Aretha Franklin - Queen of Soul
war ein kleiner Tyrann. Alle anderen in ihrer Familie waren großartige Sänger und zumindest in der Gegend ziemlich bekannt. Das hat sie ausgenutzt, um zu kriegen, was sie wollte.«
Besonders beeindruckt war Wilson von C. L. Franklin: »Reverend Franklin hatte so viel Charisma, dass alle von ihm fasziniert waren. Die Frauen lagen ihm zu Füßen. Er war ein absoluter Frauenschwarm! Meine Mutter schwärmte auch für ihn. Er war so charmant, dass die Menschen sich von ihm angezogen fühlten. Er war auch sehr redegewandt. Ich kann verstehen, dass seine Kinder ihn genauso anhimmelten wie alle anderen. Es scheint, dass keiner der Männer in Arethas Leben je an ihren Vater herankommen konnte, weil er eine soche Ausstrahlung hatte.«
Während Arethas lokaler Ruhm als jugendlicher Gospelstar wuchs, wandelte sich die Musikindustrie um sie herum. Aretha liebte zwar Gospelmusik, aber sie war auch fasziniert von der heißen neuen Musik, die sie im Radio hörte. Zu den ersten R & B-Interpreten, die ihr auffielen, gehörte eine Sängerin, die »Miss Rhythm« genannt wurde – Ruth Brown. Wie Aretha hatte Ruth ihre Gesangskarriere damit begonnen, in der Kirche ihres Vaters zu singen. Dann sang sie R & B und wurde später zum Popstar. In den R & B-Charts war sie mit »5-10-15-Hours« (1952) und »Mama He Treats Your Daughter Mean« (1953) vertreten, 1957 schaffte sie mit dem Riesenhit »Lucky Lips« auch den Sprung in die Popcharts. »Sie war die Sängerin, als ich ein Teenager war«, erzählt Aretha begeistert. »Neben ihren Platten mochte ich noch The Clovers [›Love Potion No. 9‹] und Clyde McPhatter [›A Lover’s Question‹] – das waren auch alles Künstler bei Atlantic [Records]. Aber Ruth Brown war mein Favorit.«
Schon bald spielte Aretha mit dem Gedanken, es Brown gleichzutun und ebenfalls eine R & B-Sängerin zu werden. Bestärkt wurde sie durch die Karriere eines guten Freundes, der zuerst als Gospelsänger berühmt wurde und dann im Mainstream-Pop erfolgreich war. Auch er hatte zunächst in der New Bethel Baptist Church gesungen und Gospelplatten aufgenommen, war dann ein R & B-Star geworden und schließlich ein Popstar. Sein Erfolg öffnete Aretha die Augen dafür, was möglich war. Seine Name war Sam Cooke.
Wie so viele andere Gospelsänger, darunter auch Mahalia Jackson, stammt Sam Cooke aus Chicago. Viele Stars aus Chicago fuhren damals nach Detroit, um in C. L. Franklins Kirche aufzutreten. Schon in der Highschool sang Sam mit seinem Bruder in einer Gruppe namens The Highway Q. C.’s Gospelsongs. In den 1950ern war er der Leadsänger einer religiösen Gruppe, die sich The Soul Stirrers nannte. Er nahm mehrere Platten auf, darunter »Touch the Hem of His Garment« und »Pilgrim of Sorrow«.
Nach seinen Auftritten in Reverend Franklins Kirche war Sam immer zu Gast bei den Franklins. Dabei freundete er sich mit Aretha und ihren Schwestern an. Er sah sehr gut aus und war ausgesprochen charmant; Aretha verfiel in eine jugendliche Schwärmerei. Sie liebte es, ihn singen zu hören, und sammelte alles über ihn in einem Album.
»Ich war total verknallt in den Mann«, seufzt Aretha, als sein Name fällt. »Ich war ein großer Sam-Cooke-Fan. Ich hatte ein kleines Buch, in dem ich alles sammelte, sogar seine leeren Zigarettenschachteln. Er war jung und gutaussehend. Er war ein sehr bodenständiger und wunderbarer Mensch.«
Als Sam von Gospel zu Pop wechselte, nahm er bei Speciality Records, dem Gospellabel der Soul Stirrers, zwei Singles auf: »I’ll Come Running Back To You« und »Forever«. Doch die Plattenfirma schien die Songs nicht richtig vermarkten zu können und so wechselte er 1957 zu Keen Records.
Sams Erfolg wuchs – bald trat er in Detroit nicht mehr in der New Bethel Baptist Church auf, sondern im angesagtesten Club der Stadt, The Flame Show Bar. Sehr zu ihrem Leidwesen war Aretha zu jung, um dort eingelassen zu werden, obwohl sie liebend gern zu Sams Konzerten gegangen wäre. »The Flame!«, ruft sie aus. »Da wollte ich unbedingt rein. Sämtliche Soulgrößen spielten dort, doch einige Jahre lang war ich einfach zu jung. Als ich schließlich rein durfte, spielte ich mit Smokey Robinson, The Temptations, Ben E. King usw. Ja, das waren wilde Zeiten!«
Kurz vor Erscheinen seiner ersten Single bei Keen Records kam Sam bei den Franklins vorbei und gab Aretha eine private Vorschau. »Ich habe von Sam Cooke viel gelernt«, erzählt sie. »Er setzte seine Stimme auf so vielfältige Weise
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