Aretha Franklin - Queen of Soul
unbedingt Dinah kennenlernen.«
»Ich lernte Dinah in den 50er-Jahren über Freunde kennen«, erzählt White. »Sie trat ständig in Detroit auf. Eine Zeit lang hatte ich geschäftlich mit Musikboxen zu tun und ein paar gemeinsame Geschäftspartner brachten uns zusammen. Wir verbrachten ziemlich viel Zeit miteinander. Sie war eine starke Persönlichkeit, sehr liebenswert und eine großartige Performerin. Und sie liebte es zu singen – ich meine, sie liebte es wirklich. Es brauchten nur zwei Typen an einer Bushaltestelle zu stehen, schon blieb sie stehen und sang. Es war ihr ganz egal, wer zuhörte – sie sang einfach gern. Mit ihr in einen Club zu gehen, machte immer Spaß. Da trat dann oft irgendein drittklassiger Act auf und plötzlich marschierte Dinah auf die Bühne, nahm dem jeweiligen Sänger ruhig das Mikro aus der Hand und brachte das Haus zum Kochen. Sie war toll!«
Aretha berichtet, dass ihr Vater gerne Partys gab. »Alle großen Jazz-, Soul- und Gospelmusiker der damaligen Zeit traten in unserem Wohnzimmer auf. Einmal war auch Dinah da. Ich durfte nicht runter kommen, weil ich noch zu jung war, also saß ich immer oben an der Treppe und versuchte, einen Blick zu erhaschen. So sah ich auch Dinah zum ersten Mal. Sie hatte ganz offensichtlich einen über den Durst getrunken und wurde von Ted White rausgetragen, dem Mann, den ich später heiratete.«
Billy Davis lernte Dinah und Aretha ungefähr zur gleichen Zeit kennen. »Aretha verehrte Dinah Washington«, erinnert er sich. »Ihr Vater kannte Dinah, weshalb sie oft bei den Franklins zu Besuch. Mit der Zeit wurden Dinah und Aretha sehr gute Freundinnen und ich glaube, Aretha ließ sich musikalisch stark von Dinah inspirieren.«
»Dinah war eine sehr starke Persönlichkeit«, fährt Davis fort. »Sie ließ sich nichts gefallen und war vollkommen unabhängig und extrovertiert. Manchmal war es nicht gerade einfach, mit ihr auszukommen. Sie war eben ein Star und benahm sich auch so. Aber von diesem ganzen Gehabe abgesehen, war sie ein guter Mensch.« Laut Davis »respektierte Dinah Arethas Talent und mochte sie.«
Clyde Otis lernte Aretha nach einer von Washingtons Auftritten in dieser Zeit kennen. Er hatte zuvor noch nie etwas von der jungen Sängerin gehört und erinnert sich, dass Aretha bei ihrer ersten Begegnung voller schwärmerischer Bewunderung für Washington war. »Ich hatte keinen bestimmten Eindruck von ihr, weil sie sich wie ein Groupie verhielt!«, erzählt Otis. »Ich wusste, ehrlich gesagt, nicht, wer sie war, und ich hörte sie auch nicht singen. Sie war an dem Abend nur da, um Dinah zu hören und anzuhimmeln.«
Einerseits ist es seltsam, sich Aretha Franklin als begeisterten Teenager vorzustellen, der in einem düsteren Gang hinter der Bühne wartet, um seine Lieblingssängerin zu begrüßen. Andererseits kann man leicht verstehen, dass die selbstbewusste und exzentrische Dinah Washington die junge Aretha faszinierte. Washington verkörperte genau das, was Aretha werden wollte – eine Sängerin, die ihr Publikum mit gefühlsbetontem Blues in den Bann zog und ihr Privatleben scheinbar völlig unter Kontrolle hatte.
In den letzten zwei Jahren der 1950er überlegte Aretha, was sie mit ihrem Leben machen wollte. Sie hatte ein Vorbild gefunden. So fing sie an zu planen, wie sie ihre Familie verlassen und auf eigenen Füßen stehen könne. Sie beschloss, nach New York zu ziehen und wie Dinah Washington eine erfolgreiche Bluessängerin zu werden.
»Der Wechsel von Gospel zu Blues hat Spaß gemacht«, erinnert sich Aretha. »Mein Vater ermutigte mich, das zu machen, was mir gefiel, und ich fing an, bei Cholly Atkins Choreografieunterricht zu nehmen. Es war alles sehr aufregend, neu und toll.« Es fiel Aretha scheinbar nicht allzu schwer, ihren Vater davon zu überzeugen, dass sie von Gospel zu weltlichem Gesang wechseln wollte. »Ich hatte auf den Tourneen mit ihm viel Erfahrung gesammelt und beschloss nun, dass Genre zu wechseln«, erzählt Aretha. »Er sagte dazu, wenn ich das wirklich machen wolle, dann solle ich es tun.« Einige der Gemeindemitglieder des Reverend beschwerten sich allerdings, dass Arethas Bestrebungen in Richtung Pop und Jazz blasphemisch seien. Reverend Franklin war jedoch der Meinung, dass Aretha ihr Gesangstalent mit der ganzen Welt teilen solle. Er würde es seiner Gemeinde schon erklären. Obwohl ihr Vater die Erweiterung ihres musikalischen Spektrums also unterstützte, behaupten einige Quellen, dass er nicht
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