Ardeen: Band 3: Nimrod (German Edition)
Nach Vorschrift waren das schon mal fünf, ungerechterweise für beide. Zwar hatte Eryn zuvor nichts gesagt, sondern sich nur ein Grinsen erlaubt, aber da er genau wusste wie es enden würde, schluckte er die fünf und verkniff sich jeglichen Kommentar.
Das nächste Problem tat sich auf, als Ravenor unter Grundübungen etwas ganz anderes verstand als Sir Askir. Gekonnt ließ Ravenor seine Klinge tanzen und spätestens nach jedem dritten Schlag verharrte die Waffe in tödlicher Siegesposition und war auf eine verwundbare Stelle des armen Rekruten gerichtet.
Inzwischen war der Zugführer die Reihe der Übenden entlanggegangen und kam nun wieder vorne bei Ravenor an. „Sir Ravenor, was tun Sie da?“ Die Frage klang anklagend, doch Ravenor war sich keiner Schuld bewusst. Er senkte seine Klinge und entgegnete: „Sir Askir, ich unterrichte den Mann im Schwertkampf.“
Aber das war schon wieder daneben. „Falsch! Sie unterrichten hier niemanden. Sie üben nichts anderes als die ersten Grundtechniken. Zur Erinnerung: Vier Schläge in festgelegter Reihenfolge mit den vier entsprechenden Paraden dazu.“
Doch Schwertkampf war Ravenors Steckenpferd und er konnte sich einfach nicht zurückhalten: „Sir Askir, bei allem Respekt, so lernt man es nie.“
Auf diesen Hinweis ging Sir Askir gar nicht näher ein, sondern verteilte großzügig weitere zehn Hiebe – streng nach Vorschrift. Dann drehte er sich ohne ein weiteres Wort um und ging die Reihe wieder hinauf.
Zurück blieb ein vor Wut kochender Ravenor. Und ich habe mich auf den Schwertkampf gefreut. So wie ich Askir kenne, lässt er uns nun die ganze Zeit über rechts, links, von oben und wieder rechts schlagen . Und mein jämmerlicher Lordling hier gegenüber findet Sir Askirs Ansage auch noch witzig. Dir wird dein dämliches Grinsen gleich vergehen. Wart’s nur ab.
Der andere begann mit der Attacke, die Ravenor gelangweilt konterte, dann war er dran. Jetzt legte Ravenor all seine Kraft – und die war beträchtlich – in die Schläge, sodass er seinem Gegenüber beim zweiten Schlag das Schwert aus der Hand schlug. Aus dem dämlichen Grinsen des Lordlings war eine Mimik des Entsetzens geworden. Zwar hob der Mann sein Schwert wieder auf und versuchte sich tapfer zu zeigen, doch gegen Ravenors geballte Wut war er chancenlos und wieder und wieder flog ihm die Klinge aus der Hand, bis die Rettung in Gestalt von Sir Askir nahte.
„Verstehen Sie das unter Grundtechnik, Sir Ravenor!“ Die Worte waren scharf gesprochen und Ravenor beschränkte sich auf die knappe Entgegnung: „Jawohl, Sir Askir.“ Schließlich machte er in seinen Augen rein gar nichts falsch. Ist doch die Grundübung – oder etwa nicht.
Aber der Ortenspross war absolut nicht zufrieden mit dieser Antwort: „Sie wissen genau, was ich meine! Treiben Sie es nicht zu weit, Sir Ravenor. Mäßigen Sie sich bei den Übungen, oder wollen Sie den Mann erschlagen?“
„Nein, Sir Askir. Der Mann ist jedoch äußerst schwächlich. Könnte ich vielleicht mit Eryn üben? Der kann wenigstens sein Schwert festhalten.“
Es passierte selten, dass Sir Askir seine gute Erziehung vergaß und sich aus seiner Ruhe der Überlegenheit bringen ließ, doch nun war dieser Punkt erreicht. Wütend schrie er den Prinzenbastard an:
„Sir Ravenor, Sie sind jetzt bei fünfundzwanzig und wenn Sie nicht augenblicklich die Klappe halten und tun was ich von Ihnen verlange, dann wird sich die Zahl der Hiebe weiter und weiter erhöhen. Wenn Sie das wollen, bitte, nur zu. Ein blöder Spruch, eine Bemerkung, eine Belehrung – halten Sie sich nicht zurück. Ich bin ganz Ohr… Oder Sie tun endlich ganz brav das, was alle anderen auch tun und sie wissen genau, was das ist – stimmt’s, denn so dumm sind Sie nun wiederum auch nicht.“
Scheiße, fünfundzwanzig. Ich frag jetzt nicht wie er auf die Summe kommt. Hoffentlich kann Eryn nachher noch so lange bleiben, um die Reste zu beseitigen, wenn ich diesen Bockmist überlebt habe: „Jawohl, Sir Askir.“ Und dir werde ich das nicht so schnell vergessen. Irgendwann bietet sich die Gelegenheit und dann, guter Askir, frisst du Dreck bis du daran erstickst.
Askir konnte diese von Herzen kommenden Wünsche Ravenors leider nicht hören und so entspannte er sich wieder ein wenig. „Gut – weitermachen.“
Den Rest der Zeit plänkelte Ravenor gelangweilt mit dem Schwert herum und ertrug die Unfähigkeit des Neulings. In Gedanken malte er sich derweil aus, wie er Askir bei ihrem
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