Aretha Franklin - Queen of Soul
Platte war, die Aretha Arista vertragsgemäß schuldete. Laut Vertrag musste Aretha ein Livealbum abliefern. Arista hätte sicher eine Pop-LP wie Aretha Live at Fillmore West präferiert, mit aktuellen Versionen von Hits wie »Respect«, »Think« und »(You Make Me Feel Like) A Natural Woman«. Erma Franklin bestätigte: »Sie schuldete ihnen nur ein Livealbum und sie hatten nicht festgelegt, was für eines. Ich bin sicher, sie hätten lieber noch ein Pop-Album gehabt, aber sie durfte machen, was sie wollte.« Aretha selbst sagte über das Album: »Es ist nicht Peggy Lee. Es ist ziemlich energisch und aggressiv und hat echte religiöse Inbrunst.« Das Wort »kommerziell« fiel nicht. Laut Clive Davis war die Plattenfirma aber nicht über die Verkaufszahlen besorgt. »Wir erwarteten nicht, dass das Album breite Käuferschichten ansprechen würde«, sagte er damals. »Es war als reines Gospelalbum angelegt. Wir wussten, dass es sich über einen Zeitraum von zehn Jahren oder so verkaufen würde und wir liegen jetzt in etwa bei 300 000 verkauften Exemplaren [Stand: Juli 1988]. Ich glaube, dass es sich weiterhin längerfristig gut verkaufen wird. Das ist o. k., wir haben es nicht an den normalen Standards gemessen. Wir wussten immer, dass wir an irgendeinem Punkt in unserer Zusammenarbeit ein Gospelalbum machen würden und dass ich ihr die volle Kontrolle darüber geben würde. Ich finde den Gesang wunderbar. Sie hat es zu einer Art dokumentarischen Aufnahme gemacht. Es ist ein sehr persönliches Album für Aretha, weil es in der Kirche ihres Vaters aufgenommen wurde. Ich glaube, dass es sich verkaufstechnisch über die Jahre hinweg als Mainstreamalbum erweisen wird.«
Trotzdem stellt sich die Frage, ob es Aretha mit dem kompromisslosen One Lord, One Faith, One Baptism vielleicht bewusst auf ein Ende der Zusammenarbeit mit Arista anlegte. Das Album erschien im November 1987 und schon im Januar 1988 ging durch die Presse, dass Vertreter mehrerer großer Plattenlabels nach Detroit geflogen waren, um Aretha von Arista abzuwerben, darunter Warner Brothers Records. Obwohl Arethas Verbindung mit Clive Davis und Arista kommerziell erfolgreich war, gibt es Stimmen, die behaupten, dass nicht immer alles glattlief zwischen den beiden. So sagte ein ehemaliger Angestellter von Arista damals: »Ich würde mich nicht wundern, wenn sie von Clive Davis’ Ego die Nase voll hätte. Genug ist genug. Und wahrscheinlich bietet Warner ihr viel Geld an. Sie droht schon seit Who’s Zoomin’ Who?, das Label zu verlassen. Sie hat ihr Gospelalbum von Clive bekommen und ich weiß nicht, was sie noch bekommen hat, aber sie hätte gern richtiges Geld. Ich denke, sie könnte viel mehr Geld verlangen, als die bereit sind, ihr zu geben. Ich glaube, Clives Haltung ist: ›Wenn ich keine Songs für dich finde und dich nicht mit Leuten wie Narada zusammenbringe, dann hast du eh keinen Erfolg. Also fordere ruhig eine halbe Million pro Album oder was auch immer, dann wirst du schon sehen, was du davon hast.‹ Ich weiß nicht, was sie wirklich verlangt. Andererseits geht Aretha ja nicht auf Tournee und verdient nur durch ihre Platten Geld; sie gibt praktisch keine Konzerte mehr.«
Obwohl das Gospelalbum keinen Goldstatus erreichte, war Aretha als Pop- und R & B-Star noch immer gut im Geschäft. In der ersten Hälfte des Jahres 1988 erhielt sie Grammys Nummer 13 und 14 sowie den Dove Award und wurde vom NAACP zur »Künstlerin des Jahres« gekürt. Sie befand sich also in einer guten Position, um neue Vertragsverhandlungen zu führen. Die Zeitschrift Billboard ließ einige Einzelheiten ihrer neuen Forderungen durchsickern. Demzufolge verlangte Aretha jetzt eine Million US-$ pro Album! Wenn dies tatsächlich der Fall war, hätte sie damit einen neuen Rekord für Vorschusszahlungen aufgestellt.
Während sie dabei war, sich zu entscheiden, welche Plattenfirma sie in die 1990er-Jahre würde begleiten dürfen, war Aretha noch mit weiteren Projekten beschäftigt. Im Frühjahr 1988 posierte sie für die Künstler des Londoner Wachsfigurenkabinetts Madame Tussaud’s, plante eine Osterparade in Detroit (die allerdings nie stattfand), filmte einen TV-Spot für eine öffentliche Kampagne gegen Trunkenheit am Steuer und nahm einen neuen Song mit den Four Tops auf. Doch vor allem beschäftigte sie der Gesundheitszustand ihrer Schwester Carolyn, die an Krebs erkrankt war und im Sterben lag.
Schon während der Aufnahmen zu One Lord, One Faith, One Baptism wusste
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