Aretha Franklin - Queen of Soul
auch andere Bewohner des Detroiter Viertels ihre Liebe zur Musik. Einer davon war Otis Williams, der 1964 mit den Temptations zu Weltruhm gelangte. Ein dünnes kleines Mädchen aus der Nachbarschaft namens Diane Ross gründete mit ihren zwei Schulfreundinnen Mary Wilson und Florence Ballard The Supremes (später änderte sie ihren Vornamen von Diane zu Diana). Freunde der Franklins, die Robinsons, hatten einen kleinen Sohn namens William, der später einmal Popsänger werden wollte. Bekannt wurde er unter seinem Spitznamen Smokey. Es ist wirklich erstaunlich, wie hoch die Konzentration an musikalischem Talent in diesem Viertel von Detroit war.
Otis Williams kann berichten, dass das kleine Franklin-Mädchen, das sonntags in der Kirche sang, in aller Munde war. Und Smokey Robinson erzählt: »Aretha konnte sich schon als Kind einfach ans Klavier setzen und spielen und dazu singen – fast wie heute. Keiner von uns konnte das.«
Aretha erinnert sich an die Stars, die im selben Viertel wie sie aufwuchsen, mit nichts als ihren Träume und ihrem Gesangstalent: »Diana kannte ich kaum. Ich sah sie ab und zu auf meinem Weg nach Hause. Eines Abends stand sie auf der hinteren Veranda und schrie jemanden an und ich sagte: ›Ach, das ist diese Diane Ross‹. Smokey und ich – unsere Familien waren befreundet, seit ich neun oder zehn war. Smokey kam oft mit seiner Gruppe [The Miracles] vorbei, um zu proben. Erma und ich liebten The Flamingos. Wir sangen ›I Only Have Eyes For You‹ und kannten alle ihre Tanzschritte. Als Smokey dann mit den Miracles etwas auf die Beine stellen wollte, zeigten wir ihm, was wir konnten. Das war wahrscheinlich die erste Choreographie der Miracles – und die bekamen sie von uns gratis!«
Der Musikproduzent Billy Davis erinnert sich gut an diese so fruchtbare Ära in Detroit: »Im Nachhinein erkennt man, wie viele junge Talente es dort gab, die sich gegenseitig anspornten und die inspiriert wurden von Gruppen wie The Dominoes, The Four Buddies, Ruth Brown, The Ravens und anderen Bands, die Mitte der 1950er populär wurden. Unabhängige Plattenlabel schossen aus dem Boden, weil es so viele talentierte Musiker gab. Damals war es sehr leicht und sehr preiswert, eine Platte aufzunehmen. Mit 500 US-$ konnte man 1956 eine Platte aufnehmen, pressen und bei den lokalen Radiosendern anpreisen. Innerhalb von zwei oder drei Wochen konnte man dann einen Hit haben. Das war sehr dynamisch, lebendig und ermutigend. Man konnte an einem Tag ein Talent entdecken, ihn oder sie innerhalb einer Woche ins Studio bringen und zwei Wochen später eine Platte veröffentlichen, die im Radio gespielt wurde. Das waren aufregende Zeiten in Detroit. Viele Jugendliche, die sonst wahrscheinlich in allen möglichen Ärger verwickelt worden wären, sangen und spielten auf der Straße. Ich war einer davon, ich spreche also aus Erfahrung.«
Vor der Gründung des Labels Motown Records, das aus The Miracles, The Supremes, Martha & The Vandellas und The Temptations Megastars machte, war Aretha Franklin eindeutig das größte lokale Musikgenie. Don David, der in Detroit aufwuchs und später das Studio United Sound kaufte (wo auch Aretha aufnahm), erinnert sich an die damalige Zeit, als Arethas Stern gerade aufging: »Als Kinder verbrachten wir viel Zeit in Reverend Franklins Kirche. Sonntagabends, nach seiner Predigt, hörten wir der kleinen Aretha zu, die die ganze Kirche zum Kochen brachte. Darauf freuten wir uns immer tierisch!«
»Wir waren Mitglieder der Kirche ihres Vaters«, erzählt Mary Wilson. »Von 1956 bis 1963 gingen wir jeden Sonntag hin. Aretha und Erma sangen ständig und sie waren fantastisch! Als ich Aretha zum ersten Mal hörte, war ich von ihrem Stil hellauf begeistert. Ich bewunderte einfach alles, was sie machte, weil ihre Art, Gospels zu singen, musikalische Grenzen sprengte. Manche Gospelmusik kann man nur innerhalb eines religiösen Kontextes würdigen. Gospel gehörte zwar zu meiner Religion, aber ich persönlich stand mehr auf Pop und R & B. Aretha schaffte es, einen Gospel wie einen Popsong zu interpretieren. In der Kirche gab sie einem das Gefühl, dass man gute Musik und nicht eine Bibelpredigt hörte. Das war das Tolle an ihrem Stil.«
Mary Wilson erinnert sich besonders an Arethas jüngere Schwester Carolyn, mit der sie zusammen die Algers School besuchte: »Carolyn Franklin war ein harter Brocken. Sie war zwar das Baby der Familie, aber sie war immer die Anführerin der Straßengangs. Sie
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