt die Klappe Demon, oder ich schlag dir eine rein.“ Das war derb und direkt, doch die anderen erheiterte es nur noch mehr und spornte sie zu weiteren Kommentaren an.
„Also viel hat er noch nicht gelernt. Diese Ausdrucksweise ist doch äußerst primitiv.“
„Da sind noch viele Stunden nötig, wenn man Ravenor überhaupt etwas beibringen kann. Uff, uff, uff.“ Und dabei tat Marten so, als kratze er sich wie ein Affe unter den Achseln.
„Die Zeit wird langsam knapp. Weißt du, wir helfen dir gerne, den Weg hinüber zur Zitadelle zu finden. Wir nehmen dich auch an der Hand, damit du dich nicht verläufst...“
Endlich hielt ihm Sir Ulme die Papiere hin und Ravenor riss sie ihm förmlich aus den Fingern.
„Ihr könnt mich alle mal! Leckt mich doch!“ Damit verabschiedete er sich und stürmte aus dem Raum, begleitet vom spöttischen Gelächter der anderen.
In diesen Tagen hatte sich Prinz Raiden endlich die Zeit genommen, ein paar Gegenstände aus den Bergen zu untersuchen. Eryns Zeitaufstellung gab ihm dabei Hinweise, welche Jahre interessant waren. Er versuchte so weit wie möglich in die Vergangenheit zurückzugehen.
Das erste Hindernis dabei war, dass die meisten Gegenstände gar nicht so lange im Besitz von Eryns Eltern gewesen waren. Und dann erwiesen sich manche Sachen von vornherein schon als unbrauchbar. Sie hatten die Information bereits wieder verloren oder hatten noch nie welche besessen.
Um Informationen lange halten zu können, war es am besten, wenn die Dinge in der Erde gelegen hatten. Dunkel und verborgen behielten sie ihre Geheimnisse am längsten. Licht und Feuer entlockten ihnen die Magie
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