Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
sogar kurz unterhalten. Aber nur, wenn der unwirsche Alte nicht zugegen war. Der stand – nach Eryns Einschätzung – Meister Raiden im Umgang mit seinen Schülern in nichts nach. War er mit der Leistung seiner Schüler nicht zufrieden, dann warf er sie ins Meer und sie durften über das Wasser zu Fuß nach Hause laufen. Was dann vom magischen Kraftaufwand ungefähr einem langen Marsch über unwegsames Gelände mit fünfzig Kilo Gepäck gleichkam. Das zumindest hatte Nethal erzählt. Außerdem war der Alte meist harsch und übellaunig, wohingegen es bei Meister Raiden durchaus Phasen von Heiterkeit und Großzügigkeit geben konnte. Während der Zeit auf See bekam Eryn seinen Kameraden Ravenor kaum zu Gesicht. Erst als sie dann Draegnok erreichten, kamen sie wieder zusammen.
Dort wurden sie zu Meister Savyen zitiert und der wies sie an, zu warten. Es herrschte ein ungutes Schweigen im Raum. Der Wassermagier erklärte sich nicht und weder Ravenor noch Eryn wollten sich durch Fragen sein Missfallen zuziehen. Also warteten sie schweigend, bis dann die Tür aufging. Gespannt sahen sie hinüber, wer da wohl hereinkommen mochte.
Es war Meister Raiden persönlich und Eryn und Ravenor nahmen sofort Haltung an: „Mein Prinz.“
Doch der beachtete sie gar nicht.
„Meister Savyen, gerne bin ich Eurer Einladung gefolgt“, schmeichelte Meister Raiden mit freundlicher Stimme und der Herr des Blauen Turmes erwiderte die aufgesetzten Höflichkeiten:
„Ich begrüße Euch hier auf Draegnok, Meister Raiden.“
Heuchlerisch, dachte Eryn . Die beiden Meister reden sonst nur abfällig über den jeweils anderen, wenn sie nicht im selben Raum sind... und bedienen sich dabei einer sehr kreativen Namensgebung wie: Wasserratte, Leichenfledderer, Regentrommler, Schwarze Pestbeule... und noch weitere kamen Eryn in Erinnerung, ohne dass er groß hätte überlegen müssen.
Nach dem Austausch der Begrüßungsfloskeln begannen die Sticheleien.
„Ihr hängt wohl an Euren Vasallen, da Ihr Euch so beeilt habt, Meister Raiden. Wir wissen beide, wie schwer Ihr Euch mit der Zeit tut.“ Die Gesichter der Magier verrieten nichts.
„Es passte gerade gut in meinen Zeitplan. Dann danke ich Euch für Eure Mühen. Am besten ich nehme die beiden gleich mit und will Euch auch nicht länger aufhalten.“ Kurz und bündig gedachte Meister Raiden das Ganze schnell hinter sich zu bringen. Aber Meister Savyen durchkreuzte seinen Plan.
„Ihr braucht Euch nicht unnötig zu hetzen. Als die beiden meine Gäste waren, da haben wir ein bisschen geplaudert und mir kam da so das eine oder andere zu Ohren.“
Eine Kunstpause folgte und als der Herr von Naganor nichts erwiderte, fuhr der Wassermagier fort: „Der Kleine hier soll Rotbarts Sohn sein?“
„Es ist anzunehmen“, gab Meister Raiden schlichtweg zu und Eryn dachte:
Ist ja irgendwie kein Geheimnis mehr .
„Und warum wollt Ihr das so brennend wissen? Denn wegen der Krone sind die zwei nicht nach Traken gesegelt. Oder wollt Ihr es leugnen? Genau so, wie Ihr nicht wirklich an einer größeren Kammer forscht.“ Das waren nun schon sehr direkte Vorhaltungen, woraufhin sich Meister Raiden zu winden begann. „Wer behauptet das?“
„Hier, der Schnösel, hat es ohne zu zögern preisgegeben.“
Dafür flog ein Zauber auf Eryn. Der hatte seine Schilde nun gestapelt und einen Moment wurde die Magie auch aufgehalten, doch dann rauschte sie durch und traf ihn wie gewohnt.
Loyalität, Nurin, ist dir das ein Begriff? Eryn stellte sich dumm und sandte seine Gedanken an den Meister: Meister Raiden, mir war nicht bewusst, dass die hohen Herren der Türme zu den Feinden zählen. Gehören sie nicht zur Bruderschaft?
Wir reden später darüber.
Inzwischen sprach Meister Savyen laut weiter: „Und den Unmagischen hier musste ich eingehender befragen. Er war nicht so kooperativ, aber doch weitestgehend chancenlos. Stolz und arrogant erinnert er mich ein bisschen an Euch, der Spross des Prinzenpapis.“
Für den Widerstand gab es ein kleines Plus für Ravenor, die Bezeichnung ‚Prinzenpapi‘ wog das aber natürlich wieder auf und wurde ebenfalls mit einem Zauber abgestraft.
„Also gut, Meister Savyen, legen wir die Karten auf den Tisch. Für meine kleinen Winkelzüge, um Euch die Lage Trakens zu entlocken, entschuldige ich mich. Die Krone ist belanglos. Ich bin rein daran interessiert, wie Eryns Ahnenreihe aussieht. Einer mit zwölf Kreisen ist entweder das seltenste Ereignis, das man sich vorstellen
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