Ardeen: Band 3: Nimrod (German Edition)
dachte ich nicht. Nur an den adeligen Sack, der den großen Preis gewinnt und dafür dann zwei Jahre lang keinen Tropfen aus seinem vertrockneten Schwanz schütteln kann. Ich finde diese Strafe für jeden Adeligen gerecht. Alleine schon deshalb, weil nur diese Lackaffen an dem Turnier teilnehmen dürfen und dabei vorgeben, die Besten zu sein. Ich darf mir dann am Rande ansehen, wie sie dilettantisch mit ihren Schwertern hantieren. Das alleine, Eryn, ist Grund genug und ich wusste, welche leisen Worte Gehör finden würden. Schließlich ist der noble Prinz mein Vater und so ungerne ich das zugebe, in manchen Dingen sind wir uns sehr ähnlich.“
„Hmm.“ Da hat wohl mal wieder Ravenors Eifersucht auf den Stand von anderen den Sieg davongetragen.
Sie trennen sich und Ravenor ging zu den Ställen, um seinen Hengst zu satteln. Er hatte bereits von Lady Uster gehört und wusste, dass sie außerhalb der Stadt ihren Wohnsitz hatte. Der Hengst hatte in letzter Zeit nicht viel Auslauf gehabt und strotzte nur so vor Kraft, als Ravenor dann die Felder entlanggaloppierte. Er musste zweimal nach dem Weg fragen, bevor er das Landgut schließlich fand. Am Tor hielt ihn ein Diener auf, der dann kurz nach drinnen verschwand, um die Ankunft des Boten zu melden. Als er zurückkam, öffnete er das Tor und ließ Ravenor eintreten. Im Hof nahm der Diener die Zügel von Callas entgegen und führte den Hengst weg, während Ravenor das Haus betrat.
Lady Uster erwartete ihn bereits in der Halle. „Was verschafft mir die Ehre? Ich habe nicht mit einem Besuch gerechnet.“
Die Dame war eine Frau bereits mittleren Alters, doch immer noch von überragender Schönheit.
Ravenor verbeugte sich leicht. „Lady Uster, ich bin nur ein Bote, der Euch diesen Brief hier überbringen soll. Prinz Raiden, Herr von Naganor, wartet ungeduldig auf Eure Antwort.“
Zierliche Finger nahmen den Brief entgegen und öffneten ihn. „So, der Herr von Naganor ist ungeduldig. Es ist lange her, seit ich das letzte Mal von ihm gehört habe.“ Sie überflog die Zeilen. „Er bittet mich um Hilfe.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie an: „Ich werde darüber nachdenken.“
Das klingt jetzt nicht so, als ob Lady Uster sofort aufbrechen wollte. Oder ist es nur ein kokettes Spiel?
Ravenor war sich dessen nicht ganz sicher. „Meine Dame, die Angelegenheit ist dringlich und der Prinz ist sicherlich sehr dankbar für Eure Unterstützung.“
Nun wurde Ravenor einer genaueren Musterung unterzogen. „Mit Sicherheit ist er das. Und wer seid Ihr, ...außer dass Ihr eine stattliche Erscheinung abgebt?“ Die Augen der Dame verrieten ein gewisses Interesse, wie Ravenor sofort bemerkte. Distanziert höflich stellte er sich nun vor:
„Ich bin Sir Ravenor, Offizier der Schwarzen Garde und persönlicher Adjutant des Prinzen von Ardeen. Und – wie gesagt – als Bote hier, um Euch die Einladung des Prinzen zu überbringen.“
Sie hatte eine perfekte Figur, noch unterstrichen durch die Wahl ihrer Kleidung. Lady Usters blaue Augen ruhten unangenehm lange auf ihm, bis sie dann spitz bemerkte: „Und wenn ich die Einladung ablehne? Wie wollt Ihr mich überzeugen?“
Das Spiel, welches hier gespielt wird, ist mir nur allzu bekannt und ich würde nicht Nein sagen, doch diesmal liegt der Schatten des Schwarzen Prinzen darüber und das sollte man nicht ignorieren.
„Meine Dame, wie könnte ich Euch überhaupt überzeugen, wenn es die Worte des Prinzen nicht vermögen?“
Sie zwinkerte ihm zu: „Oh, das könnt Ihr.“
Trotz seiner Abgebrühtheit errötete Ravenor auf den Wangen: „Ich bin ein Mann von geringem Stand, weit unter dem Euren.“ Sein Verlangen sagte ‚Ja‘, seine Vernunft eindeutig ‚Nein‘.
Aber Lady Uster las in ihm wie in einem Buch und kicherte schelmisch: „Und ich dachte immer, alle Männer wären gleich.“
Das Eis wurde immer dünner. „Lady Uster, es ist der Herr von Naganor, der ein Interesse an Euch hat. Ihn – in welcher Weise auch immer – herauszufordern, halte ich für äußerst unklug.“ Ravenors Hals fühlte sich heiser an. Sie kam auf ihn zu und ihr süßes Parfum schlug ihm entgegen. Dann flüsterte sie ihm zu:
„Es gibt Menschen, die sich für ein Leben binden und darin Erfüllung finden, aber dazu zählen weder Prinz Raiden noch ich.“ Ihr Duft und ihre Nähe erregten ihn zusehends.
„Prinz Raiden wird so eine Art der Überredung nicht gutheißen“, entgegnete er lahm.
„Ich gehöre nicht Prinz Raiden“,
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