Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
Prinzen nicht ausreichen. Es zählte nichts anderes als der glorreiche Sieg. Ein Grundsatz, dem sich Ravenor durchaus anschließen konnte, nur dass diese Strategie- und Taktikaufgaben in seiner eigenen Prioritätenliste gleich nach dem Bogenschießen kamen. Sprich, eine Beschäftigung, die ihm reichlich zuwider war. In seiner Welt gewann man Schlachten immer noch mit dem Schwert in der Hand und nicht mit Zeichenstift und Karte. Jedenfalls nicht ausschließlich.
Um der Diskrepanz zwischen wahrem Können und Erwartung gerecht zu werden, ersann er einen genialen Plan.
Vorab war bereits bekannt, in welchem Gebiet die Prüfung stattfinden sollte und dass dort verschiedene Einheiten auf sie warten würden, die sie dann auskundschaften, umgehen, angreifen oder kontaktieren mussten. Dazu kamen theoretische Kartenaufgaben, da man nicht ganze Heere simulieren konnte. Die anderen Kompanien würden den Feind darstellen, das war alles was man über die Prüfung wusste.
Lord Boron, Meister Eriwen und Prinz Raiden selbst erstellten dann die Aufgaben und kein anderer wurde von den Inhalten in Kenntnis gesetzt.
Wie also, überlegte Ravenor, kann man sich einen Vorteil verschaffen, vorbei an den langweiligen Regeln, die für alle anderen gelten?
Das war so ganz Ravenors Metier und er beherrschte diese Kunst der Regelbeugung ziemlich gut.
Einer der Magier stand in Ravenors Schuld und eine gute Summe Geld war nötig, um auch über dessen letzte Bedenken hinwegzuhelfen. Natürlich hätte er am liebsten Eryn gefragt, und der hätte ihm auch sicherlich umsonst geholfen. Aber das wäre das Erste gewesen, was alle vermuten würden und der Prinz las zu oft die Gedanken seines Schülers. Die Gefahr, dass Eryn mich zwangsläufig verrät, ist zu groß. Besser er weiß nichts davon.
Prinz Raiden persönlich, Meister Eriwen und Lord Boron hatten sich reichlich Zeit für die Planung der Aufgaben genommen. Das Ergebnis war ein ausgesprochen schwieriges Konstrukt, was Lord Boron zu der Äußerung veranlasste, dass es schon ein großer Erfolg wäre, wenn überhaupt jemand seinen Trupp da durchbringen würde. Zwei Tage waren für die ganze Sache eingeräumt. Es war vorgesehen die zehn Gruppen im Abstand von einer halben Stunde aufbrechen zu lassen.
Damit alles geheim blieb, kopierte Meister Eriwen selbst die Karten und Aufgaben und hielt die Unterlagen streng unter Verschluss. Erst am Tag, an dem die ausgesuchten Einheiten aufbrachen, um ihre Positionen in dem Spiel einzunehmen, konnten sie den Hauptteil der Unterlagen einsehen. Und auch für die Prüflinge geschah die Bekanntgabe erst, nachdem sie die Garnison bereits weit hinter sich gelassen hatten. So sollte verhindert werden, dass Informationen durchsickerten.
Als zusätzlicher Anreiz winkten der besten Truppe zwei Tage dienstfrei, für jede verpatzte Aufgabe aber zwei Stunden Extradienst.
Die Trupps der II. und der V. brachen hintereinander in den vorgegebenen Abständen auf.
Der erste Zielpunkt wurde bekannt gegeben, anschließend folgten bei jeder Station Informationen für den weiteren Weg. Da gab es Aufgaben wie:
Fünf Kilometer in Richtung Nordwest – feindliche Truppen gesichtet. Auskundschaften und umgehen!
Verbindungsmann einen Kilometer weiter in Richtung Nordwest treffen und informieren.
Oder: Spähtrupp vor 30 Minuten unterwegs in östliche Richtung beobachtet. Folgen und gefangen nehmen!
Bei den ‚Informanten‘ gab es zusätzliche Kartenaufgaben, die innerhalb von fünfzehn Minuten vor Ort gelöst werden mussten. Das Ergebnis ging dann per Bildübertragung direkt zu Meister Eriwen, der mit Sir Oswold die Arbeiten prüfte und Bewertungen für die Lösungen vergab.
Am Vormittag des nächsten Tages machten sogar Lord Boron und Prinz Raiden, rein zufällig versteht sich, einen Abstecher zur Auswertungsstelle. Zwar waren noch nicht alle Gruppen durch, aber es zeichnete sich ab, dass Sir Ravenor mit seinem Zug um Längen vorne lag. Im Gelände hatte er alle Aufgaben ohne einen einzigen Patzer gemeistert und die Kartenaufgaben vollkommen fehlerfrei gelöst.
Der Schwarze Prinz ließ sich die Ergebnisse zeigen. Tatsächlich, absolut überragend.
Und genau das machte ihn misstrauisch, denn Prinz Raiden hatte Ravenor die letzten Wochen erlebt und da hatte Ravenor bei Weitem nicht das abgeliefert, was nun schwarz auf weiß vorlag.
„Kontrolliert die Trupps auf unerlaubte magische Hilfen, wenn sie zurückkommen“, wies der Herr von Naganor Meister Eriwen an. Was
Weitere Kostenlose Bücher