Aretha Franklin - Queen of Soul
als Produzent zu tun hatten. Seiner Meinung nach waren die Verkaufs- und Marketingabteilungen von Columbia so angetan von Arethas Stimme, dass sie Columbias Tochterfirma Epic Records überredeten, auch Erma Franklin unter Vertrag zu nehmen. Arethas Schwester wurde damit zur Konkurrenz im eigenen Haus. Hammond bestreitet zwar jede Beteiligung an diesem Deal, vermutet jedoch, dass Aretha ihm die Schuld gab und einen anderen Produzenten verlangte.
»Ich finde, dass ich mit Aretha bei Columbia ein paar sehr gute Alben gemacht habe«, sagte Hammond. »Ich wollte sie bis zu einem gewissen Grad Jazzsängerin sein lassen, aber Columbia wollte einen großen Popstar aus ihr machen, was meiner Meinung nach ihre Integrität gefährdete.«
Bob Altshuler war in den 1960er-Jahren der Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei CBS Records und außerdem ein Freund von Hammond. »Ich weiß nicht, wie es zum Bruch kam«, sagt er. »Ob es Aretha war, die vorschlug: ›Lasst uns mal was anderes versuchen‹ oder ob es das Label war. John Hammonds große Stärke bestand immer darin, große Talente sehr früh zu erkennen – lange vor den meisten anderen. Das war bei Dylan so, bei Springsteen und ganz bestimmt auch bei Aretha. Es galt für all seinen Jazzentdeckungen, ob Billie Holiday, The Count Basie Orchestra oder The Benny Goodman Orchestra. Er hatte immer die Fähigkeit, die Zukunft dieser herausragenden Talente schon im Embryonenstadium ihrer Karriere zu erkennen.« Altshuler fügt hinzu: »Wenn er als Plattenproduzent dieselbe Genialität gehabt hätte, wäre die Aretha-Franklin-Story anstelle einer Atlantic-Story wohl eine reine Columbia-Story geworden.«
Neben der beruflichen Trennung von John Hammond gab es 1961 zwei weitere wichtige Veränderungen in Arethas Leben. Zum einen brach sie auch die Beziehung zu ihrer Managerin Jo King ab. Zum anderen verliebte sie sich in einen Mann, den sie in Detroit kennengelernt hatte und den sie noch im selben Jahr heiratete. Sein Name war Ted White und er wurde nicht nur ihr Ehemann, sondern auch ihr neuer Manager. Leute, die in dieser Zeit mit Aretha arbeiteten, berichten, dass White keine Erfahrung als Manager hatte. Einen Großteil des Jahrzehnts sollte Aretha gefangen in einem Tauziehen zwischen Columbia Records und ihrem Mann verbringen. Bis zum heutigen Tag lehnt Aretha es ab, über ihre Beziehung zu Ted White zu sprechen. Sie redet auch nicht mit ihm. Seit ihrer Scheidung im Jahr 1969 haben sie nur zweimal miteinander kommuniziert.
1961 fuhr Aretha häufig zwischen New York und Detroit hin und her. Bei einem der Besuche in Detroit wurde sie Ted White vorgestellt und verliebte sich auf der Stelle in ihn. »Della Reese stellte sie mir in einem Detroiter Club, dem 20 Grand, vor«, erinnert sich White. Sechs Monate später waren sie verheiratet. Gesehen hatte White Aretha schon 1959, als er das Haus ihres Vaters mit Dinah Washington besuchte. Aber erst 1961 funkte es zwischen den beiden.
Berichten zufolge war Reverend Franklin alles andere als erfreut über Arethas plötzliche Heirat. Er und White sollten zu erbitterten Gegnern werden und Aretha war zwischen dem verehrten Vater und dem geliebten Mann hin- und hergerissen. Sobald das Ja-Wort gesprochen war, nahm White die Zügel von Arethas Karriere in die Hand. White gibt offen zu, dass er es war, der John Hammond herausdrängte. »Ich kam und wirbelte Staub auf, weil ich nicht wollte, dass John Hammond noch eines von diesen Alben im Al-Jolson-Stil produzierte. Er war mir gegenüber also nicht sehr freundlich gestimmt.«
In dieser Phase ihrer Karriere war Aretha zweifellos der neue Liebling der Jazzgemeinde. Wie Billie Holiday und Dinah Washington zuvor, war sie im Juli 1962 auch der Headliner des Newport Jazz Festival. Zum Staraufgebot des Festivals gehörten in jenem Sommer Carmen McRae, Duke Ellington, The Charles Mingus Sextet, The Max Roach Quartet, The Clara Ward Gospel Singers, The Oscar Peterson Trio, The Thelonious Monk Quartet und das Trio Lambert, Hendricks und Bavan. Das dreitägige Festival fand vom 6. bis 8. Juli 1962 statt. Aretha trat am Abend des dritten Tages auf, begleitet von ihrer Rhythmusgruppe. Wie hoch ihr Ansehen in Jazzkreisen damals war, lässt sich daran ablesen, dass sie nach Duke Ellington und vor Thelonious Monk auftrat. Auf dem Festival fanden auch Podiumsdiskussionen über Jazz statt. Am Nachmittag des 7. Juli ging es um »Die Ökonomie der Jazzgemeinde«, die Diskussionsteilnehmer waren
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